COVID-19 in Madrid: Klassenkampf hört nicht beim Virus auf.

Wie überall in Europa kehrt mit Beginn des Herbstes die Pandemie mit voller Wucht zurück. In dem Maße, in dem zum Schutz der Wirtschaft überall Schulen und Betriebe – wenn sie je geschlossen waren – geöffnet werden, steigen die Infektionszahlen. Dabei sind es nicht nur verantwortungslose Reiserückkehrer*innen, feiernde Jugendliche und große Hochzeiten, wie sie in der bürgerlichen Presse vor allem verantwortlich gemacht werden, sondern eben auch die Verbreitung in Fleischfabriken, in Altenheimen, in unzureichend vorbereiteten Schulen und vor allem in den Betrieben, die für die neue Welle von Ansteckungen verantwortlich sind. Und: Corona trifft vor allem ärmere Menschen, die in prekären Jobs mit hohem Druck und niedrigen Sicherheitsstandards arbeiten müssen und in den überfüllten Hochhaussiedlungen der Vorstädte leben.

In Spaniens Hauptstadt Madrid ist dieser Klassencharakter von COVID-19, aber auch die Menschenverachtung der kapitalistischen Politiker*innen geradezu lehrbuchartig zu beobachten: Während in der Hauptstadtregion mit ca. 6,7 Mio. Einwohner*innen die Corona-Zahlen bereits seit Ende August wieder deutlich anstiegen, sollten ab Ende September allein die ca. 850.000 Einwohner*innen der Arbeiter*innenviertel im Süden für zwei Wochen ihre Wohnungen möglichst nicht verlassen… außer um weiter zur Arbeit zu fahren, zur Schule oder zum Arzt zu gehen. Wie wenig so ein Lockdown nur der Armenviertel bringt, hat sich inzwischen schon gezeigt, wo nun im ganzen

Großraum Madrid wieder der Notstand verhängt wurde. Eine pensionierte Krankenschwester aus einem der betroffenen Viertel brachte es auf den Punkt: „… diese Maßnahmen sind diskriminierend. Wir leben im Süden, aber viele arbeiten im Norden der Stadt (…) in der Gastronomie, als Putzkräfte oder in der Industrie. Das Virus wird nicht zu Hause bleiben.“

Mit dem Versuch, ein Corona-Ghetto für die Armen einzurichten, hat die Regionalregierung mehr als deutlich gezeigt, wie die Herrschenden die Arbeiter*innenklasse sehen: als bloße Arbeitskraft, die eingesperrt werden kann, außer um ausgebeutet zu werden. Dagegen erfolgten schnell Proteste der Betroffenen. Mit Slogans wie „Die Arbeiterviertel bezahlen nicht für die Konsequenzen Ihres miserablen Krisenmanagements“ und „Mehr Krankenhäuser, weniger Militär“ haben sie zum Ausdruck gebracht, dass es ihnen nicht gegen Maßnahmen zum Gesundheitsschutz geht, sondern ganz im Gegenteil um soziale Gerechtigkeit in Corona-Zeiten!