Berlin: Was Wowereit und Mubarrak gemeinsam haben

Prügelnde Polizisten, verletzte und verhaftete DemonstrantInnen, entsetzte AnwohnerInnen und junge Leute mit unendlicher Wut auf die Umstände in denen sie leben müssen. Am 2.Februar 2011 gleichen sich die TV-Bilder zu ganz unterschiedlichen Anlässen. In dieser Stelle soll mal nicht die Rede von der Revolte in der arabischen Welt sein, sondern von einem Ereignis im Herzen des achso demokratischen und zivilisierten Europas.

Die gewaltsame polizeiliche Räumung des alternativen Hausprojekts Liebig(-straße) 14 in Berlin-Friedrichshain ist mal wieder ein neuer Höhepunkt staatlicher Repression gegen radikale linke politische Strukturen und ein weiter Schritt hin zu sozialen Verdrängung und Gentrifizierung im Berliner „Szenekiez“. Die Liebigstraße 14 wurde wie viele andere Häuser auch im Zuge der Wende 1989/1990 in Ostberlin von Jugendlichen, Künstlern und Arbeitslosen besetzt, die einen Wohn- und Lebensraum schaffen wollten in dem Knebelmietvertäge, staatlicher Verfolgungsdruck und rassistische bzw. sexistische Verhaltensweisen keinen Platz haben sollten. Dass solche Orte im Kapitalismus nicht erwünscht sind konnten ihre MitstreiterInnen aus der Mainzer Straße, der Yorckstarße 59 und vielen anderen kleinen Hausprojekten bereits in den letzten zwei Jahrzehnten am eigenen Leib spüren und nun hat es also auch die BewohnerInnen/AktivistInnen aus der Liebigstraße 14 erwischt. Sie werden nicht die letzten sein. Räumungsklagen laufen bereits genau so gegen die Rigaer Straße 94, die Liebigstraße 34 und noch andere Häuser. Der Klüngel aus PolitikerInnen und InvestorInnen wird nicht Ruhe geben bis jedes Haus in Berlin irgendeinem Miethai gehört und sie werden für dieses Vorhaben auch weiterhin keine Kosten und Mühen scheuen.

Über 2000 (!) PolizistInnen hat der SPD/Linkspartei Senat heute den SpekulantInnen kostenlos zur Verfügung gestellt um ihre Profitinteressen durchzusetzen. Während immer mehr soziale Infrastruktur, vom Kindergarten über das Schwimmbad bis zur Bibliothek, verschwindet oder an SpekulantInnen verscherbelt wird, ist bei den Herrschenden in der Stadt scheinbar nicht nur genug Geld für die Rettung der Berliner Bankgesellschaft da, sondern auch genug um einen Polizeieinsatz zu bezahlen, der einen ganzen Stadtbezirk in ein polizeistaatliches Besatzungsregime a la Kairo oder Tunis verwandelt.

Die Krokodilstränen der LinksparteibürokratInnen braucht man nicht weiter Ernst zu nehmen. Sie haben sich bewusst dafür entschieden dem kapitalistischen System anzudienen und dessen Interessen, wie jetzt in Berlin, notfalls auch mit Gewalt, durchzusetzen.

Für die nun ehemaligen BewohnerInnen der Liebigstraße 14 bleibt, wie für alle von Unterdrückung und Verdrängung betroffenen, nur die Möglichkeit sich selbst zu organisieren. Wenn die immer noch mehrere Hundert Menschen umfassende Häuserszene anfangen würde endlich nicht nur die eigene Subkultur zu mobilisieren, sondern auch soziale Verankerungen in Betrieben und in Stadtteilen außerhalb von Friedrichshain aufzubauen, würde sicher irgendwann nicht nur die Polizeipräsenz auf den Straßen Berlins an Kairo erinnern.

P.S: Weil in den etablierten Medien immer wieder lamentiert wurde, das kein passendes Ausweichobjekt für die Bewohner der Liebigstraße 14 zu finden sei, schlägt der Autor dieses Artikels vor die Parteizentralen von SPD und Linkspartei den BewohnerInnen zur Verfügung zu stellen. Mit Häuserräumungen kennen sich die Herren und Damen vom Senat ja aus. Also warum nicht mal die eigenen Häuser räumen?