Josef Frey –– Revolutionär und Spitzenfuߟballer

Vielen historisch interessierten Linken in Österreich ist bekannt, dass Josef Frey am Ende des 1. Weltkrieges die Wiener Soldatenräte anführte, dass er dann Vorsitzender der KPÖ und schließlich zur Zentralfigur des österreichischen Trotzkismus wurde. Wenige wissen, dass Frey auch zu den besten Fußballern seiner Zeit gehörte. Josef Frey wurde 1889 in der südböhmischen Industriestadt Strakonitz (Strakonice) geboren und stammte aus einer deutschsprachigen jüdischen Familie. 1907 promovierte er an der deutschen Universität Prag zum Doktor der Rechtswissenschaft, kam zwei Jahre später nach Wien und trat der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei bei. Er galt als „revolutionärer Marxist“ und „Fanatiker des Organisierens“. Vorm 1. Weltkrieg wurde er Redakteur der Arbeiterzeitung (und setzte dort die Einführung einer täglichen Sportrubrik durch).

Revolutionärer Marxist

Mit Kriegsbeginn wurde Frey als Offizier zur Armee einberufen, zuerst im Hinterland, ab 1917 als Frontsoldat in Galizien und Italien. Da er die Schranken zwischen Offizieren und Mannschaften weitgehend ignorierte, wurde er von der k&k-Offizierskaste isoliert. Nach dem Zusammenbruch der Front wurde er in Wien zuerst zum Kommandanten der Roten Garde, dann gründete er in der Roßauer Kaserne das Volkswehrbataillon 42 „Frey“.

Von der sozialdemokratischen Parteiführung wurde Frey der Posten des Wiener Polizeipräsidenten angeboten. Frey stellte unter anderem die Bedingung, dass er die alten k&k-Polizisten durch einige Tausend bewaffnete Arbeiter zu ersetzen. Das kam einer Ablehnung gleich, denn die auf das Einschläfern der revolutionären Nachkriegsstimmung ausgerichtete Parteiführung wollte davon natürlich nichts wissen. Frey schloss sich schließlich mitsamt der von ihm geführten „Sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft Revolutionärer Arbeiterräte“ (SARA) im Januar 1921 der KPÖ an.

Die KPÖ hatte bis dahin eine oftmals ultralinke Politik betrieben und sich sozial vor allem auf kleine Gruppen von Intellektuellen und Arbeitslosen gestützt. Mit Frey kamen erstmals größere Gruppen von BetriebsarbeiterInnen in die KPÖ. Auf Drängen von Frey wurde die in der Kommunistischen Internationale bereits übliche Einheitsfrontpolitik auch in der KPÖ durchgesetzt. Frey wurde zum Vorsitzenden des Politbüros der KPÖ. Mit der Bürokratisierung der Sowjetunion und der Komintern wurde Frey in der KPÖ nach zwei Jahren aber wieder an den Rand gedrängt. Von 1923 bis 1925 war Frey schließlich für den sowjetischen Militärgeheimdienst in Deutschland, Frankreich und der Tschechoslowakei tätig.

Ab Mitte/Ende 1926 organisierte Frey dann in der KPÖ eine Oppositionsströmung gegen die stalinistische Bürokratisierung von Partei und Komintern. Das brachte Frey und seine AnhängerInnen immer mehr in Richtung Trotzkismus. Im Januar 1927 wurden die Oppositionellen schließlich ausgeschlossen und gründeten im Mai die „KPÖ (Opposition)“, die sich zuerst einmal – so wie die TrotzkistInnen international – auf eine Reform der Komintern orientierte. Während die stalinistische KPÖ damals etwa 3.000 Mitglieder hatte, zählte die KPÖ (O) etwa 650 Mitglieder, davon etwa 300 in Wien und etwa 200 in der Steiermark, hauptsächlich ArbeiterInnen der ehemaligen Frey-Fraktion.

In den Folgejahren wurde die KPÖ (O) geschwächt. 1933 wurde parallel zur KPÖ auch die KPÖ (O) mit ihrem Organ, der Arbeiter-Stimme, die bereits vorher von weißen Zensurflecken übersät war, verboten. Eine Woche nach den Februarkämpfen der österreichischen ArbeiterInnenklasse gegen die Dollfuß-Diktatur gründete Frey noch im Februar 1934 bei einem konspirativen Treffen am Kahlenberg den „Kampfbund zur Befreiung der ArbeiterInnenklasse“. Es gelang ihm, ganze Gruppen von Schutzbundkämpfern für die neue Organisation zu gewinnen. Frey war ein ausgezeichneter Redner und zeigte großes Geschick, ArbeiterInnen theoretische Zusammenhänge zu erklären.

Die AktivistInnen des Kampfbundes, mehrheitlich männliche Industriearbeiter, waren im Widerstand gegen den Austrofaschismus und gegen das NS-Regime tätig. Dass der österreichische Trotzkismus den NS-Terror mit weit weniger Opfern überlebte als etwa der deutsche und – zur Überraschung der internationalen Führung – nach Kriegsende 194 Organisierte umfasste, war wesentlich den organisatorischen und konspirativen Fähigkeiten zu verdanken, die Frey „seiner“ Organisation vermittelt hatte. Frey selbst musste als bekannter Kommunist jüdischer Herkunft im Frühjahr 1938 Österreich verlassen. Er lebte danach in Zürich, wo er am Aufbau trotzkistischer Organisationen maßgeblich mitarbeitete und wo er 1957 starb.

Spitzenfußballer

Weniger bekannt ist Freys Karriere als Fußballer in Spitzenteams der damaligen Zeit. Frey war bereits als Jugendlicher und junger Mann sport- und insbesondere fußballbegeistert. Nach dem Abschluss seines Studiums 1907 und seiner Übersiedlung nach Wien spielte er als „rechter Mittelläufer“ (so die damalige Bezeichnung) beim WAC. Die Fußballabteilung des „Wiener Athletiksport Club“ (WAC) war bereits 1897 ins Leben gerufen worden. Der WAC war aber nicht nur einer der ältesten Fußballvereine Wiens (und Österreichs), sondern auch einer der besten, der eine Reihe der damals bestehenden Bewerbe gewann.

Im Sommer 1910 war beim WAC freilich eine folgenschwere Krise ausgebrochen, bei der Josef Frey eine entscheidende Rolle spielte. Ausgelöst wurde die Krise durch eine drittrangige Frage, nämlich ob die Spieler zu einem Freundschaftsmatch beim GAK in Graz mit der 2. oder 3. Bahnklasse anreisen sollten. Der eigentliche Hintergrund war aber, dass die Angehörigen der Fußballsektion von der Vereinsleitung nicht länger als „Sportler zweiter Klasse“ eingestuft und behandelt werden wollten. Unter der Führung von Frey forderten die Spieler Stimmrecht in der Generalversammlung, Anteil an der Klubverwaltung und Wahl des Sektionsleiters durch die Mannschaft. Als das von der „korrupten Vereinsführung“ des WAC abgelehnt wurde, trat – auf Initiative von Frey – im September 1910 fast die gesamte Kampfmannschaft aus dem WAC aus.

Während der WAC später einmal, nämlich 1915, die Fußballmeisterschaft gewann und sich seine Fußballabteilung in den 1960er Jahren in den FK Austria Wien hinein auflöste, gründeten die WAC-Sezessionisten um Frey einen neuen Verein: den „Wiener Association Footballclub“ (WAF), der in der Folgesaison zu den zwölf Gründungsmitgliedern der ersten offiziellen österreichischen (damals rein Wiener) Fußballmeisterschaft gehörte. In dieser ersten Meisterschaft 1911/12 erreichte der WAF (nach SK Rapid und Wiener Sport-Club, aber noch vor dem WAC) den dritten Platz. 1914 wurde der WAF österreichischer Fußballmeister, 1923 Cupsieger (danach begann ein Abstieg in untere Ligen bis zur Vereinsauflösung 2004).

Als der WAF Meister wurde, war Frey allerdings nicht mehr dabei. Er hatte nämlich zum DFC Prag gewechselt. In Prag gab es neben den beiden tschechischen Clubs AC Kralovske Vinohrady (später als Sparta Praha berühmt) und SK Slavia Praha auch den Deutschen Fußball-Club Prag (DFC), der bereits 1896 von deutschnational gesinnten Juden gegründet worden war. Der DFC nahm jahrelang, obwohl in Österreich-Ungarn ansässig, an der Fußballmeisterschaft des Deutschen Reiches teil und stellte den ersten Präsidenten des Deutschen Fußballverbandes (und wurde 1903 sogar deutscher Vizemeister). Ab 1904 galt dann europaweit das Prinzip „Ein Land, ein Verband“ und der DFC trat nun vor allem gegen österreichische und ungarische Teams an. Der DFC Prag blieb aber bis in die 1920er Jahre, also auch in den Jahren, in denen Frey beim Verein spielte, eine der führenden Mannschaften des europäischen Fußballs.

Der DFC Prag war dabei Freys vorletzte sportliche Station. Als Ende April 1913 eine Wiener Fußballauswahl gegen das Team der ungarischen Reichshälfte am WAC-Platz im Wiener Prater eine demütigende 1:4-Niederlage erlitt, entschieden sich die Wiener Fußballfunktionäre, nun auch endlich – wie in den meisten europäischen Ländern längst üblich – einen Trainer, der über die Aufstellung entscheiden konnte, einzuführen. Zum ersten non-playing Verbandskapitän, wie der Trainer damals genannte wurde, wurde der – wie Frey aus einer deutschsprachigen jüdischen Familien aus Böhmen stammende – langjährige Schiedsrichter und spätere „Vater des Wunderteams“ Hugo Meisl. Er bekam ein so genanntes Dreier-Komitee (heute würde man/frau wohl von Co-Trainern sprechen) zur Seite gestellt; das waren Dionys Schönecker vom SK Rapid, Paul Fischl von DFC Prag und eben Josef Frey.

Freys Co-Trainer-Funktion bei der österreichischen Nationalmannschaft endete mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges und seiner Einberufung zum Militär. Von nun an und für die weiteren Jahrzehnte seines Lebens trat für Frey, der auch während seiner Zeit als Fußballer immer politisch aktiv war, noch stärker der Kampf für eine revolutionäre Überwindung des Kapitalismus in den Vordergrund.