Solidarität mit unseren KollegInnen in Griechenland!

Im Leitartikel unserer Betriebsflugblätter im Wiener Gesundheitsbereich geht es diesen Monat um Griechenland. Tenor: Gegen unsere griechischen KollegInnen dürfen wir uns nicht aufhetzen lassen!

Medien und PolitikerInnen wollen uns gegen unsere KollegInnen in Griechenland aufhetzen und sprechen von den „faulen Pleite-Griechen“. Doch die Realität sieht anders aus. 

Bis vor der Wirtschaftskrise war die Verschuldung Griechenlands nicht anders als die von Großbritannien oder Italien. Dann schnürte auch die griechische Regierung ein Rettungspaket für ihre maroden Banken und verschuldete sich dadurch massiv. Gleichzeitig spekulierten die Finanzmärkte auf die Pleite des kleinen Landes. Eine üble Rolle spielten dabei die so genannten „Rating Agenturen“. Diese Einrichtungen, die von den Banken finanziert werden, können einfach die Kreditwürdigkeit eines Landes herabstufen. Die Kredite werden für das Land dann teurer und die Banken machen mit den höheren Zinsen zusätzliche Gewinne. Und damit die Banken ihre Spekulationen in Griechenland nicht als Verluste abschreiben müssen, haften die Regierungen jetzt mit Steuermitteln. So kommen die europäischen „Hilfspakete“ nie bei der griechischen Bevölkerung an, sondern landen umgehend in den Taschen deutscher oder französischer Banken. „Ich habe keinen einzigen Euro gesehen, das Geld geht sofort an den Schuldendienst“, sagt der Angestellte und linke Aktivist Stefanos Ioannidis Ende Mai im Gespräch mit der RSO.

EU-Spardiktat heißt Verarmung

Was können die ArbeiterInnen, Angestellten und PensionistInnen in Griechenland für die Bankenkrise? Genau gar nichts! Trotzdem müssen sie die Suppe nun auslöffeln und unglaubliche Sparmaßnahmen über sich ergehen lassen. Mittlerweile lebt jede fünfte Person in Griechenland unter der Armutsgrenze. Viele wissen nicht mehr, wie sie ihre Kinder ernähren sollen. „Meine Tochter muss an manchen Tagen ohne Frühstück in die Schule gehen“ sagt Antonis Giatras, ein Arbeitsloser aus Piräus.

Besonders schlimm sind die Einsparungen im Gesundheitsbereich. „Spitäler müssen bereits öfter ihre Arbeit stoppen, einfach weil kein Material mehr da ist. PatientInnen werden auch ersucht, ihr eigenes Bettzeug und ihre eigenen Injektionsnadeln mitzunehmen. Auch Untersuchungen kosten, für ein Röntgen etwa müssen PatientInnen 60 Euro bezahlen“ meint die linke Gewerkschafterin Maria Christofi in einem Interview mit der RSO.

Wen wundert es da, dass immer weniger Menschen die traditionellen Regierungsparteien PASOK (Sozialdemokratie) und Nea Dimokratia (Konservative) unterstützen? Statt dessen bekommen die Parteien, die sagen, sie lehnen das Sparprogramm ab, mehr und mehr Zuspruch. Deswegen behaupten die Medien in Österreich, Griechenland würde von „Euro-Hassern“ ins Chaos geführt werden. Aber Griechenland befindet sich längst im Chaos, verursacht von Banken und EU-Diktat!

Gegen unsere griechischen KollegInnen dürfen wir uns nicht aufhetzen lassen. Es ist offensichtlich, dass die KapitalistInnen und ihre Medien uns spalten wollen – ÖsterreicherInnen gegen GriechInnen. Wenn ihnen das gelingt, funktioniert ihr Spiel im Interesse von Banken und Konzernen. Deshalb sollten wir in Gesprächen am Arbeitsplatz oder unter FreundInnen erklären, worum es bei der Griechenland-Krise wirklich geht und mit den Kämpfen unserer KollegInnen in Griechenland solidarisch sein.

Ihr Kampf ist auch unser Kampf. Wenn die Herrschenden mit ihren Angriffen auf die griechische Bevölkerung durchkommen, werden sie das in einem Land nach dem anderen wiederholen. Am besten können wir den griechischen KollegInnen und uns selbst helfen, wenn wir die europäischen Kämpfe gegen Kürzungen und Einsparungen verbreitern. Wenn wir uns auch wehren und uns – insbesondere am Arbeitsplatz – selbst organisieren.

 

Griechenland: Mythos und Realität

Behauptung: „Die Menschen in Griechenland sind viel fauler als anderswo
Tatsache : Die tatsächliche Wochenarbeitszeit der angeblich „faulen“ GriechInnen lag schon vor der Krise bei 44,3 Stunden – und damit höher als im EU-Schnitt. Das reale Pensionsantrittsalter ist höher als in Österreich.

Behauptung: „In Griechenland haben sie über ihre Verhältnisse gelebt.“

Tatsache : Die Preise sind in Griechenland so hoch wie bei uns. Doch schon vor der Krise mussten die meisten PensionstInnen im Monat mit weniger als 600 Euro auskommen. Heute verdient eine Krankenpflegerin oft nicht mehr als 540 Euro im Monat.

Behauptung: „Die GriechInnen zahlen ihre Steuern nicht.“
Tatsache : Die einfachen Beschäftigten zahlen selbstverständlich Steuern (Lohnsteuer, Mehrwertsteuer…) – sie haben gar keine andere Wahl. Drücken tun sich – wie auch in Österreich – hauptsächlich die Reichen. Z.B. müssen die großen Schiffseigentümer laut Verfassung so gut wie keine Steuern zahlen.  Außerdem horten reiche GriechInnen über 200 Milliarden Euro im Ausland   – mehr als die Hälfte der gesamten Staatsverschuldung!