„Sommerpaket“: Beschäftigte wehren sich!

Am 17. März streikten und protestierten Beschäftigte im Sozialbereich gegen die Schließung ihrer Einrichtung sowie für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und von Notschlafplätzen für Wohnungslose. Der Protest der Kolleg*innen zeigt, wie Selbstorganisation und eine kämpferische Antwort auf Kürzungen und Angriffe von oben aussehen können.

Zum Hintergrund: In Wien stehen von Oktober bis April im Rahmen des „Winterpakets“ wohnungslosen Menschen zusätzliche Plätze in Form von Notquartieren und Wärmestuben zur Verfügung. Letztes Jahr wurde aufgrund der Pandemie das Winterpaket bis August verlängert. Auch heuer wird das Winterpaket verlängert – allerdings nicht das Notquartier in der Gudrunstraße, in dem Bezirk das einzige Notquartier für Männer. Ein Ersatzquartier gibt es nicht. Gegen diese Schließung des Notquartiers Gudrunstraße richtet sich der Protest.

Ausreden der Verantwortlichen

Der zuständige Fond Soziales Wien (FSW), der im Auftrag der Stadt Wien zahlreiche Sozialleistungen organisiert und abwickelt, argumentiert die Schließung mit zu geringer Auslastung und zu wenig Platz um die Sicherheitsabstände und weitere Hygienemaßnahmen einzuhalten (siehe https://sommerpaket.noblogs.org/post/2021/03/13/warum-muss-die-gudi-schliesen/#more-552). Als jedoch im Jänner 2021 binnen zwei Wochen 25 Bewohner und 4 Mitarbeiter*innen positiv auf Corona getestet wurden, kam als Antwort vom Leiter des FSW lediglich, dass im Winterpaket die Zwei-Meter-Abstandsregel nicht zählt (näheres siehe unter https://sommerpaket.noblogs.org/post/2021/01/29/eilmeldung-erneut-cluster-im-winterpaket-auch-basismitarbeiterinnen-betroffen/).

Einen Tag vor der Kundgebung verkündete der Wiener SPÖ-Stadtrat Peter Hacker auf seiner facebook-Seite die Verlängerung des Winterpakets, denn: „Wir lassen obdachlose Menschen nicht allein. Mit der Verlängerung gewährleisten wir, dass den Betroffenen auch weitere sichere Aufenthaltsräume und Schlafplätze offen stehen.“ Als er mit der Schließung des Notquartiers Gudrunstraße konfrontiert wird, argumentiert er diese interessanterweise mit Adaptier- und Sanierungsarbeiten. Die Wohnungslosigkeit solle mit einem Sommerpaket zudem nicht gefestigt werden. Die Mitarbeiter*innen haben einen befristeten Vertrag unterschrieben und „auf diese Form“ werden die Beschäftigten nicht verlängert. (siehe https://m.facebook.com/story.php?story_fbid=5648976488476092&id=2213503382023437)

Kämpferische Kolleg*innen

Für die Kolleg*innen ist der wahre Grund für die Schließung „vielmehr in unserer Aufsässigkeit zu suchen. Wir waren und sind nicht mehr bereit, die katastrophalen Arbeitsbedingungen, die desaströsen Zustände für die obdachlosen Nächtiger sang- und klanglos hinzunehmen!“ Am Anfang der Pandemie gab es noch offiziellen Applaus für die „Held*innen“ im Gesundheits- und Sozialbereich. Jetzt wird als „Dank für unseren Einsatz während der Pandemie“ das Notquartier Gudrunstraße einfach und ersatzlos zugedreht.

Auf Verhandlungen mit dem Betriebsrat oder der Belegschaft lässt sich der FSW ebenfalls nicht ein. Jetzt sollen 70 Männer einen Schlafplatz und 31 Mitarbeiter*innen ihren Arbeitsplatz verlieren. Die Belegschaft im Notquartier Gudrunstraße hat in der Vergangenheit den FSW öfters zum Handeln aufgerufen. Jetzt kündigten die Basismitarbeiter*innen neue Wege des Protestes an.

Am 17. März gab es nun eine Kundgebung und einen Warnstreik, organisiert von einer Basisinitiative von Arbeitenden in der Winternot- und Wohnungslosenhilfe „Initiative Sommerpaket“ gemeinsam mit der Basisinitiative „Wir sind sozial aber nicht blöd“.

Für den Warnstreik hat eine große Mehrheit der Belegschaft bei der Betriebsversammlung gestimmt.

Über 100 Teilnehmer*innen solidarisierten sich bei der Kundgebung mit den streikenden Mitarbeiter*innen und den Bewohnern.