Hofer hat verloren, der Rechtsruck ist nicht gestoppt

Vielfach gibt es ein großes Gefühl der Erleichterung, weil Norbert Hofer die Wahl nicht gewonnen hat. Auch wenn es zu begrüßen ist, dass kein Rechtsextremer der nächste Bundespräsident ist, sollten wir uns keine Illusionen machen: das Erstarken der FPÖ und des Rassismus sind damit nicht gestoppt und die dahinter liegenden Gründe nicht gelöst. Fast 50% der ÖsterreicherInnen haben gerade erst für Hofer gestimmt. Jetzt gilt es den Widerstand gegen die kommenden Angriffe zu organisieren und die existierende Anti-Establishment-Stimmung von links zu beantworten.

Die Bundespräsidentenwahl hat geschafft gehörig zu polarisieren. Während der Glaube daran, dass Wahlen wirklich etwas verändern können immer weiter abnimmt, war es plötzlich wieder „wichtig“ wählen zu gehen. Entweder um Hofer zu verhindern oder dem Establishment eins auszuwischen. Damit einher gingen auch Illusionen bezüglich der Möglichkeiten des Bundespräsidenten. Hofer würde eigenhändig das Rad der Zeit zurückdrehen und alles besser machen, Van der Bellen würde als Bastion gegen die FPÖ fungieren.

FPÖ und Rassismus weiter im Vormarsch

Um nicht bald in einem Albtraum aufzuwachen, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Van der Bellen dem Erstarken der FPÖ sehr wenig entgegenzusetzen hat. Theoretisch könnte er die Angelobung einer FPÖ-Regierung verweigern. Ob er das wirklich tun würde, gilt abzuwarten. Aber selbst das würde den Rechtsruck nicht aufhalten, im Gegenteil würde es weiter berechtigte Kritik am Establishment bringen.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es bald Neuwahlen geben und mit noch höherer Wahrscheinlichkeit, wird die FPÖ mit Abstand die stärkste Partei werden. Statt bis zu den nächsten Wahlen zu warten und sich darauf zu konzentrieren einen Wahlsieg der FPÖ dann irgendwie noch einmal zu verhindern, ist jetzt die Zeit eine wirkliche Alternative zu der neoliberalen Alternativlosigkeit und der rassistischen Politik der etablierten Parteien aufzubauen. Denn selbst eine neue Regierung ohne Beteiligung der FPÖ, die weiter den Sparstift ansetzt, die Grenzen dicht macht und die Steuern für Unternehmen weiter senkt, wäre um keinen Deut besser.

Wut, Perspektivlosigkeit und ein Denkzettel

Wichtig ist auch zu verstehen was hinter dem Aufstieg der Rechten steht und was sich dagegen tun lässt. Unter den WählerInnen von Hofer waren für einen Teil sicherlich rassistische Beweggründe ausschlaggebend, für andere war es in erster Linie eine Möglichkeit es denen „da oben“ mal zu zeigen. Dass viele Menschen den Herrschenden einen Denkzettel verpassen wollten ist mehr als verständlich. Wie der Sieg von Trump und das Votum für den Brexit gezeigt haben, ist dieses Phänomen nicht auf Österreich beschränkt. Die Wut gegen das Establishment ist verständlich und richtig – aber statt Rassismus brauchen wir Solidarität. Gerade deswegen wäre es falsch es den Rechten zu ermöglichen, diese existierende Anti-Establishment-Stimmung mit ihren rassistischen und sexistischen Ideen zu besetzen.

Wir können auch davon ausgehen, dass die FPÖ (so wie die anderen rechten DemagogInnen auch) die Hoffnungen, die in sie gesteckt werden, notwendigerweise enttäuschen werden. Keiner von denen wird sich mit den Reichen und Mächtigen anlegen und daher wirklich eine andere Politik machen. Manche werden sich vom Rassismus weiterhin ablenken und einkaufen lassen, andere werden nach der Enttäuschung ihrer Hoffnungen für eine wirkliche und nicht-rassistische Alternative offen sein. Es wird zentral sein um die Herzen und Hirne dieser Menschen zu kämpfen.

 Gegen das Establishment!

 Die gesellschaftliche Elite hat nun bereits seit Jahrzehnten den Sozialstaat zusammengekürzt, die Interessen von Konzernen über unsere gestellt und selbst an der rassistischen Abschottung der Festung Europa mitgeholfen. Der Großteil der neoliberalen Angriffe und der rassistischen Gesetzesänderungen wurden in Österreich von SPÖ und ÖVP umgesetzt. Unter Schwarz-Blau natürlich auch durch die FPÖ. Und auch die Grünen übernehmen in Landesregierungen zuletzt immer mehr „Verantwortung“ – ohne eine alternative Politik anbieten zu können. So steht etwa im rot-grün regierten Wien eine Einsparung von 10% in allen Bereichen bevor. Und das während im Immobiliensektor die Spekulation boomt und dieser mehr und mehr fette Profite abwirft.

Van der Bellen wird von vielen, und das nicht zu Unrecht, als Teil des Establishments gesehen. Er setzt lieber auf  „Vernunft statt Extreme“ – er steht für die Aufrechterhaltung des Status Quo und nicht für den radikalen Wandel, den wir brauchen. Seine Sorge gilt dem (Wieder-)Funktionieren des österreichischen und europäischen Kapitalismus – in einer freundlicheren, liberalen und weniger rassistischen Art und Weise.

Seit Jahrzehnten wird uns nun erzählt, dass es angeblich keine Alternative zu diesen neoliberalen Angriffen gibt. Diese Alternativlosigkeit woll(t)en viele einfach nicht mehr hinnehmen. Für sie sind Hofer, Trump und Co eine vermeintliche Alternative oder zumindest ein irrationales Ventil für berechtigte Wut. Es liegt an uns, Alternativen aufzuzeigen – sowohl zum menschenverachtenden Rassismus von Hofer und der FPÖ, aber auch zu den Angriffen der anderen Parteien.

Das Scheitern der Politik des „kleineren Übels“

Auf das vermeintlich „kleinere Übel“ zu setzen, wie es viele in den letzen Jahren gemacht haben, ist keine Lösung. Wie oft hat es in den letzten Jahren geheißen, gerade „jetzt“ sei es notwendig SPÖ oder Grüne zu wählen, um die FPÖ zu schwächen. Das Ergebnis: im Bund und in den Ländern ist mit Unterstützung eben dieser Parteien der Sparkurs zu Gunsten von Bankenrettung und dem „Standort Österreich“ fortgesetzt worden. Die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordniveau  – und die Konzentration des gesellschaftlichen Reichtums in den Händen einiger weniger auch. An einer radikalen Umverteilung haben diese Parteien kein Interesse.

Es war gerade die Politik der etablierten Parteien, die überhaupt erst den Boden aufbereitet haben, auf dem die rechte Hetze der FPÖ Früchte tragen konnte. Und während sich das liberale Establishment vom Rassismus, Sexismus und Nationalismus der FPÖ empört zeigt, waren es gerade ihre Parteien, die in den letzten Jahren Verschärfungen im Asylgesetz, Kürzungen bei der Mindestsicherung und weitere Grauslichkeiten beschlossen haben. 

Wenn man heute eine klare Stellung gegen die FPÖ bezieht, sollte man jedoch nicht der Illusion erliegen, dass bis jetzt eh alles irgendwie „okay“ war. In den letzten Jahren und Jahrzehnten ist es unter dem Deckmantel des „kleineren Übels“ schrittweise zu Verschlechterungen gekommen – angeblich weil es zu diesen Maßnahmen keine Alternative gibt. Für immer mehr Menschen, besonders in einkommensschwachen und bildungsfernen Milieus, gibt es unter den Bedingungen keine Perspektive oder ihr Einkommen reicht nicht um angemessen überleben zu können.

So verhindert man den Aufstieg der FPÖ und des Rassismus nicht – im Gegenteil: die etablierten Parteien setzen selbst rassistische Maßnahmen um und spülen durch den ständigen Bruch ihrer Versprechen Wasser auf die Mühlen der FPÖ. Für die Herausforderungen, vor denen wir stehen, haben die etablierten Parteien ohnehin keine Lösungen. Wenn die Entwicklungen in Europa und Österreich so weiter gehen wie bisher, wird es auch bei uns in naher Zukunft darum gehen die Ausradierung der verleibenden Reste von Demokratie und Sozialstaat zu verhindern. Für einen Kurswechsel können wir nur selbst sorgen.

Es braucht wirkliche Alternativen 

Für immer mehr Menschen wird das Leben immer härter und die Zukunftsperspektiven werden immer düsterer. Während die Arbeitslosigkeit steigt, Löhne sinken und Arbeitsbedingungen schlechter werden, können wir gleichzeitig sehen, wie die Profite der Konzerne immer weiter steigen. Und solange sich das nicht ändert, werden rechte DemagogInnen weiterhin Zulauf haben.

Dem Aufstieg der Rechten und den Angriffen der nächsten Regierung werden wir nur etwas entgegensetzen können, wenn wir eine wirkliche Alternative vor Augen haben. Im Kapitalismus ist es kein Schönheitsfehler, wenn die Reichen immer reicher werden und umgekehrt immer mehr Menschen keine Perspektive sehen. Daher muss es darum gehen den ökonomisch und politisch Herrschenden ihre Macht zu entreißen und den gesellschaftlichen Reichtum demokratisch und unter unserer eigenen Kontrolle zu verteilen. Wir sollten uns selbst und den Herrschenden klar machen: Wir sind es, die die Gesellschaft am Laufen halten – und ohne uns geht gar nichts. 

Radikal und selbstorganisiert

Dass viele Menschen keine Scheu vor radikalen Ideen haben, solange sie vielleicht dazu beitragen den Status Quo zu beenden, haben in letzter Zeit etliche Wahlen in diversen Ländern gezeigt. Diese Radikalisierung dürfen wir nicht den Rechten und RassistInnen überlassen, sondern müssen sie von links besetzen.

Dazu braucht es eine kämpferische politische Kraft unabhängig und abseits der etablierten Parteien und des Parlaments, die in den Betrieben, Stadtvierteln, Universitäten und Schulen verankert ist. Statt alle Hoffnungen auf die nächste Wahl zu konzentrieren und dann wieder durch die Finger zu schauen, gilt es jetzt eine Alternative aufzubauen.

                                                            

Widerstand organisieren statt bei der nächsten Wahl durch die Finger schauen

Gegen das Establishment und dessen Predigt von der vermeintlichen „Alternativlosigkeit“

Reiche zur Kasse bitten statt Sozialleistungen kürzen

Solidarität statt Rassismus