Von Kyoto bis Kopenhagen: Kapitalismus ist kein Klimaschutz

 

Im Kapitalismus ist kein nachhaltiger Klimaschutz möglich. Der Klimawandel ist stark mit der kapitalistischen Wirtschaftsweise verwoben, genau diese wird aber in Kopenhagen nicht in Frage gestellt. Stattdessen wird dort der „Klimaschutz“ profitbringend in den kapitalistischen Markt eingebunden. Die entstehenden Kosten werden auf die Lohnabhängigen abgewälzt, die ergriffenen Maßnahmen verschärfen soziale und ökonomische Ungleichheiten.

Klimapolitik reloaded

Am 7. Dezember hat in Kopenhagen die 15. Klimawandel Konferenz der Vereinten Nationen begonnen, die so genannte „Konferenz der Vertragsparteien“ (Conference of the Parties – COP) der UN Klimawandel Rahmenkonvention. Dieses Jahr geht es insbesondere darum, zu einem Folgeabkommen für das Kyoto-Protokoll mit seiner Laufzeit bis 2012 zu gelangen. Die Verhandlungen werden, ähnlich den 14 vorangegangenen Konferenzen, darum geführt, wie mit den Mitteln des Systems, das den Klimawandel verursacht hat, der Klimawandel bekämpft werden kann. Wenn seit 30 Jahren, nämlich seit der ersten Weltklimakonferenz 1979, ein schon damals als „dringend zu lösend“ bezeichnetes Problem sich immer weiter zuspitzt, drängt sich der Gedanke auf, dass in diesem Prozess mit den falschen Mitteln gegen den Klimawandel vorgegangen wird. Ob Kyoto, oder Kopenhagen – falsch bleibt falsch!

Das lukrative Business des „Cap and Trade“

Zentraler Mechanismus ist dabei vor allem das so genannte “cap and trade”, also das Begrenzen (oder Deckeln = cap) von Emissionen und der Handel mit Emissionsrechten (trade). Den „Deckel“ bildet in diesem Fall das mit dem Kyoto-Protokoll vereinbarte Ziel, die Treibhausgasemissionen der industrialisierten Länder bis 2012 im Durchschnitt um 5,2% gegenüber dem Niveau von 1990 zu senken. In Kopenhagen steht die weitere Reduktion der Treibhausgasemissionen zur Debatte. Diese bis 2050 um 85% zu reduzieren, wäre zur Eindämmung des Klimawandels unabdingbar. Allerdings ist eine vertragliche Einigung auf dieses Ziel angesichts der Tatsache, dass viele Länder ihre Emissionsziele schon in dieser Periode (also bis 2012) nicht erreichen werden, kaum zu erwarten.

Dabei entspricht die weitere Reduktion der Emissionen durchaus den Interessen bestimmter Kapitalgruppen, für die dadurch ein Absatzmarkt für sogenannte grüne Technologien geschaffen wird. Dass Angela Merkel mittlerweile medial den Ruf einer Klimaschützerin genießt, ist aus ihrem Einsatz für die deutsche Exportwirtschaft und nicht für den Umweltschutz zu erklären. Grüne Technologien werden für Deutschland in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, seine Rolle als Exportweltmeister aufrechtzuerhalten. Siemens macht in diesem Bereich heute schon über 20 Milliarden Euro Umsatz jährlich. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit ‚ökologischem‘ Wirtschaftswachstum und ‚grünem’ Kapitalismus findet sich in unserem Artikel „Grüner Kapitalismus: Utopie oder bald Realität? “.

Als Mittel, um diese Reduktionsziele („cap“) zu erreichen, sieht das Kyoto-Protokoll einen milliardenschwereren Markt („trade“) für Treibhausgasemissionen vor. Dieser beruht auf Regulierungen, die das Ziel, Emissionen zu reduzieren, teilweise direkt konterkarieren. Statt ihren eigenen Reduktionsverpflichtungen nachzukommen, können Unternehmen Investitionen in weniger industrialisierten Ländern tätigen. An ausgewählte Unternehmen werden kostenlos Emissionszertifikate verteilt. Letzteres führte in der EU, in der der Emissionshandel ja bereits seit 2005 besteht, im ersten Jahr dazu, dass mehr Zertifikate über Emissionsrechte verteilt wurden, als überhaupt Treibhausgase emittiert wurden. Der Handel mit den Emissionszertifikaten wird dabei über Börsen abgewickelt, an denen BrokerInnen durch geschicktes Kaufen und Verkaufen von Zertifikaten hohe Gewinne erwirtschaften. Diese Spekulation führt dazu, dass der Preis von Emissionszertifikaten starken Schwankungen unterworfen ist.

Der vom Kyoto-Protokoll angestrebte längerfristige Preisanstieg, der Anreiz für Emissionsreduktionen sein soll, kommt so nicht zustande. Das Risiko des Platzens dieser Spekulationsblase, das nicht nur für die Finanzwelt, sondern für das Klima verheerende Folgen hätte, wird von den herrschenden Klassen wissentlich in Kauf genommen. Das trifft umso mehr zu, da auch die sogenannte „produktive Wirtschaft“ von dieser Regelung profitiert. Sämtliche stromerzeugende Firmen haben die Kosten für Emissionszertifikate direkt an ihre KundInnen weitergegeben. In Kopenhagen steht zwar die konkrete Ausgestaltung des „cap and trade“ zur Debatte, nicht aber dieses System an sich: Wer sollte schon an einem so profitablen Marktsegment etwas substantiell ändern wollen?

Die Suche nach den Schuldigen

Den industrialisierten Nationen gelingt es, davon abzulenken, dass sie ihre eigenen Verpflichtungen zur Reduktion von Emissionen nicht erfüllen, indem sie auf die anwachsenden Emissionen in ärmeren Ländern hinweisen. Das Kyoto-Protokoll, das von 189 Ländern (unter ihnen nicht die USA) ratifiziert wurde, sah bislang die verbindliche Reduktion von Emissionen für die so genannten „Annex 1“, also die industrialisierten Länder vor, die historisch betrachtet für den Großteil der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Insgesamt wurden etwa 75% der Treibhausgasemissionen in Europa und Nordamerika verursacht (s. Grafik). Doch dass die ökonomisch weniger entwickelten Länder weiterhin ein Anwachsen ihrer Treibhausgasemissionen verzeichnen dürfen, während sie Reduktionen umsetzen sollen, sorgt bei den VertreterInnen der industrialisierten Länder zunehmend für Unmut.

Emittierte Tonnen Kohlenstoffdioxid nach Regionen aufgeschlüsselt Quelle: Oakridge National Laboratory

 

Gerade China wird immer wieder als “Emissions-Monster” dargestellt: Seine Treibhausgasemissionen haben sich seit 2001 verdoppelt, die größte Bevölkerung der Welt wächst weiterhin, und auch der Energieverbrauch pro Kopf steigt an, das Angebot wird dabei größtenteils mit Hilfe von immer neuen Kohlekraftwerken sichergestellt. Doch fast die Hälfte des Anstiegs der Treibhausgasemissionen, den China seit 2002 verzeichnet, ist auf die Produktion von Gütern für den Export zurückzuführen – die importierenden Nationen lagern also quasi ihre Emissionen nach China aus. Darüber hinaus ist ein großer Teil des steigenden Energiebedarfs mit den Investitionen multinationaler Unternehmen verbunden. Es lässt sich also keineswegs belegen, was von Politik und Medien gerne behauptet wird – dass das Wachstum der chinesischen Emissionen auf die zunehmende Bevölkerung und den veränderten Lebensstil einer sich ausdehnenden Mittelschicht zurückzuführen sei. Stattdessen ist es die Aktivität der KapitalistInnen im In- und Ausland, die diesen Prozess antreibt.

Darauf, dass es global vor allem die Länder des Südens sind, die besonders stark unter den Folgen des Klimawandels leiden, wird inzwischen auch medial immer wieder hingewiesen. Dass aber auch in den industrialisierten Ländern des Nordens insbesondere die ärmeren Schichten betroffen sind, hat 2005 Hurrikan Katrina gezeigt. Von fehlgeschlagenen Evakuierungen über mangelnde Versorgung in den Notunterkünften bis hin zu gesundheitlichen Folgeproblemen und den Mangel an finanziellen Rücklagen, um die erlittenen Verluste kompensieren zu können, waren es die ärmeren BewohnerInnen der US-amerikanischen Südstaaten, die überdurchschnittlich schwer an den Folgen dieses tropischen Wirbelsturms litten und auch heute noch leiden.

Der Wald stirbt, das Klima kollabiert… alles nur Umwelthysterie?

Dabei dürfen Extremwetterereignisse wie der Wirbelsturm Katrina jedoch nicht als Aneinanderreihung von bekämpfbaren Einzelphänomenen verstanden werden. In seiner Dimension und seinem zerstörerischen Potenzial unterscheidet sich der Klimawandel maßgeblich von bisherigen Umweltproblemen. Umweltverschmutzung und die Übernutzung von Ressourcen sind historisch gesehen nichts Neues in der Menschheitsgeschichte. Vielen sind die Horrormeldungen über das Waldsterben und die drohende Wasserverschmutzung in Erinnerung. Ist die Klimakrise als ähnlich bewältigbar einzuschätzen? Zur Klärung dieser Frage wollen wir uns um einen geschichtlichen Rückblick bemühen.

Schon JägerInnen und SammlerInnen haben ihre unmittelbare Umgebung lokal verschmutzt und übernutzt, woraus sich auch ihr Nomadismus erklären lässt. Außerdem kam es immer wieder zu Massensterben von unzähligen Tierarten. Ergebnisse aus jüngeren Studien weisen darauf hin, dass vor allem der Mensch für das Aussterben zahlreicher Säuger und Reptilien vor Tausenden von Jahren verantwortlich gewesen sein dürfte. Mit der neolithischen Revolution, die vor ca. 10.000 Jahren begann, entwickelte sich die Landwirtschaft, die Menschen wurden sesshaft. Damit bekamen jedoch auch die Umweltprobleme eine neue Qualität. Dank der aufkommenden Landwirtschaft konnten immer mehr Menschen ernährt werden. Gleichzeitig musste der Wald aufgrund der neuen Produktionsweise vielerorts Ackerland weichen. Besonders deutlich sind die Folgen der Entwaldung im Mittelmeerraum zu erkennen. 100 v. u. Z. beschrieb der griechische Geograph Strabon die Landschaft Spaniens so: „Ein Eichhörnchen kann durch die Baumwipfel von den Pyrenäen bis nach Gibraltar hüpfen, ohne dass es den Boden berühren muss.“ Durch Viehzucht, Schiffsbau und in weiterer Folge Bodenerosion, kam es jedoch dazu, dass in großen Teilen des Mittelmeerraums der Wald fast gänzlich verschwand.

Was macht das Waldsterben eigentlich heute?

Mit dem Entstehen des Kapitalismus und der Industrialisierung stieg das gesellschaftliche Potential die Umwelt zu schädigen. Kommen wir nun auf die eingangs genannten Bereiche zurück. Sowohl beim Waldsterben der 1980er Jahre, das v.a. durch sauren Regen und den Ausstoß von Stickoxiden ausgelöst wurde, zeigte sich, dass relativ leicht auf diese Probleme reagiert werden konnte: Der Ausstoß von Schwefeldioxid wurde beschränkt, Filter wurden eingebaut, und v.a. durch den Einsatz von Katalysatoren konnte der Stickoxidausstoß reduziert werden. Der Wald erholte sich und breitet sich derzeit sogar wieder aus. Auch bei der Wasserverschmutzung konnten die Betroffenen und VerursacherInnen der regional auftretenden Umweltprobleme an einen Tisch gebracht und Lösungen erreicht werden. Der Klimawandel in den konkreten kapitalistischen Zusammenhängen weist jedoch keine derartig leichte Lösbarkeit auf.

Der kapitalismusgemachte Klimawandel

Die Emissionen von Treibhausgasen, die auf menschliche Aktivitäten, insbesondere die Verbrennung fossiler Energieträger, zurückzuführen sind, führen zu globaler Erwärmung. Darauf haben die US-amerikanischen Wissenschaftler Roger Revelle und Hans Suess schon in einem 1957 veröffentlichten Artikel hingewiesen. 1979 fand die erste Weltklimakonferenz statt. Doch wo stehen wir nach über 50 Jahren wissenschaftlicher Forschung und 30 Jahren internationaler politischer Aktivität? Nicht nur zeichnet sich keine Lösung des Problems des Klimawandels ab, die Situation hat sich sogar noch drastisch verschärft. Das liegt vor allem daran, dass die Treibhausgasemissionen, die zum Klimawandel führen, ganz maßgeblich vom Kapitalismus angetrieben werden.

Die Möglichkeiten, Treibhausgase in die Atmosphäre zu emittieren, ohne dass dadurch schwerwiegende Folgen für menschliche Gesellschaften entstehen, sind begrenzt. Gleichzeitig ist das kapitalistische Wirtschaftssystem auf unbegrenzte Wachstumsmöglichkeiten angewiesen. In diesem Rahmen ist gerade die Generierung von Elektrizität und Treibstoffen aus fossilen Energieträgern ein hochprofitables Unterfangen: Durch den Verkauf von Produkten aus der Ölraffinerie werden jährlich über 1000 Milliarden US $ Gewinn erwirtschaftet – das entspricht dem Volumen des „Krisenrettungspakets“, das von den G20 im Frühjahr dieses Jahres beschlossen wurde.

Dass es ausgerechnet die Verbrennung fossiler Energieträger ist, die die kapitalistische Wirtschaftsweise antreibt, ist kein Zufall. Aufgrund ihres punktuellen Vorkommens in der Erdkruste und aufgrund des stark zentralisierten Energiesystems, in dem sie zum Einsatz kommen, sind Aneignung von und Zugang zu fossilen Energieträgern in hohem Maße kontrollierbar. Diesen Vorteil bietet z.B. die Solarenergie nicht, und angesichts der Tatsache, dass die Photovoltaik, also das Prinzip der Erzeugung von elektrischem Strom aus Sonnenenergie, bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entdeckt wurde, ist auch die Erklärung, dass die Entwicklung dieser Technologie „noch Zeit“ brauchen würde, wenig plausibel. Denn Zeit hätte es dafür in etwa so viel wie für die Entwicklung von Kohlekraftwerken gegeben. Ein relevanter Ausbau alternativer Energien müsste einhergehen mit einer Dezentralisierung des Energiesystems, die sicherlich nicht im Interesse der großen Stromkonzerne oder der ihre jeweiligen Wirtschaftsstandorte schützenden Regierungen ist. Genauso wenig werden massive Einsparungen bei den hochprofitablen fossilen Energieträgern durchzusetzen sein. Dabei wären eben diese drei Punkte – der Ausbau der erneuerbaren Energien, die Dezentralisierung des Energiesystems und massive Einsparungen – Grundbedingungen für ein Eindämmen des Klimawandels.

Klimaschutz muss antikapitalistisch sein

Von der internationalen Klimapolitik ist demnach nicht viel zu erwarten. Ein wichtiges Ziel der Klimabewegung abseits der Tagungsstätten muss daher die Forderung einer klaren Alternative abseits von Kyoto und Kopenhagen sein. Wie bereits oben erwähnt, bieten solche Protokolle keine adäquaten Antworten auf die Klimakrise. Ebenso wird die mediale Aufmerksamkeit auf dieses Umweltproblem von den herrschenden Klassen dazu genutzt werden Klimasteuern einzuführen und auf die Verantwortung Einzelner zu pochen. Dabei muss klar sein, dass der Klimawandel Folge eines strukturellen Problems des Kapitalismus ist. Wenn ökologisch und sozial auf die Herausforderung Klimawandel geantwortet werden soll, dann ist das ohne Systemwechsel nicht möglich. Denn das kapitalistische System besitzt zwei strukturelle Grundübel, die der Lösung eines so komplexen Phänomens wie des Klimawandel diametral entgegenstehen: Die dem Kapitalismus inhärente Profitlogik und die Konkurrenz der KapitalistInnen machen einen verantwortungsbewussten Umgang einer Gesellschaft mit natürlichen Ressourcen unmöglich. Hinzu kommt, dass das System ohne quantitative Wachstumsmechanismen nicht auskommt – und in diesem Prozess spielt die Produktion von Treibhausgasen eine zentrale Rolle.

Dabei liegen die Vorteile auf der Hand, die ein planvoller Umgang mit der Umwelt brächte. Würden die Produktionsmittel unter der Kontrolle der ProduzentInnen stehen, wäre es möglich, nicht mehr für Profite, sondern bedürfnisorientiert zu wirtschaften. Ein demokratischer Plan würde die Bedürfnisse erheben und den dafür benötigten Mitteleinsatz abschätzen. Auf dieser Basis könnten die notwendigen Eingriffe in die Natur planvoll umgesetzt werden. Natürlich würde dann auch das derzeitige Wachstum um des Wachstums willen einem planvollen Umgang mit Ressourcen und Bedürfnissen weichen müssen. Bestimmte Wirtschaftszweige werden dann einfach nicht mehr notwendig sein.

Die Waffen- und Rüstungsindustrie ist dafür ein gutes Beispiel. In diesem Wirtschaftszweig haben die 10 größten Unternehmen im Jahre 2007 Produkte im Wert von 323 Mrd. US Dollar verkauft und fast eine Million Menschen beschäftigt! Ein anderer Wirtschaftszweig, der nicht mehr gebraucht werden wird, ist der ebenfalls gigantische Bereich der Werbung. Nach Angaben des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft beliefen sich Im Jahre 2007 die Ausgaben für Werbung allein in Deutschland auf 30,78 Mrd. Euro! Hinter diesen ökonomischen Kennzahlen stehen immenser Ressourcenverbrauch und der verhinderbare Ausstoß von Treibhausgasen.

Eine sozialistische Gesellschaft wird wohl über andere Mechanismen verfügen, um die wirklichen Bedürfnisse und Interessen zu erheben als die kapitalistische Gesellschaft, in der die Werbung nicht der Befriedigung realer Interessen dient, sondern der Befriedigung der Gier nach Profit! Wie eine bedürfnisorientierte Produktion in den letzten Details aussehen könnte, ist heute zwar nicht beantwortbar, doch kann davon ausgegangen werden, dass sich ein radikaler Wandel in Konsumtionsmustern ergeben wird.

Der Verkehr ist ein weiterer großer Sektor, in dem eine Revolutionierung eine gesellschaftliche Notwendigkeit sein wird. Ein kostenloses öffentliches Verkehrsnetz muss massiv ausgeweitet werden. Aber auch der derzeit existierende globale Handel von Produkten muss neu gestaltet werden. Weltweiter Transport von Gütern wird natürlich auch in einer sozialistischen Gesellschaft existieren, nicht nur, weil er ein Ausdruck einer weltweiten Gesellschaft sein wird, sondern auch, weil er theoretisch eine Produktion dort ermöglicht, wo sie mit den geringsten Umweltauswirkungen bewerkstelligt werden könnte. Doch entsteht heute der überwiegende Teil der Warenströme aufgrund von rein ökonomischen „Standortvorteilen“, die nicht der Gesellschaft zugute kommen, sondern den Profitbedürfnissen einzelner Konzerne dienen. Durch die Auslagerung von Produktion (?) – z.B. um Standortvorteile zu lukrieren – wird der Güterverkehr potenziert, ohne dass dadurch ein Nutzen für die Allgemeinheit entstünde. So wird heute die Produktion weltweit oft nur deshalb verschoben, um von Lohnunterschieden, Subventionen oder Steuervorteilen zu profitieren.

Ungeachtet des Ausgangs der Klimakonferenz kann wohl die Vorhersage gewagt werden, dass unter dem Deckmantel der Rettung der Umwelt und der Begrenzung des Klimawandels zu Angriffen auf die Lohnabhängigen kommen wird, die die ökonomische und soziale Ungleichheit weltweit nur noch weiter verschärfen wird. Nicht bieten kann der Kapitalismus aber die nötigen Antworten auf die Klimakrise. Die bereits spürbaren Auswirkungen des Klimawandels werden zunehmen. Den kommenden Angriffen gilt es eine klare antikapitalistische, revolutionäre Antwort entgegenzustellen.

Die Versuche vieler Umwelt-NGOs, sofern sie überhaupt einen umfassenderen Anspruch hatten, durch Lobbying-Arbeit bei Regierungen und Unternehmen ein grundsätzliches Umschwenken in der Klimapolitik zu erreichen, sind gescheitert. Die Klima-Konferenz in Kopenhagen wird das Papier nicht wert sein, auf dem die Abschlussdokumente gedruckt wurden. Denn die Existenz des Kapitalismus ist keine Wirtschaftsweise, die die Bedürfnisse der breiten Massen auf der Basis eines nachhaltigen, die Ressourcen schonenden Umgangs mit der Natur befriedigen könnte. Die Perspektive kann daher nur in einer radikalen Verbindung ökologischer und sozialer Forderungen als Gegenstand gemeinsamer antikapitalistischer Bewegungen liegen.

Dezember 2009