Und auf einmal ist die Fahrt drei Mal so teuer

Der CAT ist ein Spezial-Zug, der den Flughafen Wien mit der Stadt verbindet. Auf der gleichen Strecke fährt allerdings auch eine „normale“ S-Bahn, doch Hinweise gibt es nur für den teuren CAT. Was dahinter steckt, beleuchten wir anlässlich der beginnenden Reisesaison.

Die S-Bahn Linie 7 ist eigentlich eine sehr praktische S-Bahnlinie. Sie verbindet das Zentrum der Stadt Wien mit den Industriegebieten in Wien-Simmering und dem angrenzenden Niederösterreich, mit dem Wiener Zentralfriedhof, mit dem Flughafen Wien-Schwechat und mit den Gemeinden Hainburg und Wolfsthal in unmittelbarer Nähe zur slowakischen Hauptstadt Bratislava.

Wenn die Bahn zu billig ist …

Die S7 hat allerdings einen Haken. Sie ist eine „ganz normale“ Bahnlinie mit ganz normalen Tarifen. Es ist also ein Fahrschein für zwei Zonen zu entwerten, die Fahrt kostet 3,60 Euro (Kernzone Wien und eine Außenzone). Im internationalen Vergleich ist das sehr wenig, in den meisten anderen Städten kosten die Tickets zum Flughafen 8 – 10 Euro.

Das können wir auch, haben sich also einige findige Köpfe bei der ÖBB und dem Flughafen Wien gedacht … und als Gemeinschaftsprojekt den CAT aus der Taufe gehoben. Einen Zug, der genau die gleiche Strecke vom Flughafen in die Stadt fährt, allerdings um heiße zehn Minuten schneller. Diese ergeben sich schlicht daraus, dass der CAT keine einzige Station zwischen dem Bahnhof Wien Mitte und dem Flughafen anfährt.

Diese zehn Minuten werden dann aber oft sogar locker wieder verloren, denn die S7 fährt in Wien dann auf der Stammstrecke der S-Bahn weiter. Wer also etwa in den Norden von Wien will, verliert sogar diese wenigen Minuten schnell wieder, weil er vom CAT dann ohnehin erst recht wieder auf die S-Bahn umsteigen muss.

Das Ticket für den CAT allerdings kostet neun Euro – also fast das Dreifache gegenüber dem Normalpreis … und zusätzlich muss dann nochmals ein Ticket um 1,80 für die Zone Wien gekauft werden.

TouristInnen und Einheimische werden abgezockt

Seit der Einführung wird der CAT eifrig beworben … und vor allem TouristInnen fallen auf die Abzocke herein, die sich auch aus der eindeutigen Beschilderung am Flughafen (die alle Richtung CAT führt) und teils sogar schon aus Durchsagen im Flugzeug ergibt. Viele glauben, der CAT sei tatsächlich die einzige Möglichkeit, um in die Stadt zu kommen.

Nun wäre es allerdings doch ein wenig auffällig, wenn der CAT vom gleichen Bahnsteig abfahren würde und sich auch ansonsten von einem ÖBB-Zug nicht unterscheiden würde. Also wurden um teures Geld eigene Bahnsteige in Wien-Mitte und am Flughafen gebaut, es wurde eigenes Wagenmaterial angeschafft, eigene Infrastruktur und eine eigene Corporate-Identity kreiert … nicht zu vergessen die teure Werbung, die für den CAT gemacht wird, etwa mit Plakatkampagnen in Wien. Allein die Erst-Projektkosten im Jahr 2004 schlugen mit satten 17,9 Millionen Euro zu Buche.

Nun könnten Ahnungslose der Meinung sein, dass all dieses Geld vielleicht besser in eine Intensivierung der Takte auf der S7 verwendet werden könnte … oder darin, mehr als 20 Jahre nach dem Fall des Stalinismus vielleicht doch endlich die Gleise der S7 auf den fehlenden paar Metern von Wolfsthal zum Bahnhof von Petržalka, den rechts der Donau liegenden Distrikt von Bratislava, zu bauen. Oder gar, um einige Nebenbahnen zu retten, die derzeit der Reihe nach eingestellt werden (aktuell etwa ist die Strecke vom burgenländischen Oberwart ins steirische Friedberg ab 1. August von der Einstellung bedroht). Doch weit gefehlt! Denn damit ließe sich natürlich nicht soviel Geld verdienen.

Betroffen sind Passagiere, AnrainerInnen und Werktätige

Um die Frequenz des CAT zu heben, muss natürlich die S7 unattraktiv gemacht werden. Und so bleibt der Takt der S7 bei 30 Minuten (zeitweise sind es noch mehr), anstatt die Taktung zu verkürzen.

Das ist nicht nur übel für alle, die zum Flughafen wollen oder vom Flughafen nach Wien. Das trifft auch alle, die entlang der S-Bahn-Strecke wohnen oder arbeiten, also etwa alle KollegInnen der Industriebetriebe in Simmering, die KollegInnen der OMV, von Borealis oder des Business Park Concorde.

Der Autor dieser Zeilen hat selbst einmal in einem der Industriebetriebe in Simmering gearbeitet – und bei einem Arbeitsbeginn um sieben Uhr ist es nicht lustig, sich dann nach einem S-Bahn-Takt zu richten, der nur halbstündige Züge vorsieht.

Und wer profitiert davon?

Der CAT ist eine gemeinsame Gesellschaft des Flughafen Wien und der ÖBB und, wobei der Flughafen 51,1 % hält und die ÖBB 49,9%. Der Flughafen Wien gehört zu je 20% den Ländern Wien und Niederösterreich (die somit die Kernaktionäre sind), zu 10% der MitarbeiterInnen-Beteiligungsprivatstiftung und zu 50% verschiedenen Privat-AktionärInnen. Aktien des Flughafens sind dabei durchaus attraktiv – so stieg der Gewinn von 2009 auf 2010 um 3,2 Prozent auf satte 75,7 Millionen Euro.

Die ÖBB gehören als eine Aktiengesellschaft zu 100% der Republik, die ÖBB muss allerdings ähnlich einem privatwirtschaftlichen Unternehmen agieren (und die AG-Form dient natürlich einer zukünftige Teil oder Vollprivatisierung … der rentablen Teile). Und weil die ÖBB von der Regierung zum Profite einfahren und zum Sparen verdammt werden, kommen dann Projekte wie der CAT zustande anstatt eines funktionierenden bundesweiten Bahnnetzes.

Im Wesentlichen cashen bei der CAT-Abzocke also die privatwirtschaftlich geführte ÖBB sowie eine Vielzahl von PrivataktionärInnen. Und da sind da noch das schwarze Niederösterreich und das blassrosa Wien (die Stadt Wien fordert zwar in Sonntagsreden seit Jahren eine Intervallverdichtung, es scheint aber, dass am Montag das Thema dann wiederum nicht ganz so wichtig ist) Nun könnte ja eingewandt werden, dass bei ÖBB, Niederösterreich und Wien wenigstens kein privates Gewinnstreben befriedigt wird sondern das Geld wieder in Infrastruktur zurückübersetzt wird. Doch kann es nicht das Ziel sozialer Verkehrspolitik sein, Intervallverlängerungen und Ticketabzocke umzusetzen.

Alternativen?

Eine schnelle Zugverbindung zwischen Stadt und Flughafen ist natürlich sinnvoll und richtig –es bleibt übrigens auch zu hoffen, dass nun beim Bau des Bahnhof Wien eine intelligente Anbindung zum Flughafen gebaut wird. Auch ein Schnellzug nach Bratislava (inclusive Anbindung an den Low-Cost-Flughafen Bratislava) auf der Verlängerung der S7 mit einigen wenigen Stopps wäre klug. Doch der CAT ist eine reine Abzocke.

„Mit der Gründung des Privatunternehmens CAT, und dem dadurch erfolgten weiteren Schritt zur Aufspaltung der ÖBB, soll der Flughafen ,internationalen Qualitätsstandards entsprechend ´ an Wien angebunden werden. Dies hätte auch einfacher, schneller und vor allem billiger funktionieren können, nämlich mit der Verlängerung der Kernzone 100 von Schwechat zum Flughafen Wien-Schwechat, einer Intervallverdichtung der S7 und einer Tarifsenkung als ersten Schritt zu einem Nulltarif im innerstädtischen Nahverkehr.“ Das schrieben wir bereits 2004 … seitdem wurden überall Nebenbahnen eingestellt, Verkehr von der Schiene auf die Straße verlagert und die ÖBB agieren immer mehr wie ein Privatunternehmen. Es wird endlich Zeit für eine Gegenoffensive im Verkehrsbereich!

 

Zum Weiterlesen:

Zu ÖBB und CAT:

ÖBB: Für besseren Verkehr für alle! (Dezember 2009)

CAT – City Airport Train und die Zerschlagung der ÖBB (Jänner/Januar 2004)

Bahn international:

Deutschland: Warnstreiks der LokführerInnen (März 2011)

Berliner S-Bahn: wie der Kapitalismus Chaos produziert (Januar/Jänner 2011)

Projekt der Herrschenden: Stuttgart 21 (Oktober 2010)

Die Berliner S-Bahnkrise – Privatisierung und KundInnenabzocke (März 2010)

Schweiz: SBB-Cargo: Widerstand gegen Privatisierung  (April 2008)