Koalition der oberen Zehntausend

Dies ist die Vorderseite der aktuellen Betriebsflugblätter der SAS, die wir zusammen mit ihnen gestaltet haben. Wir setzen uns diesmal mit dem Koalitionsvertrag und seinem Arbeiter_innen-feindlichen Inhalt auseinander.

Wie zu erwarten, werden CDU und SPD zusammen regieren, wie schon einmal von 2005 bis 2009. Auch damals waren die Interessen der Großkonzerne und Banken Grundlage der Großen Koalition.

CDU/SPD haben nun ihr Arbeitsprogramm vorgelegt und präsentieren sich als „Koalition der kleinen Leute“. Was für eine Lüge!

Im Kleingedruckten sind die Ausnahmen ganz groß!

Als soziales Flaggschiff hat die Koalition einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 € auserkoren. Der ohnehin mickrige Lohn gilt erst ab 2015. Als wenn die Preissteigerungen bis dahin warten würden. Genau genommen soll es die 8,50 erst ab 2017 für alle geben. Denn für die nächsten Jahre sind zig Ausnahmen vorgesehen. Z.B. durch Tarifverträge, so dass Leiharbeiter_innen und Gebäudereiniger_innen im Osten oder Wachschützer_innen noch länger mit ihren Hungerlöhnen klarkommen sollen.

Wirtschaftsvertreter_innen schimpfen trotzdem was das Zeug hält. Natürlich, wer hat jemals einen Boss gesehen, der ohne den Untergang des Standorts Deutschland zu prophezeien, Lohnerhöhungen zahlt? Zu Recht kann die Wirtschaft erwarten, dass CDU/SPD später weitere Ausnahmen hinzufügen werden, die nur deshalb aus dem Koalitionsvertrag raus gestrichen wurden, um sozialer zu erscheinen.

Gewerkschaftschefs wie Sommer vom DGB und Wetzel von der IG Metall zeigen sich zufrieden mit dem Mindestlohn und stärken damit den Konzernen den Rücken. Doch wir haben keinen Grund zufrieden zu sein. Schon jetzt gibt immer mehr prekäre Jobs, die Situation verschlechtert sich permanent. Ein neuer Sozialbericht bestätigte kürzlich, dass sich die Armut in weiten Teilen der Bevölkerung verfestigt, trotz höherer Beschäftigungszahlen. Dieses „Jobwunder“ ruiniert unser Leben, klaut unsere Löhne und Renten. Dieses „Jobwunder“ weiterzuführen, ist der wirkliche Hintergrund des Koalitionstheaters!

Stattdessen sind sofort 1.500 netto jeden Monat als Mindestlohn und 300 € Lohnerhöhung für alle nötig. Aber die kriegen wir weder durch eine Kommission von Spitzenorganisationen noch durch ein Gesetz. Wir können nur unseren eigenen Kräften vertrauen, wie die Kolleg_innen von Amazon, vom Einzelhandel oder die Lehrer_innen, die für höhere Löhne streiken.

Niemals wieder Streiks…

davon träumen Konzernbosse und Großaktionäre. Sie fürchten,  dass die zunehmende Unzufriedenheit auch hierzulande zu größeren Streiks und Protesten führen könnte. Sie wissen, dass Streik unser einziges wirksames Mittel gegen ihre Ausbeutung ist. Deshalb haben CDU/SPD in den Koalitionsvertrag ein Streikverbot für kleinere Gewerkschaften rein geschrieben. Die Wirtschaft will den kleineren Gewerkschaften, die als kämpferischer gelten, an den Kragen. Zugleich erhoffen sie sich, dass die größeren DGB-Gewerkschaften dann quasi ohne „Konkurrenz“ gefügiger sind. Streiks von ver.di wie dieses Jahr an den Flughäfen oder letztes Jahr im Öffentlichen Dienst, wo die Streikenden mindestens 200 € Lohnerhöhung verlangt hatten, können die Konzernchefs gar nicht leiden. Wir schon.

Sozial? Unsozial!

Die „Wohltaten“ bei der Rente sind frech. Erst zwingen sie uns die Rente mit 67 auf. Und nun sollen wir schreien vor Glück, wenn wir nach 45 Arbeitsjahren mit 63 oder gar 65 Jahren in Rente gehen dürfen. Die Krankenversicherungs-Beiträge werden für Unternehmen festgeschrieben. Zukünftige Erhöhungen dürfen dann die Arbeitenden bezahlen. Außerdem erwarten uns höhere Beiträge für Pflegeversicherung, Pkw-Maut…

Und was ist mit Steuererhöhungen für die Reichen und die Konzerne? Natürlich nichts! Stattdessen Subventionen oder gar Steuersenkungen…

Eine Große Koalition, die den Wutpegel steigen lässt

Das ist eine Koalition, die in jeder Hinsicht verhindert, dass sich die Lage für Arbeitende und Empfänger_innen von Sozialleistungen verbessert. Mit den wenigen „sozialen“ Krümel sollen wir zufrieden sein. Deshalb war den Spitzenpolitiker_innen auch wichtig, dass die Gewerkschaftschefs die „Fortschritte“ im Koalitionsvertrag preisen. Die Ansage an die arbeitende Bevölkerung lautet schlicht: mehr geht auf keinen Fall. Diese Ansage gilt natürlich nicht für die Unternehmen, die unverfroren sofort Milliardengeschenke einfordern, während sie gleichzeitig Löhne senken, Tausende entlassen und Preise erhöhen.

Wir können uns warm anziehen angesichts dieses Programms. Umso dringender ist es, dass die Arbeitenden ihr eigenes Programm aufstellen und Selbstvertrauen in die eigenen Kräfte entwickeln. In diesem Sinne: Erfolgreiche Streiks wären das beste Weihnachtsgeschenk.