Pflegeprotest und Umbrüche in Wien

In den Wiener Gesundheitsbereich kommt wieder Bewegung. Nach der Ankündigung von Protesten durch die Care Revolution Wien werden Zulagen plötzlich doch ausbezahlt. Der verhasste Generaldirektor Janßen wurde gekündigt. Schon davor ist Stadträtin Wehsely zurück getreten, Frauenberger hat die Position übernommen. Dass sich 80 PflegerInnen vor der Generaldirektion, also ihren höchsten Vorgesetzten zum Protest versammeln, zeigt ihre Wut. RSO AktivistInnen sind Teil der Bewegung beteiligen sich an den Protesten. Wir veröffentlichen hier einen Bericht der Care Revolution Wien über den Protest.

Erfolgreiche Protestkundgebung am 21. März beim KAV:

80 PflegerInnen demonstrierten bei einer kurzfristig organisierten Protestkundgebung vor der Generaldirektion des KAV und schafften ihren Forderungen laut Gehör. Auszahlung der Zulage und Kündigung von Janßen reicht nicht, es braucht ein höheres Grundgehalt und mehr Personal. Bericht und Bilder der Aktion

Nachdem bekannt wurde, dass die ausverhandelte Zulage im März wieder nicht ausbezahlt wird und unsere Wut übergekocht ist, hat sich die Care Revolution Wien kurzfristig entschlossen einen Protest zu starten. Zwei Wochen haben wir uns für die Bewerbung einer Protestkundgebung vor der Generaldirektion Zeit genommen. Hauptforderung: Zulagen müssen sofort ausbezahlt werden. Weitere Forderungen: Rücktritt des Generaldirektors, mehr Personal, höheres Grundgehalt und ein Ende der Gangbetten. Es wurde versucht den Protest auf breitere Beine zu stellen, die Hauptgruppe 2 hat auf unsere Anfrage leider nicht reagiert. Mit den Möglichkeiten der zuständigen Gewerkschaft hätten wir größere Proteste organisieren können. Mit unseren beschränkten Mitteln haben wir in allen KAV-Krankenhäusern Flyer verteilt und im Internet für die Aktion geworben, auch eine Tageszeitung hat über unseren Plan berichtet. Schon die Mobilisierung für den Protest, sollte Druck aufbauen und angriffig gegen die Obrigkeit sein.

Forderungen erfüllt?!

80 PflegerInnen waren bei der kurzfristig organisierten Kundgebung vor der Generaldirektion anwesend. Auch MedienvertreterInnen waren vor Ort. Kurz nach der Anmeldung unseres Protest wurde die Auszahlung der Zulagen zugesagt. Einen Tag vor der Kundgebung wurde Janßen gekündigt. Unsere Hauptforderungen wurden also erfüllt. Wir haben uns trotzdem entschieden, den Protest aufrecht zu halten, denn noch hat sich für uns nichts verbessert. Unter diesen Umständen und als erste Protestaktion seit langem, war die Kundgebung ein voller Erfolg und ein starkes Zeichen.

Mehr Lohn und Personal, keine Gangbetten mehr

In einem Redebeitrag wurde angeprangert, dass PatientInnen und Beschäftigte unter den aktuellen Bedingungen leiden, der Winter und die Influenza haben gezeigt, dass die Versorgung nicht gefährdet, sondern gefährlich ist. Durch die Übernahme ärztlicher Tätigkeiten können kaum mehr alle nötigen Aufgaben übernommen werden – das Resultat verfehlter Personalpolitik. Deshalb wurde eine Aufstockung des Personals und ein fixer Personalschlüssel gefordert. Personalmangel und Arbeitsdruck betrifft auch die anderen Berufsgruppen im KAV, Solidarität ist gefordert.

Die Gangbetten stellen eine demütigende Situation für die PatientInnen und eine weitere Belastung für das Personal dar. Anstatt das Problem zu lösen, versucht der KAV es zu vertuschen. Gangbetten wurden in gesperrten Zimmern versteckt und Unwahrheiten wurden verbreitet. Deshalb ist es wichtig, dass PatientInnen auf die Bedingungen hinweisen und die Wahrheit ans Tageslicht bringen.

Die mickrige Zulage reicht uns nicht. Wir wollen eine ordentliche Erhöhung des Grundgehalts und ein Ende des Zulagendschungels. Wir haben es uns für unsere Arbeit verdient. Die Care Revolution Wien wird deswegen weiterhin Proteste an der Basis demonstrieren und den Beschäftigten eine Stimme geben. Wir bleiben der Stachel im Fleisch des KAV. Wir zeigen die Probleme auf und betonen weiter, dass Protest und Streik nicht nur Wörter, sondern notwendige Kampfmaßnahmen sind.

Ausgliederungen

In einem weiteren Beitrag wurde von Erfahrungen mit Leiharbeit und Fremdvergabe berichtet, durch die die Belegschaft unter die Räder kommt und gespalten wird. Die Ausgliederung des KAV wird vielleicht durch den Wechsel der Stadträtin verzögert, wird aber von der Politik gefordert. Probleme werden dadurch keine gelöst, aber viele neue entstehen. Auf die Kritik an zu hohen Beratergehältern mit dem Plan der Ausgliederung zu antworten ist absurd.

Die Ausgliederung wird für Gemeindebedienstete vollkommen neue Bedingungen schaffen. Lediglich der Lohn ist im Dienstvertrag geregelt, dabei wird es zu einer Mehrklassenbelegschaft kommen, in der KollegInnen auf einer Station für dieselbe Arbeit unterschiedlich bezahlt bekommen. Arbeitszeitmodelle und Arbeitsbedingungen werden in einem neuen Kollektivvertrag gänzlich neu geregelt werden. Das Ergebnis ist davon abhängig, ob von der Basis Druck aufgebaut werden kann und ein kämpferischer Betriebsrat gegründet wird, oder ob die Führung alle ihre Interessen gegen uns durchsetzen kann.

Wenn es vorübergehend eine Verschnaufpause bezüglich der Vollausgliederung gibt, gilt das nicht für einzelne Bereiche. Reinigung, Abteilungshilfe, Träger, Technik, Verwaltung, Sterilisation und andere Bereiche sind schon ausgelagert. Als nächstes sollen die Küchen dran kommen, was nicht nur sichere Arbeitsplätze abbaut, sondern auch die nötige Flexibilität für eine gute Versorgung der PatientInnen verunmöglicht. Die bestehenden und die geplanten Ausgliederungen erfordern unseren Protest und machen Solidarität unter den Beschäftigten noch wichtiger.

PatientInnen leiden

Stellvertretend für eine bettlägerige Patientin wurde ein Erfahrungsbericht vorgelesen, der zeigt, wie PatientInnen unter der Mangelsituation in den Spitälern leiden und Opfer der Strukturen werden. Die PatientInnen erkennen selbst, dass unter dem gegebenen Personalmangel keine bessere Versorgung möglich ist. Krankenhausaufenthalte werden dadurch zur Qual.

KAV-Direktion aufgepasst – wir haben euch was mitgebracht!

Symbolisch wurde der ausgeschiedene Generaldirektor Janßen abgehakt. Mit Lärminstrumenten und Bettpfannen haben wir laut auf uns aufmerksam gemacht und Forderungen skandiert: “Mehr Personal, in Pflege und Spital.” “Mehr von uns, ist besser für alle.”  Sowohl die neue Stadträtin, als auch die KAV-Direktion müssen weiter unter druck gesetzt werden. Am KAV Gebäude wurde ein großer Taschenrechner zurückgelassen, damit die Direktion einen vernünftigen Personalschlüssel berechnen kann. ein Schrank voller Dienstkleidung fordert gefüllt zu werden. Ein Gangbett soll bei der Direktion, aber nicht auf der Station stehen. Zuletzt haben wir mit einer Checkliste gezeigt, was erreicht wurde und was noch offen ist: Abgehakt: Wehsely Rücktritt, Zusage Auszahlung der Zulagen, Kündigung von Janßen. Offen: Ausgliederungen und Auslagerungen stoppen, ein menschenwürdiger Personalschlüssel, Ende der Gangbetten.

Feiern und weitermachen

Zum Ausklang der Kundgebung haben wir mit Sekt auf den Abgang von Janßen angestoßen. Wir werden ihn nicht vermissen. Dabei haben wir uns vernetzt und diskutiert, dass es weitere Aktionen braucht. Das nächste Planungstreffen dafür findet am 5. April um 19:00 im Amerlinghaus (Stiftgasse 8) statt.

Wir lassen uns nicht sedieren!

Bilder von der Aktion gibt es hier.