Filmbesprechung: –„Kriegerin–“

Der Kinofilm „Kriegerin“ handelt von jungen Frauen in der deutschen Naziszene. Der tollen schauspielerischen Leistung der beiden Hauptdarstellerinnen steht ein politisch fragwürdiges Drehbuch gegenüber.

In einer parallelen und miteinander verschränkten Darstellung zeichnet „Kriegerin“ die Geschichte von Einstieg und Ausstieg aus der rechtsextremen Szene. Schauplatz des Films ist eine Kleinstadt in der ostdeutschen Provinz mit Plattenbauten, einem Flüchtlingsheim und alten Männern, die behaupten, „noch immer Marxist“ zu sein. So weit, so klischeehaft.

Zwischen Abscheu und Verständnis

Auf der einen Seite steht die 20-jährige Marisa (sehr gut gespielt von Alina Levshin), die im  Supermarkt ihrer Mutter arbeitet und die Freizeit prügelnd und saufend mit einer Clique an holzschnittartig dargestellten Neonazis verbringt. Die ZuschauerInnen sehen Marisa bei verschwitzen Sex mit ihrem Freund Sandro und Hetzjagden auf MigrantInnen, gleichzeitig aber auch in einfühlsamen Situationen mit ihrem am Sterbebett liegenden Großvater. Die selbsternannte „Nazibraut“ hat sich in der männlich dominierten Fascho-Szene durchaus Respekt erarbeitet, ist andererseits aber auch ihrem stets vorhandenen Sexismus ausgesetzt. Dass man/frau als ZuschauerIn gleichzeitig Abscheu und Empathie für die Darstellerin entwickelt, macht den Film spannend und verhindert ein plumpes Gut-Böse-Schema.

Im Laufe des Films bringt ein Konflikt mit den beiden Brüdern Rasul (Sayed Ahmad Wasil Mrowat) und Jamil, zwei jugendlichen Flüchtlinge aus Afghanistan, Marisas Weltbild ins Wanken. Langsam und widersprüchlich distanziert sie sich von ihrem faschistischen Freundeskreis.

Auf der anderen Seite geht es um die 15-jährige Svenja (Jella Haase) die sich mehr und mehr in der Rebellion gegen ihren patriarchalen Stiefvater versucht, der ihren Taschen durchsucht und sich von ihr anhauchen lässt, um zu kontrollieren, ob sie geraucht hat. Ihr Einstieg ins Milieu der Nazis wird als Ausbruch aus dem kleinbürgerlich-einengenden Elternhaus dargestellt – wohl eine Möglichkeit, sicher aber nicht die einzige.

Rassistisch, das sind die anderen

Von vielen KritikerInnen großer deutscher Medien wird „Kriegerin“ gefeiert. Der Rolling Stone spricht vom „besten deutschen Film seit Jahren“, die Bild findet ihn „sensationell“ und der Spiegel schlägt dem Verfassungsschutz sogar vor, mehr Drehbücher solcher Filme zu lesen, denn „täte er es, hätte er sich von der Mordserie eines 'Nationalsozialistischen Untergrunds' nicht überraschen lassen müssen“.

Doch genau hier liegt, abseits von ein paar unlogischen Wendungen, das politische Problem von „Kriegerin“. Schließlich werden die Nazis im höchsten Maße klischeehaft dargestellt, ganz so, wie es sich der deutsche Durchschnitts-Journalist seit den frühen 1990er Jahren vorstellt. Nazis haben rasierte Köpfe, viele einschlägige Tätowierungen (mit gaaaanz geheimen Codes wie „88“), saufen ständig und geben dümmliche Meldungen von sich. Die Naziszene wird als nicht besonders gut organisiert dargestellt, einzig eine Gottfried Küssel-ähnliche Figur (ein langjähriger österreichischer Nazikader) versucht, gezielte und intensivere Propaganda in der Gruppe zu betreiben. Dass Nazis heute vielfach nicht mehr so aussehen wie im Film und häufig besser organisiert sind, scheint dem Regisseur David Wnendt, der angeblich zwei Jahre lang im Milieu recherchiert hat, entgangen zu sein. So entstehen Szenen, die zwar äußerst packend und actionreich sind, aber nicht unbedingt die Realität widerspiegeln müssen.

Dass der Film die RassistInnen als widerliche subkulturelle Spinner zeichnet, gleichzeitig aber nichts über den alltäglichen Rassismus breiter Teile der deutschen Gesellschaft sagt, macht ihn für das bürgerliche Establishment natürlich äußerst sympathisch. (Er soll auch im Schulunterricht eingesetzt werden). Auf afghanische Flüchtlinge losgehen, das machen nur Nazi-Skinheads, keineswegs aber Boulevardmedien und staatliche Repressionsorgane.

„Kriegerin“ ist gut gespielt, unterhaltsam und fesselnd bis zum Ende. Auch der untypische Blickwinkel auf Frauen als aktive Subjekte in der Naziszene ist wichtig und ein Pluspunkt. Der Film gibt aber kaum Antworten auf die Frage, wie Nazistrukturen heute entstehen, arbeiten und vor allem, in welchem Verhältnis sie zum etablierten Rassismus der Mehrheitsgesellschaft stehen.