Im Oktober erreichten uns die Bilder von Hunderttausenden Menschen auf den Straßen Polens. Der Auslöser: ein Angriff der erzkonservativen und katholischen PIS-Partei auf Abtreibungsrechte und somit vor allem auf Frauen*. Abtreibungen wurden durch eine Entscheidung des polnischen Verfassungsgerichts de facto verboten.
Die Wut der Pol*innen auf die Politik der PIS Partei und dem von ihr kontrollierten Verfassungsgericht ist groß. Laut einer Umfrage sind 73% gegen die Entscheidung und nur 13% befürworten sie. Am 28. Oktober riefen verschiedene Verbände unter Führung der Organisation „Allpolnischer Frauenstreik“ zu einem Generalstreik auf. Am 30. gingen in ganz Polen mehrere Hunderttausend auf die Straße, auch in kleinen Städten und Dörfern, die traditionell konservativ sind. Träger*Innen des Protestes sind vor allem junge Menschen, insbesondere junge Frauen*.
Die Protestierenden haben sich weder von der Regierung noch von katholischen Fundamentalist*innen oder rechtsextremen Milizen einschüchtern lassen. Immerhin geht es hier ums Überleben von Frauen*, denn egal wie die Gesetze sein werden, Abtreibungen wird es immer geben. Schon jetzt gibt es jedes Jahr in Polen ca. 100.000 illegale Abtreibungen, jene, die es sich leisten können, gehen ins Ausland.
Bei dem Kampf um das Recht auf Abtreibung geht es um die Selbstbestimmung einer gebärfähigen Person über ihren Körper und ihr Leben ohne Stigmatisierung, Traumatisierung und dauerhaften Schäden. Illegale Abtreibungen ziehen nicht nur die Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung nach sich, sondern können mit gesundheitlichen Folgen verbunden sein, da sie oft unter erschwerten Bedingungen statt-finden müssen ohne ausreichende medizinische Versorgung. Dabei entscheidet einmal mehr in diesem System die Geldbörse darüber, ob und wie du überlebst.
Der Kampf um das Recht auf Abtreibung hat eine lange Geschichte in feministischen und revolutionären Bewegungen. Das erste Land, in dem Abtreibungen legalisiert wurde, war die frühe Sowjetunion 1920. Der Widerstand gegen Abtreibungsverbote ist auch ein Widerstand gegen den Kapitalismus an sich. Die Ware Arbeitskraft muss reproduziert werden, die Reproduktionsarbeit dabei unentgeltlich erfolgen, damit das Kapital genügend Profit erwirtschaften kann. Durch das Ab-sprechen der Selbstbestimmung über ihren Körper werden Frauen* in die unbezahlt reproduzierende Position und somit in Abhängigkeit gedrängt, ihre diskriminierte Stellung in der Gesellschaft verfestigt und damit die Spaltung der Arbeiter*innenklasse vorangetrieben.
Die Aktivist*Innen in Polen haben jedoch gezeigt, dass sich Mobilisierung lohnt, die polnische Regierung hat angekündigt, dass sie die Umsetzung des Gesetzes über das Abtreibungsverbot einfriert.