Seit Wochen Generalstreik auf der franzöischen Karibikinsel Guadeloupe. Teile des öffentlichen Lebens werden vom Streikkomitee organisiert. Wir bringen hier einen Bericht von Lutte Ouvrière, deren Schwesterorganisation Combat Ouvrière im Streik eine wichtige Rolle spielt.
Guadeloupe: Der Streik verhärtet sich und die Mobilisierung weitet sich aus (aus Lutte Ouvrière vom 20. Februar 2009)
Der Streik auf Guadeloupe ist total. Die Gruppen Hayot und Despointes (letzterer ist der Autor der jüngsten rassistischen Erklärungen) haben versucht, die Carrefour-Warenhäuser von Milenis und Destreland unter dem Schutz der Polizei und mit der Hilfe von Leiharbeitern zu öffnen. Manchmal fordern gewisse Unternehmer, dass diese Leiharbeiter vor Ort schlafen. Aber tatsächlich erreichen sie es nicht.
Überall gibt es Streikposten vor den Betrieben, die von den Durchfahrtsstraßen aus sichtbar sind. Die Streikenden stehen da wachsam oder sie spielen Karten vor den Betrieben.
Die streikenden Arbeitenden haben die Macht genommen, einige Betriebe zu schließen oder öffnen, wenn sie es wollen, und wenn das notwendig ist, um die Bevölkerung zu versorgen. So haben zum Beispiel die CGTG(1)- Arbeiter von der SARA (Raffinerie der Antillen AG) angenommen, die Gasflaschen liefern zu lassen (es gibt kein Stadtgas auf Guadeloupe). Vorige Woche haben die Streikenden die Tankstellen während drei Tagen geöffnet, um die Versorgung zu erlauben. Aber sie haben auch benachrichtigt, dass es ab Montag noch einmal blockiert wird. Auf dem gestreikten Hafen lassen sie nur die Notversorgungscontainer durch, wie zum Beispiel das medizinische Material.
Auf dem Flughafen werden die Flugzeuge verpflichtet, sich auf den Nachbarinseln wie Saint-Martin, Puerto Rico oder Antigua zu versorgen.
Im Augenblick funktioniert nichts außer der Strom- und Wasserversorgung, mit kurzen abwechselnden Stromabschaltungen. Auf dem Niveau des LKP (2) und unter den Streikenden der Wasserversorgungsgesellschaft wurde jedoch diskutiert, das Wasser nicht abzuschalten, zumal die Stadtarbeiter streiken und die Müllabfuhr nicht mehr funktioniert, was einen Gestank um die überladenen Restmülltonnen herum verursacht. Das LKP und die Streikenden beginnen dieses Problem zu studieren, um die von der Bevölkerung vertragenen Umweltbeeinträchtigungen einzuschränken.
Schließlich ermutigt die Bevölkerung überall die Aktivisten. Die Leute sagen ihnen „Danke, danke dafür, was ihr für uns macht“, „Schließlich hat man die Einheit verwirklicht“. Während einer Karawane, die Ende letzter Woche durch alle Gemeinde gezogen ist, applaudierte und gratulierte die Bevölkerung den Aktivisten des LKP, die mit ihnen in Gruppen von zwei Hunderten Menschen in jeder Zone sprachen.
Dann haben selbstverständlich die offiziellen Vertreter der Verwaltung und die gewählten Vertreter ihre Empörung dem gegenüber ausgeschüttet, was sie „Ausschreitungen und Plünderung“, usw., nennen. Sicher hat man festgestellt, dass manche Geschäfte geöffnet und ausgeraubt geworden waren. Aber insgesamt zeigt diese Wutexplosion, die den ganzen Stadtraum betroffen hat, vor allem die Erbitterung der Jugendlichen in einem Land, das etwa 30 % von Arbeitslosen zählt, darunter eine Hälfte von Jugendlichen. Jeder sechster Mensch lebt unter der Armutsgrenze. Mehr als 25.000 Personen leben von der Notsozialhilfe. Es ist eben ein Wunder, dass keine Wutexplosion früher zum Ausbruch kam.
Die Verweigerung der Arbeitgeberschaft, ihre verächtliche und arrogante Haltung, die Lügen des Staatssekretärs Jego und des Premierministers Fillon, die ihr Wort sogar verleugnet haben, haben die Situation verschärft. Aus diesem Grund wurden Sperren auf allen Straßen von Guadeloupe errichtet und ließen die Jugendlichen ihre Wut explodieren. Man kann immer die „Ausschreitungen“ verurteilen, nichts wird sich ändern, solange es keine klare Antwort auf die Forderungen des LKP und der Gewerkschaften geben wird. Die Situation wird sich auf Guadeloupe nicht abebben. Es gibt keinen Grund, dass diejenigen, die seit vier Wochen manchmal zu 10.000, 20.000 und bis zu 60.000 auf den Straßen demonstriert haben, annehmen, ihre Bewegung anzuhalten, ohne etwas anders als kleine Prämien hier und her, einige Pistazien also, zu bekommen! Sie verlangen richtige Lohnerhöhungen, die Festeinstellung der prekär Arbeitenden, die Preissenkung der Gebrauchsartikel, eine neue Senkung des Treibstoff- und Gaspreis…
Die Bosse, und besonders die großen Unternehmer, sind so gefräßig und habgierig, dass sie daher unintelligent werden. Sie machen sich nicht sogar klar, dass sie mit ihrer Verweigerung einer Lohnerhöhung von 200 Euro die Gefahr laufen lassen, noch mehr zu verlieren, nämlich: Sie könnten keinen Platz mehr auf Guadeloupe sogar haben, um dort ihre Geschäfte weiter zu machen.
(1) Confédération Générale des Travailleurs de Guadeloupe (CGTG): Allgemeiner Verband der Arbeiter von Guadeloupe, deren Generalsekretär ein Genosse der trotzkistischen Organisation Combat Ouvrier ist.
(2) Lyannaj kont pwofitasyon (LKP): kreolischer Name des „Bündnisses gegen die Ausbeutung“ (Das LKP umfasst 49 Gewerkschaftsverbände, politische Organisationen, kulturelle Vereine, usw. Die Einflussreichsten sind die UGTG (nationalistischer Gewerkschaftsverband) und die CGTG.