Das gesamte rechte Pack ist schuldig!

Der norwegische Faschist Breivik mag ein Einzeltäter gewesen sein. Jetzt wird er für verrückt erklärt, was die Sache natürlich einfacher macht. Doch das politische Klima in Norwegen und Europa bringt solche Figuren erst hervor! Auftakt zu unserer neuen Serie „Rechtsextremismus in Europa“

Das Establishment macht es sich einfach. Handelt es sich um einen faschistischen Einzeltäter wie Anders Breivik in Norwegen oder den Briefbombenattentäter Franz Fuchs in Österreich, wird die jeweilige Person taxfrei für verrückt erklärt (wobei bei Fuchs bis heute nicht klar ist, ob es nicht ohnehin Hintermänner gab). Handelt es sich hingegen um die Tat einer Gruppe, sind es dann „verwirrte Jugendliche“ oder die Tat wird überhaupt entpolitisiert. Doch die Anzahl der TäterInnen ist egal – es ist faschistischer Terror, er ist da und er ist real.

Breiviks Umfeld

Breivik hat sich rechts politisiert in einem Umfeld, wo der Rechtsextremismus immer stärker wurde. Die „Fortschrittspartei“ hält heute in Norwegen bei 23%, von 2001 – 2005 war eine konservative Minderheitsregierung von ihren Stimmen abhängig. Breivik selbst war Mitglied der FrP und offenbar Funktionär ihrer Jugendorganisation. Dann wurde ihm die FrP zu „weich“ und er politisierte sich weiter nach rechts. Es war die klassische Durchlauferhitzer-Funktion, die rechtsextreme Parteien spielen.

Breivik ist nicht der Typ, den das Establishment gern von FaschistInnen zeichnet. Er kann offenbar schreiben und lesen, er kann mit einem Computer umgehen und er kann sich ausdrücken. Also muss er verrückt sein. Es mag tatsächlich sein, dass bei Breivik die eine oder andere Schraube locker ist. Aber wir sollten darüber nicht seine politischen Positionen vergessen.

„Marxist Hunter“

„Marxistenjäger“ stand auf dem Taucheranzug, den Breivik auf dem in vielen Medien gezeigten Bild anhatte, wo er mit Gewehr posierte. Und das hat er dann getan: auf Utøya hat er über eine Stunde lang GenossInnen der sozialdemokratischen Jugend Norwegens gejagt und ermordet.

Dieser faschistische Anschlag ist nur ein besonders erschreckendes Aufflackern einer verdrängten Realität. In ganz Europa werden immer wieder MigrantInnen, Roma/Romnija und Sinti, Obdachlose, JüdInnen, Linke, Schwule und Lesben und andere attackiert und ermordet, die den FaschistInnen nicht zu Gesicht stehen. In ganz Europa brennen regelmäßig Flüchtlingsunterkünfte und gibt es Anschläge auf linke Einrichtungen ebenso wie auf Moscheen oder jüdische Gebetshäuser.

Verantwortlich sind in erster Linie die Täter. Verantwortlich sind die faschistischen Gruppen und Grüppchen, die solche Taten ausführen. Doch verantwortlich sind auch jene, die das politische Klima dafür schaffen.

Einerseits sind das die rechtsextremen Parteien Europas, die Fortschrittspartei in Norwegen genauso wie die SVP in der Schweiz, die FPÖ in Österreich, die Dänische Volkspartei, oder der französische Front National. Der Übergang ist dabei fließend, denn oft sind es ohnehin Mitglieder oder ehemalige Mitglieder dieser Organisationen, die faschistische Gewalttaten begehen – je nach Land mit passiver Duldung oder aktiver Unterstützung der Parteispitze. Und in einigen Ländern sind es natürlich die rechtsextremen oder faschistischen Parteien selbst, die den Terror organisieren, etwa die NPD in Deutschland, Jobbik in Ungarn, Ataka in Bulgarien oder die SRS in Serbien.

Und andererseits sind dafür jene verantwortlich, die ein rassistisches Klima geschaffen haben, in dem solche Parteien sich erst wohl fühlen. Verantwortlich sind jene, die die Festung Europa mit Waffengewalt abschotten, die rassistische Gesetze verabschieden und die den „Krieg gegen den Terror“ führen (mit dem sie einen Krieg gegen die arabisch-stämmige Bevölkerung meinen, aber auch gegen all jene, die linken politischen Widerstand leisten könnten). Und die dafür Verantwortlichen sind klar zu benennen: es sind die sozialdemokratischen und die konservativen Parteien.

Natürlich bilden sich rechtsextreme und faschistische Parteien gerade im Gegenzug zu den Parteien der Linken und der ArbeiterInnenbewegung. Doch war das historisch der Fall gegen Parteien der ArbeiterInnenbewegung, die selbst mehr oder weniger eine systemüberwindende Perspektive hatten. Heute hingegen sind in vielen Ländern sozialdemokratischen Parteien führend beteiligt an der Hetze gegen MigrantInnen – und damit öffnen sie die Tür für ein Klima, das wiederum die extreme Rechte bestärkt.

Der Faschismus steht heue keineswegs vor der Tür – wozu auch, das Kapital braucht keinen Rammbock gegen die Linke, dazu sind wir gesellschaftlich zu schwach. Eine in den großen Betrieben verankerte revolutionäre ArbeiterInnenbewegung existiert in Europa derzeit nur in bescheidenen Ansätzen. Doch ist es durchaus im Interesse der Herrschenden, einen faschistischen Kettenhund zu haben, der das Klima gegen MigrantInnen oder Minderheiten anheizen kann.

Kampf dem Terror von Rechts

Der faschistische Terror ist hart und brutal. Und er verfolgt seit den 1920er Jahren ein klares Ziel: die Straßen zu säubern von all jenen, die den FaschistInnen nicht passen. Und genau das tut Breivik in Norwegen mit seinem Angriff auf ein sozialdemokratisches Jugendlager, das tun die freien Kameradschaften in Deutschland mit ihren Angriffen auf MigrantInnen und Linke, das tut Jobbik in Ungarn mit den Angriffen auf Roma/Romnija und das tut die SRS in Serbien mit dem Angriffen auf die Schwulenparade in Belgrad. Und das ist genau das, was die SA in Deutschland in den 1920er und 1930er Jahren getan hat.

Es gibt keine Gefahr einer faschistischen Machtübernahme. Doch können wir auch ein Klima nicht dulden, in dem solche Übergriffe akzeptiert werden – es gilt, Widerstand aufzubauen. In den Betrieben, in den Stadtvierteln, in den Schulen, auf den Unis. Gegen den Faschismus und für eine sozialistische Gesellschaft jenseits des kapitalistischen Wahns.

Heute ist unsere Trauer bei den Toten in Oslo und Utøya und unsere Solidarität bei den Angehörigen der Toten, den Verletzten und den traumatisierten Menschen. Doch unsere Trauer macht uns nicht blind.

Es gilt die Losung: Kein Vergessen, kein Vergeben!