Fürs Klima streiken: Was jedes Kind weiß, aber die herrschende Politik nicht

Zehntausende SchülerInnen streiken momentan weltweit jeden Freitag für das Klima. Sie geben sich nicht mit den bescheidenen Maßnahmen der Politik zufrieden. Sie fordern etwa den Ausstieg aus der Kohlekraft sowie das Verhindern der weiteren Erderwärmung und des Anstiegs des Meeresspiegels. Es geht um die Zukunft, den Planeten, einen Systemwechsel.

Angestoßen wurden die Proteste durch Greta Thunberg, einer 16jährigen Schülerin aus Schweden, die seit Monaten jeden Freitag vor dem Parlament streikt. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos sagte sie, dass sie nur Schwarz und Weiß sieht: Entweder wir retten den Planeten und die Zivilisation, oder beides geht unter. Die Lösung ist für sie ganz einfach: Die Emissionen müssen gestoppt werden. Die 16jährige ist zugleich ein Symbol für die gesamte Bewegung der SchülerInnen: Sie ist jung, aber lässt sich nicht bevormunden. Sie sagt, dass jedes Kind die Problemlage verstehen kann, die Politik aber ein Theater inszeniert, das nicht einmal Ansätze bietet, um der Bedrohung des Klimawandels gerecht zu werden. Statt sich von der etablierten Politik gängeln zu lassen, machen die SchülerInnen selbst die Politik.

Internationalismus

Die Hauptursache des Klimawandels ist der Kapitalismus. Im 19. Jahrhundert wurde die Kohle zum Hauptenergieträger für die industrielle Produktion. Mit dem Kapitalismus breitete sich international ein Wirtschaftssystem aus, das ständiges Wachstum benötigt. Damit setzte der menschengemachte Klimawandel ein. Im Kapitalismus werden Produkte nicht nach gesellschaftlichen Bedürfnissen hergestellt, sondern um davon möglichst viele Produkte abzusetzen; Obwohl wir wissen, dass das schädlich für die Umwelt ist. So werden wir ständig mit Autos, Smartphones und anderen unökologischen Produkten in allen möglichen Variationen überflutet.

Dazu kommt das Problem der ungleichen Verteilung derjenigen, die vom Klimawandel profitieren, und derjenigen, die am schwersten darunter leiden müssen. Die meisten Treibhausgas-Emissionen stammen von den kapitalistischen Großmächten. Ganz vorne sind die USA, die EU und China. Am meisten gefährdet sind weite Teile Afrikas, Südostasien und Indien, aber auch Länder im Nahen und Mittleren Osten. Dabei handelt es sich nicht zufällig um Länder, in denen breite Teile der Bevölkerung in Armut leben und die medizinische oder nahrungsmitteltechnische Versorgung nicht gewährleistet werden kann, oder gar Krieg herrscht.

Die SchülerInnenstreiks finden vor allem in den kapitalistischen Zentren statt: Momentan in Europa und Australien. Bei den Streiks ist es selbstverständlich, dass SchülerInnen über Grenzen hinweg mit ähnlichen Forderungen auftreten und dadurch ihre Wirksamkeit entfalten. Das ist notwendig, denn die Automobilkonzerne und Luftfahrtgesellschaften agieren genauso wenig auf nationalem Boden. Um der ökologischen Krise und dem Kapitalismus sinnvoll etwas entgegenzusetzen reicht es nicht, sich auf einzelne Nationalstaaten zu beschränken. Das Problem ist ein globales und auch die Lösung muss eine globale sein.

Die Macht der Streiks

Dass instinktiv die Schulstreiks als Form gewählt wurden um gegen den Klimawandel zu kämpfen, ist sehr wichtig. Greta Thunberg sagt, dass sie eigentlich gerne in die Schule geht um zu lernen. Allerdings muss sie darauf verzichten, denn wenn die Menschheit keine Zukunft hat, braucht sie das Gelernte nicht. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir bei Streiks eine ganz andere Bildung bekommen, als in der Schule: Wie drücken wir unsere Interessen aus? Wie können wir andere Menschen für uns gewinnen und begeistern? Wie organisieren wir uns um diese Ideen? Das sind alles wichtige Fähigkeiten, die wir für die Überwindung des Kapitalismus und den Aufbau einer ökologischen, nachkapitalistischen Gesellschaft brauchen.

Darüber hinaus haben die Proteste von SchülerInnen wesentlich mehr Schlagkraft, wenn sie nicht in der Freizeit stattfinden. Wenn der Schulbetrieb gestört wird, wird auch der Kapitalismus gestört. Für ihn ist es lästig, wenn sich SchülerInnen nicht fügen und in unterschiedliche Kategorien von „begabt“ bis „unbegabt“ einteilen lassen, um sich auf ein Arbeitsleben vorzubereiten, in dem sie unter besserer oder schlechterer Bezahlung ausgebeutet werden. Zwar können SchülerInnen nicht so viel Druck ausüben wie die Arbeitenden, die direkt die Profite der herrschenden Klasse erwirtschaften. Aber es ist trotzdem ein wichtiger Störfaktor des kapitalistischen Normalbetriebs.

Oft sind Jugendproteste auch Auslöser breiterer gesellschaftlicher Bewegungen. Die Studierendenproteste in Paris haben 1968 eine breite Streikbewegung ausgelöst. Auch bei den Protesten gegen das französische Arbeitszeitgesetz ist die Jugend den ArbeiterInnen vorangegangen. Die Schulstreiks sind auch ein Mittel um die Eltern, die meistens ArbeiterInnen sind, mitzureißen.

Klimapolitik in Österreich

In der österreichischen Politik ist Ökologie kein Randthema. Es ist allerdings schon lange her, dass sich in dem Bereich wirklich etwas bewegt hat. 1978 konnte die Inbetriebnahme des Atomkraftwerks Zwentendorf verhindert werden. 1984 wurde die Rodung der Hainburger Au verhindert. Dafür waren breite Bewegungen notwendig – große Demonstrationen und die Besetzung der Au. Die Proteste richteten sich gegen die Regierung, die sich für die Projekte einsetzte. Das war 1978 die SPÖ, 1984 SPÖ und FPÖ. Schließlich mündeten die Proteste in der Gründung der Grünen.

Obwohl die Frage nach der Umwelt zentral ist, waren es bei den letzten Nationalratswahlen ausgerechnet die Grünen, die den Einzug in den Nationalrat nicht schafften. Das liegt zum einen daran, dass die Grünen schon sehr früh nach ihrer Gründung nicht mehr auf eine aktive Basis von Menschen, die sich selbst organisieren, setzten. Stattdessen versuchte man, über Landtage – wie vor allem in Wien – kleine Verbesserungen wie den Ausbau des Fahrradverkehrs umzusetzen. Diese Maßnahmen ändern allerdings nichts an den Rekordzahlen der Automobilindustrie. Außerdem gibt es gleichzeitig genauso viele klimaschädliche lokale Maßnahmen wie den geplanten Bau des Lobau-Tunnels oder den Bau der dritten Piste in Wien-Schwechat, die Automobil- und Flugverkehr sogar erhöhen werden.

Viel wichtiger ist es also, die Systemfrage in den Mittelpunkt zu stellen. Wir dürfen nicht darauf warten, vertreten zu werden, sondern müssen einen möglichst breiten Protest aufstellen der die Reichen und Mächtigen zum Zittern bringt.

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