Landtagswahlen: Die Rechnung, bitte!

Nach den Landtagswahlen in Salzburg und Kärnten herrscht Katzenjammer in der Sozialdemokratie. Deutliche Verluste in Salzburg und ein Debakel in Kärnten sind eine klare Absage an die Politik der SPÖ. Und die extreme Rechte ist im Aufwind …

Für die Sozialdemokratie sind diese Wahlen ein Schlag ins Gesicht: minus 5,9 Prozent in Salzburg und minus 9,8% in Kärnten. Die extreme Rechte aus FPÖ und BZÖ hingegen fährt einen großen Erfolg ein und hat ein Plus von 8 Prozent in Salzburg und von 6,8 Prozent in Kärnten, in Kärnten kratzen BZÖ und FPÖ gemeinsam mit 49,3% gar knapp an der absoluten Stimmenmehrheit.

Sonderfall Kärnten? Ja …

Viel wird jetzt vom Sonderfall Kärnten geschrieben und das hat zweifellos seine Berechtigung. Es war in vielerlei Hinsicht eine „Jörg-Haider-Gedenkwahl“ und das BZÖ hat diese Karte mit dem Slogan „Wir passen auf Dein Kärnten auf“ auch gut gespielt. Daneben wird ein Totenkult aufgebaut (Kärnten ist wahrscheinlich eines der wenigen Länder dieser Welt, wo Brücken, Straßen und Plätze nach betrunkenen Autorasern benannt werden) und die Erinnerung an „den Jörg“ hochgehalten.

Doch das Wahlergebnis auf pure Nostalgie gegenüber dem rechten Hetzer Haider zurückzuführen, ist nicht ausreichend (und macht die Nostalgie nicht besser). Schon bei den letzten Wahlen machten 42,5 % ihr Kreuz bei der damals noch vereinigten FPÖ unter Haider und wählten somit einen Rechtsextremen zum Landeshauptmann. Der neue BZÖ-Landeshauptmann Dörfler mag mit seinen provinziellen, rassistischen und sexistischen Witzchen ein wenig dümmlicher wirken als der souveränere Haider, aber es ist braunes Holz vom gleichen braunen Stamm. Und dass diese Witzfigur Dörfler nun 45 % der Stimmen bekam, zeigt, dass der Rechtsextremismus in Kärnten so tief verwurzelt ist wie eh und je.

Und historisch betrachtet war Kärnten ja immer ein besonders guter Boden für die extreme Rechte, die protestantisch geprägte Deutschtümelei verbunden mit der Hatz gegen die slowenische Minderheit (vom Mythos Abwehrkampf über die Zwangsgermanisierung bis zur Sturm auf die zweisprachigen Ortstafeln) waren die Saat, auf dem der Faschismus gedeihen konnte. Und auch die Kärntner SPÖ war voll involviert. Der ehemalige sozialdemokratische Landeshauptmann Wagner bezeichnete sich einst stolz als ehemaligen „hochrangigen Hitler-Jungen“ und die Kärntner SP galt (und gilt) nicht umsonst als „Punschkrapferlpartei“ – eine Mehlspeise mit einer zarten rosa Zuckerhülle, die eine alkoholgetränkte braune Teigmasse umschließt.

… und Nein

Doch greift die Analyse des Sonderfalls allein zu kurz, um das aktuelle Wahlergebnis zu fassen. Tatsächlich geht laut Umfragen die Zustimmung für die Sozialdemokratie überall zurück und die Stimmenanteile holt sich – vor allem im Bereich der ungelernten und jüngeren ArbeiterInnen – fast ausschließlich die extreme Rechte, in Kärnten vor allem das BZÖ, außerhalb Kärnten zumeist die FPÖ. Ein weiterer wesentlicher Faktor für die Verluste sind jene sozialdemokratischen WählerInnen, die einfach resigniert haben (oder niemanden anderen wählen wollen) und ins Lager der NichtwählerInnen wechseln. Besonders besorgniserregend: sogar beim klassischen SP-Thema Arbeitsplatzsicherheit wurde laut dem Meinungsforscher Günter Ogris in Salzburg der FPÖ mehr zugetraut als der Sozialdemokratie.

Es war aber auch besonderes Kunststück der SPÖ, mitten in der größten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten einen „feel good“-Wahlkampf zu fahren, der voll auf Landeshauptfrau Gabi Burgstaller zugeschnitten war und Inhalte tunlichst vermied. (Und dass die Grünen unter ihrem Spitzenkandidaten und Ex-ÖVP-Gemeinderat Schwaighofer mit dem einzigen Thema Energiewende keine Antworten auf die Sorgen und Nöte der Lohnabhängigen hatten, darf eigentlich nicht mehr verwundern.)

Krise schlägt zu

Die Fakten zur Wirtschafskrise liegen auf dem Tisch: 360.000 Arbeitslose und die Zahlen steigen. Besonders dramatisch die Zunahme der Jugendarbeitslosigkeit: sie stieg seit Jänner 2008 um 35,9% (!). 26.000 Menschen sind bereits in Kurzarbeit, ein kurz- bis mittelfristiger Anstieg auf bis zu 40.000 wird erwartet. Betroffen ist dabei vor allem die für Österreich wichtige Auto- und Autozulieferindustrie, aber auch bei der AUA soll kurzgearbeitet werden.

Offiziell entlassen noch wenige Großbetriebe, doch hat das eher mit der Beschäftigtenstruktur als mit der Realität zu tun: die Stammbelegschaften werden in Kurzarbeit geschickt, unter der Hand wurden aber bereits tausende LeiharbeiterInnen und freie DienstnehmerInnen komplett gefeuert.

Die Angriffe rollen

Gleichzeitig fährt die Regierung die ersten Angriffe gegen die Beschäftigten, um so die Steuergeschenke an Banken und Konzerne gegenzufinanzieren: die Ermessensausgaben sollen in allen Ministerien durch die Bank um 10% gesenkt werden und die LehrerInnen und die PostlerInnen sind als erste Beschäftigte ins Kreuzfeuer geraten. Die LehrerInnen sollen zwei Stunden mehr pro Woche unterrichten und somit die Arbeitszeit deutlich erhöht werden. Denn mehr Unterricht bedeutet natürlich auch noch mal mehr Vor- und Nachbereitungszeit. Gleichzeitig bedeutet dass, dass pro Schule rund 10% (Jung-) LehrerInnen überflüssig werden und junge LehrerInnen, die überhaupt noch in keiner Schule untergekommen sind, wohl einen langen Atem brauchen werden. Einerseits wird über Bildungsmängel geklagt, andererseits bekommen JunglehrerInnen schwerer eine Anstellung und sollen die bestehenden mit noch mehr Arbeit überfrachtet werden, anstatt endlich die KlassenschülerInnenhöchstzahlen radikal zu senken. Medial wird das Ganze orchestriert mit einer Hetze gegen die „faulen Beamten“.

In den Genuss der gleichen Hetze kommen seit Jahren die KollegInnen von der Post. 293 Postämter sollen jetzt geschlossen werden. Offiziell ohne Personalabbau, doch die Vergangenheit beweist, dass die Post sehr einfallsreich dabei ist, überflüssige KollegInnen aus dem Betrieb zu ekeln. Und diese Angriffe sind nur eine Vorwarnung. In einem Interview mit dem Standard kündigte Vizekanzler Pröll (übrigens in Einklang mit dem Regierungsprogramm, mehr dazu hier) bereits Angriffe auf die EisenbahnerInnen und andere Beschäftigte des öffentlichen Dienstes an.

Was meint die Gewerkschaft und der SPÖ zur Krise? Nichts Gutes! ÖGB-Boss Foglar fällt zur Krise ein, dass nun Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich nicht mehr auf der Tagesordnung steht und dass die Entlassungsmöglichkeiten für die Bosse nach Kurzarbeit erleichtert werden. Die VP-nahe Führung der LehrerInnengewerkschaft ist typisch standesborniert und wird wohl für eine Ausweitung von Protesten nicht zu haben sein. Und die SP-nahe PostlerInnenführung gilt ohnehin seit Jahren als wichtige und verlässliche Stütze des Managements bei jedem Personalabbau. Und die SPÖ? Kuscheln mit der ÖVP, Faymann lächelt und die Banken strahlen über die Geschenke. Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert.

Die Schnauze voll?

Dass die ArbeiterInnen die Schnauze voll haben, ist nicht nur verständlich, sondern sogar überreif. Doch der Protest entlädt sich rechts und vor allem unter jüngeren ArbeiterInnen ist hier mittlerweile eine stabile WählerInnenschicht für die extreme Rechte entstanden. Es wäre zu kurz gegriffen, einfach zu glauben, dass mit einem kämpferischen Sozialprogramm alles rückgängig gemacht werden kann. Die SPÖ und die Gewerkschaften fahren seit Jahrzehnten einen rassistischen Kurs und jetzt gehen immer mehr zum Schmied und nicht zum Schmiedl. Eine klassenkämpferische Linie muss immer mit einem internationalistischen Ansatz verbunden werden, der alle KollegInnen, egal welcher Herkunft mit ins Boot holt. Das mag manchmal nicht populär sein – und die Sozialdemokrate ist dazu naturgemäß nicht in der Lage.

Doch gibt es in den Betrieben, auf den Universitäten und in den Schulen auch genügend Menschen, denen die Politik der etablierten Parteien gehörig gegen den Strich geht und die nach einer linken Alternative suchen. Euch machen wir das Angebot, gemeinsam gegen die herrschenden Zustände zu kämpfen!