Gewerkschaftskundgebung, Blockade des Nazi-Aufmarsches und „revolutionäre Demo“ in Berlin, traditioneller Maiaufmarsch in Wien, Polizeirepression in Zürich. Wir berichten…
Es gab viel zu tun diesen 1. Mai in Berlin. Neben der alljährlichen Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) zum Brandenburger Tor galt es außerdem einen Nazi Aufmarsch in Prenzlauer Berg zu verhindern, um dann nach Kreuzberg zur „revolutionären 1. Mai Demo“ zu fahren.
DGB-Demo und Nazis-Blockieren
Die DGB-Demonstration startete am Wittenbergplatz und war mit höchstens 2000 TeilnehmerInnen erneut kleiner als im letzten Jahr. Trotzdem konnte der „Klassenkämpferische Block“ sich zum letzten Jahr kaum verstärken. Zwar nahmen diesmal auch Mitglieder der „jungen GEW“ (Bildungsgewerkschaft) an diesem Block teil, sodass es von Seiten der Gewerkschaftsbürokratie und der Polizei nicht zu Repressionen kam. Dafür schien es dieses Jahr an einer kämpferischen Stimmung zu mangeln. Der Protest des „klassenkämpferischen Blocks“ richtete sich gegen die arbeiterInnenfeindliche Politik der Gewerkschaftsbürokratie. Stalinistische Organisationen, wie die DKP und ihre Jugendorganisation SDAJ, waren ebenso im Block präsent wie trotzkistische Kräfte, darunter die RSO.
Im Osten der Stadt scheiterten dann am Nachmittag die Nazis an den Blockaden von über 10.000 AntifaschistInnen, darunter die RSO Berlin. Angekündigt waren bis zu 3.000 Rechtsextreme, schlussendlich erreichten jedoch gerade einmal 600 den Demonstrationsstartpunkt an der Bornholmer Straße. Durch die konsequenten Blockaden schafften es die Nazis gerade einmal ein paar hundert Meter zu marschieren. Danach wurde die Demonstration von der Polizei aufgelöst – eine Durchsetzung der ursprünglichen Route hätte eine zu starke Gewaltanwendung erfordert. Nur durch den Druck von der Straße, durch die kollektiven Blockadeaktionen, also konnte die Nazi-Demonstration verhindert werden.
„Revolutionäre Demo“ Berlin
Nach erfolgreicher Blockade beeilten sich viele, möglichst schnell zur „revolutionären Demonstration“ um 18 Uhr zu gelangen. Diese begann mit Rücksicht auf die Blockierenden auch deutlich verspätet. Trotz der Verspätung vieler TeilnehmerInnen und den massiven Vorkontrollen durch die Polizei, konnte die Demonstration unter dem Motto „Die Krise beenden – Kapitalismus abschaffen!“ mehr TeilnehmerInnen als letztes Jahr aufweisen. Bis zu 15.000 demonstrierten, angeführt vom „klassenkämpferischen Block“, an dem sich auch die RSO beteiligte, in Rekordgeschwindigkeit durch Kreuzberg und Neukölln. Eine revolutionäre, auf die ArbeiterInnenklasse bezogene Stimmung war dadurch zumindest an der Spitze deutlich spürbar. Zu Straßenschlachten kam es – im Gegensatz zum letzten Jahr – kaum. Die Polizei hielt sich bis zum Demonstrationsabschluss stark zurück und griff erst am Ort der Abschlusskundgebung die DemonstrantInnen an. Insgesamt blieb es aber weitgehend friedlich und der Demozug deutlich politisch.
Krieg, Krise und Kapitalismus stärkten in diesem Jahr die revolutionären Proteste. Ob sie das Potenzial für eine klassenkämpferische Orientierung erhöhen, ist derzeit allerdings ungewiss. Es muss sich mit dem Schulstreik und der Krisendemo noch herausstellen, ob sich nur die linksradikale Szene stärker mobilisieren konnte oder ob revolutionäre Positionen anschlussfähiger an die Bevölkerung werden.
Demos in Wien
Der Maiaufmarsch in Wien ist traditionell einer der größten in Europa. Rund 50.000 Menschen marschieren an diesem Tag über die Ringstraße. Tatsächlich gibt es in Wien zwei Maiaufmärsche: jenen der Sozialdemokratischen Partei (SPÖ) und im Anschluss daran einen der verschiedenen Organisationen der Linken.
Der absolut überwiegende Teil der TeilnehmerInnen wird von der SPÖ mobilisiert. Die SPÖ spricht von 100.000 Personen (real dürften es bestenfalls 40.000 bis 50.000 sein), die in Sternmärschen aus den Wiener Bezirken in die Innenstadt ziehen. Die Stimmung ist sehr unpolitisch, es gibt keine Sprechchöre, Blaskapellen prägen die Stimmung. Im Herbst sind in Wien Gemeinderatswahlen, daher versuchte SPÖ-Bundeskanzler Faymann, sich am 1. Mai kämpferisch zu präsentieren. Die reale Politik ist natürlich eine andere.
Am „linken“ Maiaufmarsch nahmen insgesamt bis zu 2000 Personen teil, davon rund 500 von der KPÖ, rund 1000 von den verschiedenen Organisationen der türkischen Linken plus einige Organisationen der österreichischen radikalen Linken. Die RSO Wien marschierte gemeinsam mit den GenossInnen der „Vereinigung der jugendlichen Studenten aus der Türkei in Wien“ in einem lauten und kämpferischen Block. In unseren Slogans thematisierten wir die kapitalistische Krise und den Kampf dagegen. Wir riefen auch zur Solidarität mit den KollegInnen in Griechenland auf. Denn es gilt in jedem Land: "Was macht der Regierung Dampf? Klassenkampf! Klassenkampf!"
Repression in der Schweiz
In Basel, Bern, St. Gallen, Winterthur und Zürich gingen am 1. Mai hunderte Menschen auf die Strasse, um ihrem Unmut über die neuerlichen Angriffe im Zuge der Krise (Kürzung der Arbeitslosengelder, Einsparungen im Gesundheits- und Bildungsbereich, Kurzarbeit, Stellenabbau etc.) Ausdruck zu verleihen. In Basel und Bern reihten sich ArbeiterInnen von Clariant Muttenz und der Kartonfabrik in Deisswil, die ihre Jobs zu verlieren drohen bzw. schon verloren haben, in die Demo ein. Beide Belegschaften geben sich noch nicht geschlagen und nutzten die Gelegenheit, auf ihren Kampf für ihre Arbeitsplätze aufmerksam zu machen.
Unter dem Motto "Moneypulation – verlieren wir die Beherrschung" zogen 8000 DemonstrantInnen durch die grauen, verregneten Strassen von Zürich. Viele Familien und Junge, tamilische, kurdische sowie weitere migrantische Organisationen, die Gewerkschaften UNIA, vpod und Syna und viele mehr beteiligten sich an der bunten Demonstration. An die 400 DemonstrantInnen liefen im lautstarken revolutionären Block mit, darunter auch die RSO Zürich.
Getrübt wurde der ArbeiterInnenkampftag in Zürich aber nicht nur durch das nasskalte Regenwetter, sondern auch die ungewöhnlich harte Repression: massive Polizeikontrollen im Anschluss an die Demo, dutzende Rayonverbote und 359 Verhaftungen. Trotz der massiven Polizeikontrollen auf dem Weg zum 1. Mai-Fest und dem revolutionärem Treff diskutierten an diesen beiden Treffpunkten Hunderte bis tief in die Nacht über die Auswirkungen der Krise, ArbeiterInnenkämpfe in der Schweiz und weltweit, die Lage in Griechenland und vieles mehr.