Klimakatastrophe und Bundestagswahl in Deutschland Grüne Worte, schmutzige Realität

IPPC-Bericht über die Klimakrise

Anfang August erschien der 1. Teil des 6. Sachstandsberichts des Weltklimarates IPPC, um die katastrophale Situation des Klimas zu beschreiben. Es wurden alle vorherigen Sachberichte bestätigt und konkretisiert. Bereits jetzt beträgt die Klimaerwärmung über 1 Grad, wenn wir an die Ziele der Weltklimakonferenz in Paris denken, sind die 1,5 Grad nicht mehr fern, unkontrollierbare Kipppunkte bedrohlich nahe und dass die rasant an­steigende Klimaerwärmung seit den 1970er Jahren menschengemacht ist, ist wieder einmal schwarz auf weiß be­wiesen. Wetterkatastrophen und Extremwetterlagen werden sich bei dieser Situation weiter häufen, die Prog­nosen sehen düster aus.

Der aktuelle IPPC – Bericht zeigt außer­dem konkret, wie viel absolutes CO2 – Budget weltweit vorhanden ist, dh wie viel CO2 Gesamtmenge auf der ganzen Welt noch ausgestoßen werden darf, um die Erderwärmung nicht weiter voran zu treiben. Um mit 83%iger Wahrschein­lichkeit unter 1,5 Grad zu bleiben, dürften weltweit nur noch 300 Giga­tonnen CO2 ausgestoßen werden, bei einem momentanen Jahresausstoß von 35 Gigatonnen, der auch in den letzten Jahren nicht reduziert wurde, wird schnell klar, dass der Spielraum extrem klein ist.

Bundestagswahl und leere Verspre­chungen

Der IPPC-Bericht zeigt klar und deutlich, dass ein schnelles und radikales Han­deln notwendig wäre, um die Klima­erwärmung zumindest soweit aufzu­halten, dass der Planet für den Großteil der Menschen bewohnbar bleibt. Wenn wir uns jedoch die Wahlversprechen der etablierten Parteien zur deutschen Bundestagswahl am 26. 9. 2021 anschauen, sehen wir, dass die Pläne der Regierenden und Herrschenden weit davon entfernt sind, grundlegend etwas ändern zu wollen. Alle größeren Parteien – bis auf die AfD – ernennen sich selbst zu ökologischen Parteien, alle sind „grün“, alle sind „nachhaltig“, alle ver­sprechen „das Klima zu retten“, doch die Forderungen und Versprechen zeigen, dass diese Politik wenig mit einer Lösung der Klimakrise zu tun hat.

Die CDU möchte die Treibhausgas­neutralität Deutschlands bis 2045 durch neue Technologien und Innovationen er­reichen, dabei wird auf das bereits in der Vergangenheit nicht funktionierende Instrument des Emissionshandels ge­setzt, die dadurch entstehenden Mehr­belastungen sollen durch gezielte Ent­lastungen im Bereich Wohnen und Mobilität kompensiert werden. Klimaneutralität wird als Wettbewerbs­vorteil verkauft. Es ist klar, die Wirt­schaft steht im Vordergrund.

Die Grünen können sich diesem Kurs gut anschließen. Sie setzen ebenso nach wie vor auf den Emissionshandel sowie auf rechtliche Ansätze durch eine Novelle des Energiesteuergesetzes. Die bis jetzt schon weitgehend konsequenzlose CO2-Bepreisung soll weiter ausgebaut werden1, Anreize für Unternehmen, klimafreundliche Prozesse einzuführen gegeben und Tech­nologien weiterentwickelt werden. Auch die Grünen haben verstanden, dass green technology, oder ehrlicher gesagt green washing,ein großes Investitionsfeld für das Kapital eröffnet. Sie wollen lediglich den politischen Rahmen dafür stellen und den Unternehmen und Konzernen Planungs- und Investitionssicherheit liefern. Eine Koalition zwischen Schwarz und Grün erscheint unter diesen An­sagen weniger wie eine schwierige Kompromisspartnerschaft sondern mehr wie eine richtige Romanze.

Die SPD weicht in ihren Klima­forderungen ebenfalls nicht grundlegend von dieser Ausrichtung ab. Ihr Motto lautet Ausbau der erneuerbaren Ener­gien und dabei bitte Arbeitsplätze sichern. Die Linke geht schon einige Schritte weiter, sieht eine Grundursache der Klimakrise im Kapitalismus, traut sich jedoch auch nicht, die Funktions­mechanismen der kapitalistischen Produktionsweise anzugreifen. Es soll ein staatlicher Industriefonds mit über 20 Milliarden Euro im Jahr gegründet werden, der die ökologische Trans­formation regeln soll. Insbesondere der Umbau der Automobilindustrie soll damit unterstützt werden. Von diesem Fonds sollen aber nur jene Betriebe profitieren, die Arbeitsplätze sichern und gute Löhne und flächendeckende Tarif­verträge garantieren.

Perspektiven oder Sackgassen?

Wir können durch die Versprechen der etablierten Parteien sehen, dass ihre Lösungen der Klimakrise voll und ganz von der kapitalistischen marktwirt­schaftlichen Logik durchdrungen sind. Profit, Wettbewerb und Konkurrenz müssen um jeden Preis aufrecht er­halten und das Investitionsfeld der „grünen Marktwirtschaft“ weiter er­öffnet werden. Wirkliche Einschrän­kungen von Unternehmen und Konzernen, Untersagungen und strikte Bestimmungen wird es nicht geben, stattdessen möchte man Anreize für grüne Investitionen schaffen.

Es werden beispielsweise die „carbon contracts for difference“ (CCfD) weiter ins Spiel gebracht, die schon von der jetzigen Bundesregierung und dem in CDU-Händen liegenden Bundes­wirtschaftsministerium gefördert werden. Dabei handelt es sich um Instrumente aus der Finanzwirtschaft, die eine Produktpreisabsicherung für Unternehmen gewährleisten sollen. Schwankungen im Emissionshandel sollen durch die CCfD ausgeglichen werden, indem höhere Produktpreise von Unternehmen, die in den Klima­schutz investieren und mehr CO2 ein­sparen, durch den Staat und somit in Wahrheit durch den Steuerzahler über­nommen werden. Den Unternehmen werden so Milliarden in den Rachen ge­worfen, ohne wirklich viel fürs Klima zu ändern. Klimafreundlichen Unter­nehmen wird lediglich der Wettbewerbs­nachteil gegenüber klimaschädlichen Unternehmen ausgeglichen, klima­schädliche Produktion jedoch weiterhin toleriert.

Natürlich wird auch das dann durch die richtigen Anreize wie immer vom Markt selbst geregelt und plötzlich durch un­sichtbare Zauberhand sind alle Unter­nehmen lieb und klimafreundlich, so wie wir es auch schon durch die CO2-Bepreisung sehen durften … oder auch eben nicht.

Weitere „innovative Ansätze“ sind, Erd­gas als „Brückentechnologie“ zu ver­kaufen, da es als fossiler Energieträger ein bisschen weniger schmutzig ist als z. B. Braunkohle, oder nach wie vor mit Freude in die E-Mobilität zu investieren, obwohl bereits bekannt ist, dass auch dieser Zugang weit entfernt von Klima­freundlichkeit ist.

Schlussendlich bleibt der grundsätzliche Widerspruch bestehen, dass die ökologische Krise im Kapitalismus nicht zu lösen sein wird, dass die Produktion radikal unter dem Gesichtspunkt der Begrenztheit der natürlichen Ressourcen auf diesem Planten zum Wohle aller um­gestellt werden muss. Das vorhandene CO2 -Budget muss demokratisch und im Sinne der Gesellschaft und nicht im Sinne des Profits verteilt werden, tech­nologische Innovation alleine wird uns nicht retten.

Für einen Einblick in eine schwarz-grün Regierung: siehe Artikel zu Österreich, S. 6

Aktiv werden? Am 24.9.2021 Fridays For Future – Globaler Klimastreik

Referenzen

1 Für eine ausführlichere Diskussion der CO2-Bepreisung siehe unseren Artikel: https://www.sozialismus.click/co2-steuer-die-illusion-eines-gruenen-kapitalismus/