Der groߟe Jahresrückblick des kapitalistischen Wahnsinns 2013

Wie schon in den letzten Jahren blicken wir auch diesmal wieder zurück. Den Wahnsinn des kapitalistischen Systems im abgelaufenden Jahr 2013 hat RSO-Zyniker Stefan Horvath zusammen getragen.

 

Januar

Die einstige Kolonialmacht Frankreich lässt sich nicht lumpen und marschiert in Mali ein – Seite an Seite mit der illegitimen, antidemokratischen Putschistenregierung. Offiziell geht es natürlich darum, die Bevölkerung vor Übergriffen radikaler Islamisten zu schützen und nicht darum, dass Frankreich einen Großteil des Urans für seine Atomindustrie aus Mali bezieht.

In Deutschland sorgt das Öffentlich-machen einer sexistischen Anmache des FDP-Politikers Rainer Brüderle gegenüber der Journalistin Laura Himmelreich für einen Aufschrei unter vielen Frauen. Die österreichische Gratis-„Zeitung“ „Heute“ hat in ihrer Ausgabe vom 31.1. ihre ganz eigene Art der Aufarbeitung: So heißt es auf Seite 1: „Jede zehnte Frau ist ein Grapscher-Opfer. Studie der Uni Wien enthüllt: So sexistisch ist Österreich“. Auf Seite 3 wird hingegen erklärt: „Dass es draußen im Moment nicht kalt ist, dürfte Jenny nur zur Hälfte klar geworden sein. Wie sonst ist zu erklären, dass die hübsche Brünette dicke Kniestrümpfe an hat – aber oben noch nichts Passendes gefunden hat.“ Und auf Seite 4 finden wird den ultimativen „Sex-Test“: „Wie Brüderle sind Sie?"

 

Februar

Die Medien schreiben von einem „Pferdefleischskandal" in Europa nachdem in mehreren Rindfleischprodukten Pferdefleisch entdeckt worden ist. "Expert_innen" sehen die Ursache in der "Geiz-ist-geil-Mentalität" und empören sich über Menschen, die angesichts steigender Arbeitslosigkeit und sinkender Reallöhne auf Diskonter-Waren zurückgreifen. Wenn in Kärntner Wurstprodukten Pferdefleisch aus Kanada (!) gefunden wird, so stellt sich jedoch die Frage, was hier eigentlich der wirkliche Skandal ist.

 

März

Der Argentinier Jorge Mario Bergoglio wird zum neuen Papst gewählt und nennt sich ab nun Franziskus. Berichte, wonach er in der Zeit der Militärjunta zwei Jesuitenpriester de facto ans Regime ausgeliefert hatte, konnten zwar nie endgültig bestätigt werden, die Verwobenheit des argentinischen Klerus mit den Mördern und Folterknechten, die das Land von 1976 bis 1983 in Geißelhaft hatten, ist jedoch unbestritten. Der neue Papst hingegen will lieber über die Gegenwart sprechen und gibt sich als Kritiker des globalen Kapitalismus. Die Vatikanbank veröffentlichte indes vor kurzem einen Bericht, der eine Vervierfachung des Gewinns für das Geschäftsjahr 2012 auf 87 Millionen Euro auswies.

 

April

Es gelangen Dokumente an die Öffentlichkeit, die Steuerflucht auf die britischen Jungferninseln in gigantischem Ausmaß aufdecken. 30.000 Personen aus mehr als 170 Ländern werden in den Unterlagen aufgelistet. In den Dokumenten finden sich Oligarch_innen, Waffenhändler_innen und Finanzjongleur_innen aller Art. Das Magazin Focus deckt auf, dass Uli Hoeneß, langjähriger Präsident des FC Bayern München, ebenfalls jahrelang Steuern hinterzogen hatten. Tränenreich tritt der arme Hoeneß vor die Kameras. Für die hunderttausenden EU-Bürger_innen, die durch gekürzte Sozialleistungen aufgrund fehlender Steuereinnahmen auf Vermögen in die Armut abgestürzt sind hat er keinen Tränen.

 

Mai

Während so mancher Soziologie-Professor vom „postindustriellen“ Zeitalter faselt, beschäftigt der Elektronikkonzern Foxconn, der für Sony, Apple oder HP produziert, in China rund eine Million Arbeiter_innen. In „Fabriksstädten“ wie Longhua im südchinesischen Shenzhen arbeiten zehn- oder hunderttausende Menschen zu unglaublichen Bedingungen. Bis zu 80 Überstunden pro Monat, Sprechverbot während der Arbeit und drakonische Bestrafungen stehen auf der Tagesordnung. Im April und Mai 2013 nehmen sich erneut drei Foxconn-Beschäftigte das Leben. Hierzulande fragen sich viele: Darf ich angesichts dieser Umstände ein iPhone besitzen? Wir sagen: Ja, aber nur wenn Du es zum Organisieren des Widerstand verwendest!

 

Juni

Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden veröffentlicht unzählige Dokumente, die die Machenschaften der NSA ans Tageslicht bringen. Neben Millionen anderen Menschen weltweit wurde auch Angela Merkel auf ihrem Handy abgehört. Diese gab sich natürlich gaaanz empört. Außerdem überwacht die NSA die Nutzung von Pornoseiten durch radikale Islamisten um diese gegebenenfalls diskreditieren zu können. Welche Pornoseiten die NSA-Leute selbst überwachen, ist indes nicht bekannt.

In Großbritannien erblickt das Baby von Prinz William und Herzogin Cate die Welt. Der sabbernde, lallende und in die Windeln kackende Säugling steht in der Thronfolge automatisch über Prinz Harry.

Das russische Parlament beschließt einstimmig mit 436 Stimmen (darunter die 92 Abgeordneten der völlig verkommenden „Kommunistischen“ Partei) ein Gesetz, welches „Propaganda von nicht-traditionellen sexuellen Beziehungen gegenüber Minderjährigen“ unter Strafe stellt. Obwohl es homosexuelle und andere nicht-hetereosexuelle Beziehungsformen in Russland – wie überall anders auch – schon ziemlich lange gibt (als „traditionell“) richtet sich das reaktionäre Gesetz klar gegen die Rechte von LGBT.

In Österreich wird ein 14-jähriger in der Untersuchungshaft brutal vergewaltigt. Justizministerin Karl (ÖVP) gibt sich als echte Expertin und meint im Fernsehinterview zynisch: „Wir sprechen hier von Jugendlichen, die eine schwere Straftat begangen haben.“

 

Juli

In Ägypten wird die Regierung von Mohamed Mursi durch das Militär abgesetzt. Dem zuvor ging zwar eine beachtliche Massenbewegung (die BBC sprach unter anderem von der größten Demonstration der Menschheitsgeschichte), in den folgenden Monaten gelingt es den alten Eliten allerdings, schrittweise wieder alle Macht an sich zu reißen. Repression gibt es nun sowohl gegen Unterstützer_innen als auch gegen Gegner_innen von Mursi.

Auf die verheerenden Hochwasser im Juni folgt einer der heißestes Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Seriöse Forscher_innen sind sich einig, dass solche extremen Wetterlagen in den nächsten Jahrzehnten massiv zunehmen werden. Andere glauben noch immer, dass der Klimawandel nichts mit kapitalistischen Wirtschaftssystem zu tun hat.

 

August

Laut einem Bericht des „Guardian“ sind bei den Bauarbeiten für die Männerfußball-WM 2022 in Katar allein zwischen dem 4. Juni und dem 8. August 44 nepalesische Arbeiter ums Leben gekommen. Die Weltfußballorganisation FIFA, die für die fragwürdige Vergabe des Events an den Mini-Wüstenstaat Katar zuständig ist, wäscht ihre Hände in Unschuld, zeigt sich allerdings „besorgt“.

 

September

Bei den Wahlen in Deutschland macht die Superreichen-Partei FDP, die zuletzt durch immer absurdere neoliberale Vorschläge aufgefallen war, ihrem inoffiziellen Namen (Fast Drei Prozent) alle Ehre und versäumt den Einzug in den Bundestag. Eine Woche später schaffen hingegen die von einem Duracel-Hasen geführten neoliberalen „NEOS“ den Sprung in das österreichische Parlament. Womit wieder einmal bewiesen wäre, dass in Österreich alles ein bisschen länger dauert.

 

Oktober

Vor der italienischen Insel Lampedusa kommt es zu einem der schwersten Unglücke eines mit afrikanischen Flüchtenden besetzten Bootes. Schätzungsweise 390 Menschen ertrinken beim Versuch, die Festung Europa zu überwinden. Gegen die Überlebenden hat die italienische Staatsanwaltschaft pflichtbewusst ein Ermittlungsverfahren wegen illegaler Einwanderung eingeleitet.

 

November

Im selben Monat, indem ein verheerender Taifun auf den Philippinen über vier Millionen Menschen obdachlos macht, treffen sich die Herrschenden der Welt in Warschau wieder einmal zur UN-Kimakonferenz. Und wieder einmal kommt dabei nichts heraus, weil jeder Staat „seine“ Konzerne schützen will. Die Klimakonferenz 2012 fand übrigens in Katar statt, dem Land mit dem weltweit höchsten CO²Ausstoß pro Kopf.

 

Dezember

Der Online-Versand Amazon stellt ein Video online, mit dem angeblich gezeigt werden soll, dass man in den USA bald Drohnen für die Zustellung von Paketen einsetzen wolle. Natürlich fallen sämtliche Medien auf den Marketingtrick rein. In Deutschland setzt Amazon einstweilen lieber auf Securityfirmen mit zahlreichen Verbindungen zur rechtsextremen Szene, wie eine Reportage des ARD im Februar aufdeckte. Im Logistikzentrum in Bad Hersfeld schikanierten diese dann die mehr als 2000, aus armen Regionen Europas stammenden, Leiharbeiter_innen, die dort unter Bedingungen „moderner Sklavenarbeit“ (ARD) beschäftigt waren.

Nelson Mandela, Ikone des schwarzen Befreiungskampfes und ehemaliger Präsident Südafrikas, stirbt im Alter von 95 Jahren. Die heuchlerischen Nachrufe der (weißen) Herrschenden in aller Welt lassen nicht lange auf sich warten. Angela Merkel würdigt das „politische Vermächtnis der Gewaltfreiheit“ des ehemaligen Guerilla-Kämpfers, der österreichische Rechtsextremist H.C. Strache zeigt sich „betroffen“ und der britische Premierminister David Cameron spricht von einem „Helden unserer Zeit“ und hat scheinbar vergessen, dass er in den 1980er Jahren führendes Mitglied der „Conservative Students“ war, die „Hang Mandela and all ANC terrorists“ plakatiert hatten.

In Österreich hat die Realität jedwede Satire längst überholt. Die neue ÖVP-Bundesregierung mit SPÖ-Kanzler gliedert das Wissenschaftsministerium beim Wirtschaftsministerium ein (praktisch!), macht einen Typen zum Außenminister, der vor wenigen Jahren noch mit dem „Geilomobil“ auf Stimmfang unterwegs war (geil!) und einen Professor zum Justizminister, der in ziemlich allen Korruptionsskandalen der letzten Jahre (Bawag, Hypo, Telekom..) als Strafverteidiger tätig war (unbefangen!). Da noch für einen Sozialdemokraten ein Posten geschaffen werden musste, gibt es jetzt außerdem auch einen eigenen „Kanzleramtsminister“. Dessen Aufgaben dürften sich wohl irgendwo zwischen Kaffeekochen und Leberkässemmel-holen für Werner Faymann bewegen.

 

Und jetzt mal ehrlich… Willst du, dass 2014 auch so wird?

Nein? Dann heb deinen Hintern und werde aktiv!