Für ein Europa der Arbeitenden

Die Europawahlen stehen vor der Tür und zum ersten Mal scheinen sie breitere gesellschaftliche Relevanz zu erlangen. In unseren aktuellen Betriebsflugblättern kritisieren wir den Versuch uns auf die EU einzuschwören – und die nationalistische Propaganda gegen sie. Wir wollen statt dieser Frage die soziale Frage aufwerfen. Der Wahlkampf in Europa wird dominiert von der Frage, mit wie vielen Sitzen nationalistische oder gar rechtsextreme Parteien bei den Wahlen am 25. Mai in das EU-Parlament ziehen. Diese Parteien spielen mit der Verärgerung der Bevölkerung über die unsoziale Politik in Europa.

Die Skepsis ist berechtigt…

Ein großer Teil der Bevölkerung fühlt sehr richtig, dass die EU-Politik nicht in ihrem Sinne ist. Die Fakten sprechen dafür: fast jeder neunte Europäer hat keinen Job, 4,1 Mio. Menschen haben kein Dach über den Kopf, und die Löhne sinken stetig, während die Lebenshaltungskosten unaufhörlich steigen. In allen europäischen Ländern predigen die führenden Politiker dieselbe Leier von einem „starken“ Europa und meinen nichts anderes als die hohen Profite von Siemens, Renault, Opel, Fiat und anderen Konzernen. Ihre Europapolitik bedeutet Entlassungen, Druck auf die Löhne und sinkende Renten. 

Hinter den EU-Kulissen ziehen Konzerne die Strippen…

Diese Politik wird uns als von „Brüssel“ vorgegeben verkauft. Doch hinter den Kulissen wird schnell klar, wer die eigentlichen Strippenzieher sind. Es ist die deutsche und die französische Regierung, welche zum Beispiel die Autopolitik Europas diktieren. Zugunsten der mächtigen deutschen Autobranche! In Hunderten Expertengruppen, die von der EU-Kommission offiziell als Beratergremien eingesetzt wurden und die die EU-Politik bestimmen, tummeln sich die Vertreter_innen der Finanzwirtschaft und der großen Industrien der EU-Länder, sowie hochrangige Vertreter_innen aus den Ministerien der einzelnen EU-Staaten. Zum Beispiel in einer der wichtigsten Expertengruppen zur europäischen Autobranche ist der Lobbyverband ACEA mit der Crème de la Cème der Autoindustrie (z.B. BMW, VW, Renault, Peugeot etc.) vertreten – zusammen mit der Öl-Lobby Europas. Für den Eisenbahnsektor sieht es nicht anders aus. Auch hier geben altbekannte Größen wie die Deutsche Bahn, Post DHL, Verband der deutschen Bahnindustrie, die französische SNCF usw. die Richtung vor.

Unter dem Deckmantel der EU haben die Regierungen Frankreichs und Deutschlands Ländern wie Griechenland, Spanien usw. krasse Sparprogramme aufgezwungen, die für die großen Banken ungeheure Gewinne und für die Großunternehmen viel Profit einbringen. Denn sie profitieren bspw. von den aufgezwungenen Privatisierungen der Staatsbetriebe. Das sind die Gründe, warum CDU und SPD im Wahlkampf so sehr die EU verteidigen. 

Doch Parteien wie die Alternative für Deutschland (AfD) oder Front National in Frankreich verdecken dieses Problem und bieten überhaupt keine Lösungen. Mit Wahlkampfparolen wie: „Washington spioniert, Brüssel diktiert, Berlin pariert.“ tun sie so, als wäre die EU ein Gebilde, welches die „nationale Souveränität“ aus den Angeln hebt und Schuld an der Verschlechterung unserer Arbeits- und Lebensbedingungen sei. Doch das Problem, welches die normale Bevölkerung hat, heißt nicht EU. Es ist die Logik des Kapitalismus, welche dazu führt, dass die Arbeitenden in ständiger Konkurrenz zueinander stehen und die dafür sorgt, dass die Interessen der Banken und Konzerne vor dem Wohl der Bevölkerung steht. Für oder gegen Europa kann also gar nicht die Frage sein, wenn wir wollen, dass sich an unseren Lebens- und Arbeitsbedingungen etwas Grundlegendes ändert.

Denn unser Europa ist ein anderes

…nämlich das der Arbeitenden und der Arbeitslosen, der Jugend und der Alten. Wir produzieren die Gewinne, welche sich die Herrschenden in die eigene Tasche stecken, wir pflegen die Alten und Kranken, wir fahren die Busse und Bahnen, um die Leute von A nach B zu bringen… Ohne uns geht es nicht – nirgendwo auf der Welt. Auch die Wahlkampfphrasen der etablierten Parteien von einem „sozialen Europa“ helfen uns nicht weiter. Damit will man uns nur Sand in die Augen streuen. Dabei ist  nicht schwer zu erkennen, dass CDU und SPD, die plötzlich von „den Menschen“ auf ihren Plakaten faseln, uns gestern noch Hartz IV und Rente mit 67 aufgezwungen haben und heute einen mickrigen Mindestlohn und die Beschränkung des Streikrechts vorbereiten. Um Niedriglöhne und Arbeitslosigkeit zu stoppen, müssen wir Arbeitenden uns in Bewegung setzen und dafür sorgen, dass wir die Spielregeln dieser alle in die Krise reißenden Wirtschaftsordnung nach unseren Bedürfnissen ändern können. Denn gemeinsam mit den Arbeitenden der anderen Länder stellen wir eine unglaubliche Kraft dar in den heutigen und zukünftigen sozialen Kämpfen.