Streiks im SWÖ-KV: Solidarität, Streikkomitee, Urabstimmung

Entgegen der Behauptung, dass der Sozial- und Gesundheitsbereich nicht streiken oder kämpfen würde oder könnte, gibt es auch in diesem Jahr wieder Streiks. Bei den Beschäftigten in der Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) kommt es bei den laufenden Kollektivvertragsverhandlungen erneut zum Arbeitskampf. Der KV umfasst 100.000 Beschäftige in Bereichen wie Pflege, Betreuung, Kindergärten und verschiedensten sozialen Einrichtungen.

Mehr Lohn, mehr Personal, mehr Freizeit

Zu den Forderungen der Gewerkschaft zählen eine Lohnerhöhung um 6% und Arbeitszeitverkürzung auf 35 Stunden/Woche, bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Diese Forderungen sind im Vergleich zu anderen Branchen weitgehender, aber notwendig. In der SWÖ sind die Löhne tendenziell niedriger und die Teilzeitquote sehr hoch. Es ist ein Bereich in dem überwiegend Frauen arbeiten und in dem die Belastung sehr hoch ist.

Schon in den letzten Jahren war das Thema Arbeitszeitverkürzung Teil der Verhandlungen. Das hängt auch damit zusammen, dass es kämpferische BetriebsrätInnen und AktivistInnen im Bereich gibt, die diese Forderungen und den Streik als Mittel des Kampfes vorantreiben.

Streiks und Gewerkschaften

Im letzten Jahr gab es bereits Streiks in dutzenden Einrichtungen. Bei der Frage, in welchen Einrichtungen gestreikt wird, haben allerdings die Gewerkschaftsführungen von VIDA und GPA von oben angeordnet und eingeschränkt. So wurden oft von dutzenden Standorten nur einzelne für die Streiks ausgewählt, anderen streikbereiten KollegInnen wurde der Streik verboten.

(Natürlich können Gewerkschaften Streiks gar nicht verbieten. Sie könnten sich allerdings weigern Gelder aus dem Streikfond auszuzahlen. Tatsächlich sollte das aber gar nicht notwendig sein, weil kein Abschluss gemacht werden sollte, ohne dass die Arbeitgeber zusichern für die Streikzeit die Löhne weiter zu bezahlen.)

Dort wo gestreikt wurde, haben die Streiks gut funktioniert. Die Beschäftigten haben wichtige Erfahrungen sammeln können und gesehen, dass Streiken möglich ist und auch Spaß machen kann. In manchen Einrichtungen wurden die Streiks durch Streikkomitees organisiert, von einfachen MitarbeiterInnen, teilweise mit und teilweise ohne BetriebsrätInnen. Diese demokratischen Streikkomitees gilt es auszuweiten und in allen Betrieben aufzubauen.

Wer entscheidet?

Im letzten Jahr wurden die gut funktionierenden Streiks durch einen Abschluss beendet, die zentrale Forderung der Arbeitszeitverkürzung wurde nicht erreicht. Der Beschluss wurde vom Verhandlungsteam, das aus den Betriebsratsvorsitzenden der größeren Einrichtungen besteht, getroffen. Manche dieser BetriebsrätInnen stehen auch den eigenen Geschäftsführern nahe, näher als den Beschäftigten, und wollen keine größeren Streiks.

Es gibt auch die Gefahr, dass die wegweisende Forderung nach Arbeitszeitverkürzung nur als Faustpfand verwendet wird. Es soll möglichst viele Beschäftigte mobilisieren und auch die linken und kämpferischen BetriebsrätInnen und AktivistInnen zur Unterstützung der Gewerkschaftsstrategie bringen. Am Ende wird diese Forderung aber ohnehin für eine weniger wichtige Forderung oder eine etwas höhere Lohnerhöhung aufgegeben. Deshalb braucht es eine Urabstimmung: Die Beschäftigten sollten in Betriebsversammlungen entscheiden, ob sie das Angebot annehmen oder nicht.

Organisierung

Wichtig für das Erkämpfen der Forderung ist, dass kämpferische KollegInnen sich organisieren. Und zwar nicht erst wenn die Verhandlungen laufen, sondern bereits vorher, um sich und möglichst viele KollegInnen auf Kämpfe vorbereiten zu können. 

Es ist die Aufgabe von linken AktivistInnen, die in diesen Bereichen beschäftigt sind, diese Organisierung voranzutreiben. In den Verhandlungen sind Formen der Basisdemokratie, von der Betriebsversammlung, über das Streikkomitee zur Urabstimmung, zu entwickeln.

Solidarität

Die KollegInnen im Gesundheits- und Sozialbereich sind in keiner sonderlich starken Position. Sie können oft keinen hohen ökonomischen Druck erzeugen, wenn sie in gemeinnützigen Vereinen arbeiten und vollkommen von öffentlichen Förderungen abhängig sind. (Tendenziell nimmt aber auch in diesem Bereich die Profitorientierung zu. Ein wichtiges Ziel der Regierung ist es, soziale und gesundheitliche Versorgung für Konzerne zu öffnen.) Sie bewegen sich auch ständig im Spannungsfeld, dass PatientInnen oder KlientInnen von den Kampfmaßnahmen betroffen sein können, weshalb auch Notdienste aufrechterhalten werden müssen.

Deshalb ist es wichtig einerseits die PatientInnen und KlientInnen auch für sich zu gewinnen. Dafür muss klar gestellt werden, dass eine gute Versorgung nur mit mehr Personal, guten Arbeitsbedingungen und einem attraktiven Lohn gesichert werden können. 

Andererseits brauchen die Beschäftigten auch die Solidarität von Beschäftigten aus anderen Bereichen. Das können Solidaritätsbekundungen, Delegationen zu öffentlichen Aktivitäten oder sogar Solidaritätsstreiks sein, wobei diese in Österreich leider kaum Tradition haben. Ein wichtiges Mittel zur Unterstützung der Forderung nach der 35-Stunden-Woche ist allerdings die Übernahme der Forderung in den eigenen Bereich. Sie muss generalisiert werden und von möglichst vielen Beschäftigten für alle Bereiche getragen werden.

Betrieblich verankern

Dafür ist es nötig, diese Ideen in möglichst vielen Betrieben zu verankern. Wir von der RSO versuchen das mit unseren beschränkten Mitteln in ausgewählten Bereichen. In Wien zum Beispiel beim Krankenanstaltenverbund mit dem Betriebsflugblatt Klartext.

Wenn du unsere Sichtweise teilst, tritt mit uns in Kontakt. Gemeinsam können wir in deinem Bereich eine Verankerung aufbauen oder KollegInnen in anderen Bereichen unterstützen.

Melde dich bei uns oder komm bei einer Veranstaltungen in Wien vorbei.