11. September 1973: Putsch in Chile gegen ArbeiterInnen

Vor 45 Jahren fand in Chile der Putsch der Generäle um Augusto Pinochet gegen den Präsidenten der Volksfront-Regierung Unidad Popular statt. Die CIA hat den Putsch unterstützt. In der Folge wurde die Linke unterdrückt und bis zu 80.000 Menschen wurden getötet, viele Menschen sind verschwunden und nie wieder aufgetaucht. Mit Hilfe der „Chicago Boys“ um den wirtschaftsliberalen Ideologen Milton Friedman wurde eine neoliberale Schocktherapie durchgeführt: Hunderte von Privatisierungen, Senkung von Steuern und Zöllen, Abschaffung von Gewerkschaften und Mindestlohn, Deregulierung des Finanzsektors.Chile gilt als Labor des Neoliberalismus, der später ab der Wahl von Margaret Thatcher in Großbritannien und Ronald Reagan in den USA weltweit durchgesetzt wurde. Das Beispiel Chile hat bereits aufgezeigt, dass Neoliberalismus und Demokratie einander nicht bedingen, sondern eher widersprechen. Der österreichische neoliberale Denker Friedrich August von Hayek meinte dazu: „Ich persönlich würde einen liberalen Diktator gegenüber einer demokratischen Regierung, der es an Liberalismus mangelt, bevorzugen.“ In den letzten Tagen wurde den Opfern der bis 1990 andauernden Diktatur mit Demonstrationen gedacht, und darauf hingewiesen, dass sich viele der Verantwortlichen nie für ihre Taten rechtfertigen mussten. Die Demonstrationen in Santiago de Chile wurden von der Polizei unter Einsatz von Tränengas aufgelöst.

Im Folgenden wollen wir uns damit auseinandersetzen, wie es zum Putsch gekommen ist und warum auch falsche Konzepte in der Linken die Niederlage herbeigeführt haben.

Die Volksfront-Regierung

Chile gehörte in den 60ern zwar nach wie vor zu den reichsten Ländern Mittel- und Südamerikas. Gleichzeitig kam es aber vermehrt zu Krisen in der vom Imperialismus abhängigen und von Großgrundbesitz geprägten chilenischen Ökonomie. Als Ausdruck des zunehmenden Klassenkampfes in Stadt und Land und nachdem die bürgerlich-nationale Regierung unter Eduardo Frei Montalva die Probleme der Wirtschaft und die Umklammerung des Imperialismus nicht lösen konnte, wurde im Herbst 1969 die Volksfront Unidad Popular UP (Volkseinheit) gegründet. Sie bestand aus sechs linken Parteien und stellte Salvador Allende als Präsidentschaftskandidat auf. Die UP bestand aus linken Resten der historischen Radikalen Partei, den recht einflusslosen Sozialdemokraten, der kleinen Unabhängige Volksaktion, der Kommunistischen Partei Chiles, den in sich gespaltenen SozialistInnen (PS) mit Allende am rechten und Altamirano am linken Flügel, sowie der Christlichen Linken (MAPU). Das Programm der Volksfront sah den friedlichen Weg zum Sozialismus vor, die Revolution durch den Volksentscheid, was gerade in Österreich an die Politik des Austromarxismus erinnert.

1970 erreichte die Unidad Popular bei den Präsidentschaftswahlen 35,6 %, die Nationale Partei 34,9 %, die Christdemokraten 27,8 % – mit den Stimmen der ChristdemokratInnen wurde Allende zum Präsidenten für 6 Jahre gewählt. Die nationale Bourgeoisie stimmte angesichts der kriselnden chilenischen Ökonomie also einem Reformprogramm zu. Die UP sollte einerseits die entstandene Massenbewegung kanalisieren, andererseits eine gewisse Unabhängigkeit für das chilenische Kapital vom US-Imperialismus erkämpfen.

Zugeständnisse

Um die Zustimmung der bürgerlich-liberalen ChristdemokratInnen zu erhalten, musste die UP Verfassungsgarantien geben: Unantastbarkeit der politischen Machtorgane der herrschenden Klasse: Militär, Polizei, Justiz, Verwaltungsapparat, Presse, Rundfunk und Bildungswesen. Die Democracia Cristiana erklärte: Wir wollen „keine Bildung von Organen der Volksmacht. Wir wollen, dass die Streitkräfte und die Polizei weiterhin eine Garantie des demokratischen Systems bleiben.”

Teile der Bourgeoisie, die direkte Handlanger des US-Imperialismus waren und eine nationalkapitalistische Entwicklung für unmöglich hielten, versuchten bereits am 25. Oktober dem Amtsantritt Allendes zuvorzukommen. Mitglieder der rechtsextremen Organisation „Vaterland und Freiheit“ (Patria y Libertad) und Teile der Armee ermordeten unter Mitwirkung des US-Konzerns FIT, des CIA und der US-Botschaft den Oberbefehlshaber der Armee General René Schneider, um die Armee gegen Allende aufzustacheln. Aber die Mehrheit der Bourgeoisie und des Militärs (Prats) unterstützte damals die Volksfrontregierung. Die KP Chiles versprach, auf die Durchsetzung der Klasseninteressen der ArbeiterInnen und der Bäuerinnen und Bauern zu verzichten.

Die von der Unidad Popular geplanten Wirtschaftsreformen zielen auf die „Schaffung einer Wirtschaft des Übergangs zum Sozialismus“, die aus einem Sektor verstaatlichten Eigentums, einem privaten und einem gemischten Sektor bestehen sollte. Die Verstaatlichungen richteten sich im Wesentlichen auf Betriebe ausländischer Konzerne. Anfang 1971 wurden Kohlegruben und Banken verstaatlicht, außerdem kam es zur Verstaatlichung des Großgrundbesitzes über 80 Hektar. Ein Wirtschaftsaufschwung setzte ein und ließ Arbeitslosigkeit und Inflation zurückgehen.

Die Regierung agierte von Anfang an bürokratisch und demobilisierend und löste auf Druck der rechten Parteien die „Arbeiter- und Bauernkomitees zur Unterstützung des Wahlsiegs“ auf. Stattdessen wurden von oben herab organsierte Bauernräte eingeführt, die keine Selbsttätigkeit der BäuerInnen zuließen. In den verstaatlichten Betrieben wurde eine Form der Mitbestimmung eingeführt, die von der Staatsbürokratie bestimmt war. Am linken Flügel der UP und von linken Gruppen gab es Aufrufe, die Machtfrage gegen die herrschende Klasse zu stellen und sich auf bewaffnete Konfrontationen vorzubereiten. Die Aufrufe fanden allerdings kaum Resonanz, da das Vertrauen in die UP noch sehr hoch war. Dementsprechend gewann die UP bei den Kommunalwahlen am 4. August 1971 50 % der Stimmen und wurde vom Großteil des Proletariats unterstützt. Dieser Erfolg stellte den Höhepunkt der Regierung unter Allende dar.

Krisen

Im Juli 1971 wurde der zu 80 % von US-Kapital kontrollierte Kupferbergbau verstaatlicht. Die USA reagierte mit Wirtschaftsboykott, Abzug des Kapitals, Auszug von Spezialisten, Blockade gegen chilenisches Kupfer, und dem Stopp von Ersatzteillieferungen. Dafür versorgte das US-Kapital das chilenische Militär, die parlamentarischen Polizeikräfte und rechtsextreme Organisationen mit Waffen und anderen Hilfsmitteln. Diese Wirtschaftssabotage brachte die chilenische Ökonomie in Schwierigkeiten, weil notwendiges Kapital fehlte. Allende bettelte zwar bei anderen imperialistischen Mächten um Unterstützung, der Rückgang der Produktion war aber nicht aufzuhalten. Das radikalisierte die ArbeiterInnen und BäuerInnen weiter.

Wegen der unzureichenden Bodenreform – weiterhin teilten sich 80 % der LandarbeiterInnen 10 % des Bodens –  mussten immer mehr Agrargüter importiert werden. Die KleinbäuerInnen und LandarbeiterInnen wurden immer mehr selbst aktiv. 1971 gab es 560 Landnahmen, autonome Bauernräte wurden gebildet. Auch die ArbeiterInnen besetzten Betriebe und streikten für höhere Löhne – ohne Legitimierung durch die Regierung. Allende hingegen schloss ein Abkommen mit den Gewerkschaften, nach dem sich der Staat um die Lohnerhöhungen kümmern sollte. Bürokratische Fabrikkomitees sollten die Fabrikbesetzungen unterdrücken.

Im November 1971 kam es zu den ersten größeren Aktivitäten der FaschistInnen von Patria y Libertad, die Terrorakte inszenieren, aber auch die Demonstration der leeren Töpfe organisierten Bei dieser protestierten bürgerliche Frauen, die tatsächlich kaum davon betroffen waren, gegen die schlechte Versorgungslage.

Bei den Gewerkschaftswahlen und bei Nachwahlen Anfang 1972 verlor die UP Stimmen. Sowohl  unzufriedene ArbeiterInnen und LandarbeiterInnen, als auch Bürgerliche wandten sich von ihr ab. Die Rechte wurde stärker, ChristdemokratInnen und Nationale stellten gemeinsame KandidatInnen auf. Auch innerhalb der UP wurden durch eine Kabinettsumbildung im Jänner 1972 die rechten Kräfte stärker und die Fraktionierung nahm zu.

Eine wichtige Rolle spielte dabei die Frage nach dem Prozess der Verstaatlichung, der bereits im Gang war. Die von Moskau gesteuerte KP trat für eine Verlangsamung der Verstaatlichungen ein, um das Kleinbürgertum nicht zu verschrecken. Der linke Flügel der Volksfront setzte hingegen auf ein Vorwärtsschreiten ohne Kompromisse: Altamirano vom linken Flügel der Sozialistischen Partei richtet einen offenen Brief an Corvalan von der KP, um eine öffentliche Diskussion zwischen den PartisanInnen der Konsolidierung und denen, die „ohne Kompromisse vorwärts schreiten“ wollten, in Gang zu setzen: „Die PS hält den revolutionären Prozess für einen Weg ohne Unterbrechungen, ohne Etappen und ohne vorzeitige Festigung im Rahmen des gegenwärtigen kapitalistischen Systems. Ihr Ziel ist die Eroberung der ganzen Macht durch die Arbeiter, um die demokratischen und sozialistischen Aufgaben in einem zu lösen. So nimmt der Prozess von Anfang an sozialistischen Charakter an. Das ist der Grund, weshalb jede Tendenz, die Vereinbarungen mit politischen Gruppierungen der Bourgeoisie — wie der DC — trifft, um die Probleme, die durch den Klassenkampf entstanden sind, mit den Mitteln des traditionellen politischen Spiels zu lösen, das Fortschreiten des Prozesses behindert.“

Während die Bürgerlichen die weitere Verstaatlichung von Betrieben blockierten und auf Anraten der Sowjetunion das Tempo des Prozesses verlangsamt wurde, wurden ArbeiterInnen und BäuerInnen radikaler. Bis Mai 1972 nahmen die Landbesetzungen weiter zu.

Revolutionäre Entwicklung

Im Laufe des Jahres 1972 fanden die Positionen der revolutionären Linken innerhalb und außerhalb der UP mehr Gehör. In der Linken und der Volksfront vollzogen sich Klärungsprozesse und der politische Charakter der Allende-Regierung zeigte sich deutlicher. Während rechte Demos von der Polizei geschützt wurden, wurden linke Demos verboten oder auseinandergejagt. Insgesamt stieg die Repression gegen die Linke und kämpferische ArbeiterInnen.

Im Oktober 1972 kam es zu einer größeren wirtschaftlichen Krise, die Versorgungslage verschlechterte sich, immer mehr Devisen mussten für Nahrungsmittelimporte aufgebracht werden. Das Kleinbürgertum, das von rechten Parteien geführt wurde, trat in den Streik und wurde dabei von den USA finanziert. Die Lage spitzte sich zu. ArbeiterInnen besetzen Betriebe, FaschistInnen gingen gegen Linke vor. Polizei und Armee wurden gegen Land- und Fabrikbesetzungen eingesetzt. Allende verurteilte illegale Aktionen, womit nicht Übergriffe der Rechten, sondern Besetzungen gemeint waren.

Als Alternative zum bürgerlichen Staat errichteten ArbeiterInnen Commandos Communales– nach Stadteilen organisierte Zusammenschlüsse von Partei, Gewerkschaft und Genossenschaftsorganisationen. Diese standen zunächst auf der Seite der Regierung. . In den besetzten Betrieben entstanden Cordones Industriales als „politische Kampforganisationen zur Eroberung der Macht“. Sie koordinierten die besetzten Betriebe und den Transport von Gütern, sowie die Verteilung von Lebensmitteln an Arme. In Santiago gehörten im Oktober 1972 100.000 Arbeiter und ihre Familien diesen Organen an. Bei der Bildung dieser räteähnlichen Machtorgane entstand eine enge Zusammenarbeit zwischen linkem Flügel der PS, der MAPU und den revolutionären Gruppen außerhalb der Volksfront.

Allende holte das Militär in die Regierung. Die UP-Regierung schaffte es aber nicht, ihre Garantien gegenüber der Bourgeoisie einzulösen. Es gelang ihr nicht, die besetzten Betriebe zu räumen und die Militärkontrolle über die staatliche Distribution einzurichten. Die Armee wurde ausgebaut und bekam weitere Privilegien.

1973 fanden Wahlen zum Parlament statt, die die Kräfteverhältnisse nur unwesentlich veränderten, aber eine Polarisierung ausdrückten und die politische Krise vertieften. Im neuen Kabinett waren keine Militärs. Die Inflation stieg auf 300 %, die Industrieproduktion sank um 7 %, der Schwarzhandel blühte. Eine weitere Streikwelle des Kleinbürgertums folgte. Zwischen Arbeitern und Faschisten kam es zu Straßenschlachten. Die Armee differenzierte sich zunehmend. Auf der einen Seite standen Anhänger der Regierung, sowie einfache mit den Kämpfen der Arbeitenden und BäuerInnen sympathisierende Soldaten. Auf der anderen Seite standen rechte und mit den FaschistInnen sympathisierende Offiziere und Generäle.

Am 28. Juni fand ein Putschversuch gegen die Allende-Regierung statt. Allende rief die ArbeiterInnen auf, Fabriken zu besetzen um die Regierung zu verteidigen. Der Putschversuch konnte verhindert werden.

Entwaffnung und Unterordnung

Einige der linken Parteien verfügten über bewaffnete Formationen, teilweise aufgrund früherer Guerillastrategien. Die Cordones Industriales hatten eigene bewaffnete Milizen gebildet. Die unteren Schichten der Armee hätten für die RevolutionärInnen gewonnen werden können. Von Seiten der Regierung wurde allerdings ab Ende Juni 1973 das „Gesetz zur Waffenkontrolle“ systematisch zur Entwaffnung der RevolutionärInnen eingesetzt.

Allende ordnete sich den neuen Bedingungen der Bourgeoisie unter:

* Weitere Verstaatlichungen nur mit Zustimmung des Parlaments, in dem allerdings die rechten Parteien die Mehrheit stellten.

* Die Betriebe, die zum Schutz der Regierung am 28. Juni besetzt worden, sollten an ihre EigentümerInnen zurückgegeben werden.

* Verbot von Landenteignung bei Betrieben unter 40 ha

* Offensive gegen terroristische Gruppen, was die Entwaffnung der Arbeitenden bedeutete.

Durch den Juni-Putsch erkannten große Teile der ArbeiterInnenschaft, dass die Politik der Regierung der Konterrevolution den Weg bereitete und nicht mehr bereit war, sich unterzuordnen. Auf Beschluss der Gewerkschaft CUT, deren Vorsitzender Arbeitsminister in der Regierung war, wurden 100 weitere Fabriken besetzt, was zum Einsatz von Armee und Polizei und bewaffneten Auseinandersetzungen führte. Fabrikkomitees, Regierungsbüros und die Büros der revolutionären Organisationen werden von Militärkommandos durchsucht, rechte Organisationen nicht.

In der UP geriet Allende immer mehr in die Kritik, die UP driftete auseinander. Er orientierte sich, gestützt auf die KP, die als verlängerter Arm Moskaus kein Interesse an einer sozialistischen Revolution hatte, nach rechts. Am 9. August wurde das „Kabinett der nationalen Sicherheit“ gebildet, dem die Chefs der vier Waffengattungen und der Nationalpolizei angehörten. Allende trat in dieser Situation als Bonapartist auf, der scheinbar über den Klassen steht und versucht den Spagat zwischen Radikalisierung der Arbeitenden und BäuerInnen, auf der einen, und den Konterrevolutionären und Faschisten auf der anderen Seite zu schließen – indem er sich auf das Militär stützte.

Der Militärchef General Carlos Prats, der das Projekt der Volksfront unterstützt hatte, trat zurück. Augusto Pinochet wurde Nachfolger an der Spitze der Streitkräfte. Allende ließ den linken Fernsehkanal Kanal 9 räumen und sprach gleichzeitig davon, dass der Dialog mit der Opposition gesucht werden müsse. So hätte seiner Meinung nach der Bürgerkrieg vermieden werden können.

Finale Polarisierung

Der revolutionären MIR (Movimento de Izquierda Revolucionaria – Bewegung der revolutionären Linken) wurde eine Verschwörung unter den Matrosen vorgeworfen. Während Allende „gerechte Bestrafung“ versprach, solidarisierte sich der linke Flügel der Volksfrontparteien mit der MIR. PS und MAPU drohten mit dem Austritt aus der UP, die revolutionären Organisationen wuchsen auf Kosten der Volksfrontparteien, aus den Comandos Communales entwickeln sich Räte. Ebenso wie die Bauernräte planen sie im September einen Nationalen Kongress.

Auf dem linken Flügel der Volksfront kritisiert die MAPU (christliche Linke) am 10. August die versöhnlerische Haltung der Regierung und sagte deren fatale Folgen prophetisch voraus: „Nach dem Juniputsch hat sich eine große Verwirrung breitgemacht, die die Arbeiter demoralisiert und demobilisiert hat. Angesichts des Putsches hatten sich die Arbeiterklasse und das Volk wie ein Mann erhoben. Die Regierung vor allem von zentristischen und versöhnlerischen Kräften beherrscht, hat diese Gelegenheit verstreichen lassen und Verhandlungen vorgezogen. Seit einigen Tagen steht sie im Dialog mit der Democracia Cristiana und glaubt naiver Weise, dass ein neues Übereinkommen in der Lage wäre, die Putschisten zu bremsen. Aber im Gegenteil: Die Rechte bereitet ihren Anschlag vor. Wenn die Putschisten dann die Macht übernehmen und ihren Weißen Terror ausüben, werden die faschistischen Mörder nicht zwischen Zentristen und Revolutionären unterscheiden. Die Führer, die heute das Volk desorganisieren und entwaffnen, sind für die Folgen verantwortlich, die ihr Handeln in der Zukunft hat.

Ende August brachten die rechten Parteien eine Resolution im Parlament ein, die die UP-Regierung für illegal erklärte. Sie forderte den Verteidigungsminister auf, die Regierungstätigkeit in die Hand zu nehmen. Damit war die Regierung zum Abschuss frei gegeben. Diese war freilich immer noch nicht bereit, den Rechten gegenüber zu treten.

Militärputsch am 11.9.

Am Morgen des 11.9. flogen Jagdflugzeuge über den Präsidentenpalast und forderten Allende zur Kapitulation auf. Im letzten Moment rief dieser zur „Mobilisierung der Arbeiterklasse“ auf, nachdem er vorher alles getan hatte, um sie zu demobilisieren. Die Arbeitermilizen in den Fabriken wurden niedergebombt. Bis zu 30.000 Linke wurden in diesen Tagen getötet. Linke Organisationen wurden aufgelöst, Bürgermeister und Gemeinderäte abgesetzt. Besetzte Betriebe wurden geräumt, verstaatlichte Betriebe und nationalisierter Boden zurückgegeben.

Der „friedliche Weg zum Sozialismus“ endet im Blut der Arbeitenden und der Linken. Die Niederlage für die ArbeiterInnenbewegung ist bis heute nicht überwunden. Das Ende der Diktatur im Jahr 1990 ging mit einer Kontinuität der Eliten und der neoliberalen Politik einher.

Zumindest die theoretischen Lehren müssen aus dieser Niederlage gezogen werden. Die Bourgeoisie ist nicht bereit ihre Macht freiwillig abzugeben. Wird diese gefährdet, greift sie zu diktatorischen oder faschistischen Mitteln. Um dagegen vorbereitet zu sein, helfen Kompromisse und Zurückweichen nicht. Die klare Orientierung der Arbeitenden auf die Übernahme der Macht ist der einzige Weg, der die Arbeitenden zugleich vor Blutvergießen schützt.

Dieser Artikel stützt sich vor allem auf die Broschüre: „Chilenische Lehren“ der Spartacus-BL von 1973.