Gewalt gegen Frauen

Vor 30 Jahren wurde in Österreich das erste Frauenhaus eröffnet. War es damals ein Ergebnis von Bestrebungen belächelter „Emanzen“, scheint der Kampf gegen Gewalt an Frauen mittlerweile in die offizielle Politik Eingang gefunden zu haben. Aber wie sehen die Erfolge im Kampf gegen sexistische Gewalt wirklich aus?

In Österreich ist jede fünfte Frau von physischer Gewalt betroffen. Dieses soziale Problem zieht sich durch alle Klassen und Schichten und kann somit nicht einer bestimmten Gruppe zugeschrieben werden. Die Täter kommen vor allem aus dem familiären Umfeld oder engen Bekanntenkreis; in mehr als ¾ der Fälle ist es der (Ex-)Partner. Es ist also nicht der „böse, schwarze Mann“, der in der dunklen Gasse lauert und oft zur Rechtfertigung von „sicherheitspolitischen“ Maßnahmen aufgeboten wird, sondern gerade der „liebe“ Ehemann oder ein anderer männlicher Verwandter.

Die staatlichen „Erfolge“ im Kampf gegen sexistische Gewalt sind äußerst mickrig. 1997 wurde das so genannte Gewaltschutzgesetz verabschiedet, auf dessen Grundlage nun zum Beispiel der Täter zehn Tage aus der Wohnung weg gewiesen werden kann. Im Jahr 2006 wurde das Anti-Stalking-Gesetz verabschiedet, mit dem nun auch das gezielte Verfolgen von Personen bestraft werden kann. Davor hat die Polizei erst einschreiten können, wenn ein Opfer tätlich angegriffen wurde. Zwar stellen solche Gesetze in unmittelbaren Situationen eine Verbesserung dar, aber sie bekämpfen Frauenunterdrückung nicht grundsätzlich.

Frauenhäuser

Im unmittelbaren Opferschutz sind wesentliche, mittlerweile staatsnahe bzw. staatliche Institutionen die Frauenhäuser. Diese sollen Frauen, die Gewalt ausgesetzt sind, einen Ort der Zuflucht liefern. Konsequenterweise haben Männer dort keinen Zutritt. Das ist auch deswegen wichtig, damit sich ohnehin schon eingeschüchterte Frauen nicht durch „Entschuldigungen“ der Täter wieder in die gleiche Situation begeben und bald wieder ein Frauenhaus aufsuchen müssen. Deswegen wird Frauen auch weitere Unterstützung hinsichtlich rechtlicher Fragen (Klage gegen Täter…) angeboten.

Frauenhäuser gibt es in Österreich seit 1978. Der Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser unterhält mittlerweile 28 Frauenhäuser mit 705 Plätzen (Stand Juli 2006). Im selben Jahr fanden 3.143 Personen (darunter 1.599 Frauen und 1.544 Kinder) Schutz und Unterkunft; die Aufenthaltstage beliefen sich auf 170.886 (davon 82.000 von Frauen und 88.886 von Kindern). Die angebotenen Plätze liegen nicht so weit von offiziell errechneten Soll-Bestimmungen entfernt, die von einem Platz im Frauenhaus pro 7.500 bzw. 10.000 EinwohnerInnen (d.h. 1140 bzw. 800 Plätze insgesamt) ausgehen. Angesichts der tatsächlichen Verbreitung von Gewalt gegen Frauen ist es aber äußerst fraglich, wie sehr der tatsächliche Bedarf dadurch abgedeckt werden kann. Aus diesen Zahlen geht deutlich hervor, dass die meisten Frauen, die Gewalt ausgesetzt sind, keine Hilfe in Anspruch nehmen.

Finanziert werden die Frauenhäuser vor allem aus öffentlichen Mitteln und diese Finanzierung ist Sache der Bundesländer. Insgesamt ist die finanzielle Situation für Frauenhäuser prekär. Eine längerfristige, ausreichende finanzielle Absicherung ist meistens nicht gegeben, da die Finanzierung in den meisten Bundesländern nicht gesetzlich verankert ist. Frauenhäuser und andere Einrichtungen (und deren Ausbau) könnten durch eine höhere Besteuerung von Unternehmen, die vom Sexismus und von schlecht bezahlten und „braven“ weiblichen Arbeitskräften profitieren, finanziert werden. Das würde jedenfalls die unmittelbare Situation verbessern. Frauenhäuser sind in unserer Gesellschaft leider notwendige Einrichtungen, die Frauen, die unmittelbar physischer Gewalt ausgesetzt sind, eine erste Möglichkeit bieten, dieser Situation zu entkommen. Dennoch muss man/frau sich über die begrenzte Wirkung dieser Einrichtungen bewusst sein: dadurch wird nicht das Problem an sich bekämpft, sondern diese stellen „nur“ eine Möglichkeit dar, den gröbsten Auswirkungen kurzzeitig zu entkommen.

Allgemein zeigt sich, dass das bürgerliche Recht keinen wirklichen Schutz vor Gewalt bieten und schon gar nichts an den bestehenden Strukturen ändern kann, die Frauen erst in eine solche Situation bringen. Auch soll hier noch Erwähnung finden, dass der bürgerliche Staat für Eigentumsdelikte weitaus höhere Strafen ansetzt, als für Sexual- und Gewaltverbrechen. Dies soll natürlich keine Argumentation für härtere Strafen und eine Ausweitung des repressiven Staatsapparats sein. Vielmehr geht es darum, Folgendes zu zeigen: dass durch Gesetze nicht die strukturellen Probleme gelöst werden, die zu geschlechtlicher Gewalt in der Familie führen. Diese ungleichen Verhältnisse selber müssen bekämpft und abgeschafft werden. Es zeigt sich, wie Privateigentum und -besitz, also die zentrale reale und ideologische Grundlage der kapitalistisch-bürgerlichen Gesellschaft, sich gerade auch in der Familie und den Geschlechterverhältnissen sowie in Besitzansprüchen von Männern gegenüber „ihren“ Frauen, widerspiegelt. Sexismus und sexistische Gewalt ist kein individuelles Problem, sondern ungleichen gesellschaftlichen Geschlechterverhältnissen geschuldet.

Gewalt und Geschlechterverhältnisse

Klar ist demnach auch, dass physische Gewalt nicht die einzige Form von Frauenunterdrückung darstellt und auch nicht getrennt von anderen sexistischen Unterdrückungsmechanismen erfasst werden kann. Geschlechtsbedingte Gewalt inkludiert gerade gesellschaftliche Zuschreibungen und Zwänge. Eine Trennung zwischen physischer Gewalt auf der einen Seite und Geschlechterverhältnissen und Rollenbildern auf der anderen Seite führt zu einem völlig falschen Verständnis dieses Problems. Denn die Grundlage, auf der Männer in der Kleinfamilie Gewalt gegen „ihre“ Frauen ausüben (können), bietet ja gerade die Stellung und Rolle, die Frauen in der Gesellschaft einnehmen. Gewalt darf also nicht nur als direkte Handlung einer Person, sondern muss als gesamtgesellschaftliches Problem gesehen werden. Noch einmal muss also darauf hingewiesen werden, dass Geschlechterverhältnisse nicht auf Einzelfälle reduzierbar sind, sondern eine historisch gewachsene und strukturelle Unterdrückung der Frau darstellen.

Die Dynamik des sich durchsetzenden Kapitalismus bedingte dabei eine spezifische Ausformung der Geschlechterverhältnisse: Mit der Entwicklung der kapitalistisch-bürgerlichen Gesellschaft ging eine immer striktere Trennung des Bereichs der Reproduktion von dem Bereich der Produktion einher. Diese kann sowohl als Trennung in Erwerbsarbeit und Freizeit oder auch als Trennung von Öffentlichem und Privatem gesehen werden. Ist die Privatsphäre bzw. Wohnsphäre für Männer tatsächlich in erster Linie ein Ort der Freizeit und der selbstbestimmten Zeit, so gilt dies für Frauen nur in sehr eingeschränktem Maße. Sie können auch im häuslichen, privaten Bereich nur sehr bedingt über ihre Zeit selbst bestimmen, egal, ob sie erwerbstätig sind oder nicht.

Für Frauen ist der Ort des Wohnens und der Freizeit gleichzeitig ein Ort der Arbeit – der Hausarbeit. In Summe arbeiten Frauen 64 Std. in der Woche (davon 30 unbezahlt), Männer 48,4 Std. (davon 7,4 unbezahlt). 80% der unbezahlten Pflegearbeit werden von Frauen geleistet, Elternkarenz wird zu 98% von Frauen beansprucht. Diese familiären Pflichten führen dabei oftmals dazu, dass Frauen ökonomisch ganz von ihrem Partner abhängig sind, oder nur als Zuverdienerinnen zum Familieneinkommen beitragen können. Durch diese Abhängigkeit der Frau entstehen innerhalb der kleinsten Einheit der Gesellschaft, der Kleinfamilie, Macht- und Herrschaftsverhältnisse, die maßgeblich zur Reproduktion der Geschlechterverhältnisse beitragen. Die der kapitalistischen Produktionsweise innewohnende Profitlogik bedeutet, dass möglichst viel Mehrwert aus den ArbeiterInnen herausgepresst werden muss. Die Spaltung der ArbeiterInnenklasse ermöglicht den KapitalistInnen eine Überausbeutung von manchen Teilen der Klasse (wie z.B. Frauen, MigrantInnen…). Die sich durchsetzende kapitalistische Produktionsweise hatte also direkten wie indirekten Einfluss auf die Geschlechterverhältnisse. In der Logik des Systems liegt ein direktes Interesse an der Aufrechterhaltung von verschiedenen Unterdrückungsmechanismen begründet, die einzelne Teile der ArbeiterInnenklasse schlechter stellen.

Gewalttäter nicht entschuldigen

Das Einbeziehen der strukturellen Ebene von Geschlechterverhältnissen enthebt männliche Gewalttäter natürlich nicht ihrer Verantwortung und/oder soll solche Gewalt verharmlosen. Es muss aber die Frage gestellt werden, warum Männer überhaupt zu Gewalt greifen. Wenn die Gründe dafür nur bei den einzelnen Männern selber gesucht werden, dann können nur die „gewalttätige Natur“ des Mannes oder psychische Probleme dafür verantwortlich gemacht werden. Bewusstsein ist aber nichts individuelles, sondern maßgeblich durch gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge und Widersprüche geformt.

Geschlechterverhältnisse wirken nicht nur auf Frauen, sondern weisen auch Männern ihren Platz und ihre Rolle in der Gesellschaft zu. Geschlechtsbedingte Gewalt muss dabei auch hinsichtlich der Stellung der Geschlechter im Produktionsprozess betrachtet werden. Männer haben traditionell die Rolle des Familienernährers und –oberhaupts. Hier wirken einerseits der materielle Druck der Lohnabhängigkeit und andererseits der gesellschaftliche Druck, diese Rolle erfüllen zu müssen. Ein Nicht-Erfüllen oder Nicht-Zurechtkommen mit gesellschaftlichem Druck (Arbeitslosigkeit, Angriff auf Beschäftigungsverhältnisse, allgemeiner Erfolgsdruck, neue Männlichkeitsbilder, …) wird dann als eigenes Versagen reflektiert und/oder die Partnerin bzw. die Familie dafür verantwortlich gemacht. Die „Lösung“ besteht dann oft darin, diesen Druck und Unmut in der eigenen unmittelbaren Umgebung, d.h. in der Familie, wo Mann noch dazu „das Sagen hat“, abzuladen. In diesem Zusammenhang ist Gewalt auch ein Mittel, um dem Aufbrechen von Geschlechterverhältnissen (z.B. durch eine selbstbewusste, nach Unabhängigkeit strebende Partnerin) entgegenzuwirken und die Dominanz der Männlichkeit aufrechtzuerhalten.

Klar ist natürlich, um diesen Punkt noch einmal zu betonen, dass hier ein zentraler Unterschied zwischen Unterdrückern und Unterdrückten besteht und deutlich gemacht werden muss. Es geht auch nicht darum, gewalttätige Männer in Schutz zu nehmen. Sexistisches Verhalten jeglicher Art gilt es ganz klar zu verurteilen und zu bekämpfen. Eine Strategie gegen sexistische Gewalt wird jedoch nur dann erfolgreich sein können, wenn sie die strukturellen Ursachen dafür beseitigt. Und das sind allgemein die Lebensbedingungen in der kapitalistischen Gesellschaft. Hier gilt es auch aufzuzeigen, dass ein Projizieren und Abladen von Druck und Frustrationen auf die eigene Partnerin bzw. Familie die eigentlichen Probleme unangetastet lässt und sogar noch einzementiert. Strukturen, die kapitalistische Ausbeutungs- und Herrschaftsmechanismen verdecken (sollen), werden dadurch von Männern der ArbeiterInnenklasse reproduziert, die damit gleichzeitig das System aufrechterhalten und stabilisieren, das sie selbst unterdrückt.

Geschlecht und Klasse

Von der Überausbeutung der Frauen, sowohl im Reproduktions- als auch im Produktionsbereich profitiert natürlich hauptsächlich die herrschende Klasse, weshalb ihr die Frauenbefreiung auch nicht wirklich eine Herzensangelegenheit ist. Die neoliberalen Angriffe auf Arbeitsverhältnisse („Prekarisierung“) treffen Frauen überproportional stark. Frauen verdienen im Schnitt 40% weniger als Männer und stellen 72% der „Wenigverdiener/innen“ (= trotz Arbeit kein existenzsicherndes Einkommen). Die „zurück an den Herd“-Politik der letzten Jahre hat diese Trends noch massiv verschärft und treibt damit Frauen immer stärker in Abhängigkeit und Armut.

Vor allem Alleinerzieherinnen leben unter der Armutsgrenze, da es auch immer schwieriger wird, ausreichend bezahlte Vollzeitjobs zu bekommen (und in Krisenzeiten sind Frauen die ersten, die entlassen werden). Zusätzlich gibt es nach wie vor keine ausreichenden Kinderbetreuungsplätze, bzw. in gewissen Regionen kaum ganztägige Betreuungsangebote. Während die Arbeitslosigkeit von Frauen in den EU-15 zwischen 1995 und 2006 gesunken ist, hat sie in Österreich zugenommen (erschwert wird die Situation zusätzlich dadurch, dass der Teilzeit-Sektor massiv ausgebaut wurde, was die reale Frauenerwerbsquote drückt). Während auf EU-Ebene Frauenteilzeit mit einem Drittel von 1995 bis 2004 relativ konstant blieb, verzeichnete Österreich einen Anstieg von rund 27 auf etwa 39 Prozent. Das heißt, vier von zehn Frauen arbeiten bereits in Teilzeit und der Trend steigt weiter.

Ein Blick auf eine Statistik der Autonomen Frauenhäuser von 2006 macht die unterschiedliche Betroffenheit von Frauen deutlich. Von den Frauen, die Hilfe vom Frauenhaus in Anspruch genommen haben hatten nur 18% Matura oder eine höhere Ausbildung; Frauen mit Pflichtschul- oder Lehrabschluss machten allerdings 61% aus. Das spiegelt auch die fehlenden alternativen Wohnmöglichkeiten für Frauen mit einer schlechteren Ausbildung wider. Weniger als ein Drittel der Frauen verfügte über ein „reguläres“ Einkommen (Erwerbstätigkeit), 25% waren ohne Einkommen, 21% bezogen ihr Einkommen aus staatlicher Unterstützung und 18% vom Kinderbetreuungsgeld. Insgesamt kehrten 33% nach ihrem Aufenthalt im Frauenhaus wieder zu ihrem Misshandler zurück (was neben psychosozialen oft auch soziale bzw. finanzielle Gründe hat).

Diese Beispiele zeigen, dass Frauen aus unterschiedlichen Klassen und Schichten unterschiedlich stark von Sexismus betroffen sind – auch wenn natürlich klar ist, dass dieser gegenüber allen Frauen wirkt. Hier muss auf die der kapitalistischen Produktionsweise immanenten Klassenteilung hingewiesen werden, die die Frauen der ArbeiterInnenklasse diesen Geschlechterverhältnissen verstärkt aussetzt.

Die vorhandene materielle Abhängigkeit von „ihren“ Männern und/oder „ihrem/r“ KapitalistIn führen dazu, dass sie zu einem weitaus größeren Maß gezwungen sind sich dem herrschenden Sexismus zu unterwerfen. Ihre Jobs sind schlechter bezahlt, was den Spielraum für ökonomische Eigenständigkeit ziemlich einschränkt. Auch dadurch sind Frauen in vielen Berufen einem starken „Alltagssexismus“ ausgesetzt, der insbesondere von Chefs, Kollegen und Kunden ausgeübt wird – hübsch sollen sie sein, die Kellnerinnen und Stewardessen; fürsorglich die Kindergärtnerinnen und aufopfernd die Krankenschwestern. In solchen „traditionellen Frauenberufen“ sind, anders als oft behauptet, noch immer hauptsächlich Frauen tätig. Das hat einerseits mit der frühen geschlechtsspezifischen „Erziehung“ zu tun, wodurch Frauen die erwarteten Eigenschaften für solche Berufe „erlernen“ und sich selber in solchen Rollen wieder finden können. Andererseits profitieren die KapitalistInnen davon, dass gewisse Bereiche fast vollständig von billigen weiblichen Arbeitskräften getragen werden.

Aus diesem von der Gesellschaft vorgegebenem Weg in schlecht bezahlte Jobs können nur wenige privilegierte Frauen ausbrechen. Bürgerliche Medien und PolitikerInnen feiern die besseren Karrierechancen für Frauen ab – nun können auch endlich Frauen Aufsichtsrätinnen und Vorstände werden. Von diesen Veränderungen können allerdings nur Frauen der herrschenden Klasse oder des KleinbürgerInnentums „profitieren“. Dieses ständige Gerede über Karriere trägt auch gerade dazu bei, bei vielen Lohnabhängigen die Illusion von Aufstiegschancen, wenn sie nur brav Überstunden schieben und „Verantwortung übernehmen“, zu verankern. In Wirklichkeit läuft es dann meistens nur darauf hinaus, dass sich der Chef über höhere Profite freuen kann. Die Frauen in den Chefetagen müssen da natürlich auch mitspielen und sind genauso für die Angriffe auf Arbeitsrechte und der Zunahme des Arbeitsstress für den Großteil der Frauen verantwortlich.

Staatlich verordneter „Feminismus“?

Der bürgerliche Staat und bürgerliche PolitikerInnen sind jedenfalls keine Verbündeten in diesem Kampf – ganz im Gegenteil. Frauenhäuser und gesetzlicher Opferschutz (wie Wegweiserechte) können zwar die unmittelbare Situation kurzzeitig verbessern, sind aber in ihrer Wirkung äußerst beschränkt. Außerdem stehen dem die gesetzlichen Verschlechterungen der Situation von Frauen im Allgemeinen und Migrantinnen im Besonderen in den letzten Jahren gegenüber. Es könnte eingewendet werden, dass es ja richtige Ansätze gibt und nur für eine konsequentere Verfolgung dieser eingetreten werden müsse.

Der Staat ist allerdings kein neutrales Ding über der Gesellschaft, das von allen benutzt werden kann, sondern Instrument der herrschenden Klasse, um den gegenwärtigen Zustand aufrecht zu erhalten und ihre Privilegien zu verteidigen. Auf juristischer, ideologischer und repressiver Ebene sorgt er für die Legitimierung der Klassen und der bürgerlichen Gesellschaftsordnung – als vermeintlich „natürliche“ und höchste Form des menschlichen Zusammenlebens. Daher kann eine politische Strategie gegen Sexismus nicht Appelle an den bürgerlichen Staat richten. Damit werden gerade wieder Illusionen in die „vernünftige“, freie bürgerliche Demokratie geschaffen und eine Gleichstellung der Geschlechter als möglich und als eigentlich erstrebenswertes Ziel dieser Gesellschaftsordnung ausgegeben.

Es stellt sich aber nun tatsächlich die Frage warum der bürgerliche Staat in manchen Bereichen, zumindest scheinbare, Maßnahmen gegen Sexismus trifft? Zu nennen wären hier etwa das Anti-Stalker-Gesetz, Wegweiserechte, Kampagnen gegen Gewalt an Frauen… Hier gilt es nun zunächst einmal die Durchsetzung von Frauenrechten historisch zu betrachten. Dabei fällt auf, dass dies stets mit einer Bewegung einhergegangen ist, die mit politischem Druck (gesetzliche) Maßnahmen erzwingen und traditionelle Rollenbilder zumindest in Frage stellen konnte. So war z.B. die Einführung des Frauenwahlrechts auch kein Geschenk der Herrschenden, sondern dieses wurde (zumindest in großen Teilen des „Westens“) im Zuge der revolutionären Ereignisse und Bewegungen nach dem 1. Weltkrieg erkämpft. Und auch die Veränderungen in den 70ern und 80ern waren Ausdruck einer Bewegung.

Die Neue Frauenbewegung entwickelte sich ab den frühen 70ern in Zusammenhang mit dem Aufleben von oppositionellen sozialen Bewegungen und formulierte ihre Kritik sowohl auf einer politischen als auch einer kulturellen Ebene. Zunächst dominierte eindeutig der Bewegungscharakter, aber mit dem Abschwung der Frauenbewegung in den 80ern überlagerte der „Marsch durch die Institutionen“ das Selbstverständnis als einer realen Bewegung und ersetzte diese langsam. (siehe dazu unseren Artikel „Zustand und Perspektiven der Frauenbewegung“). Die „Nachwirkungen“ der Neuen Frauenbewegung sind teilweise noch heute bemerkbar, z.B. beim offiziell verordneten „Gender Mainstreaming“ (siehe dazu unseren Artikel „Gender Mainstreaming“). Dieses macht zwar auf wichtige Punkte im Zusammenhang mit Frauenunterdrückung aufmerksam, aber die realen, strukturellen Gründe für ungleiche Geschlechterverhältnisse werden nicht benannt und bekämpft. In diesem Sinne können auch oben genannte Gesetze verstanden werden. Sie dienen auch dazu, die berechtige Kritik von (vor allem) Frauen an sexistischen (gesellschaftlichen) Praktiken in harmlose Bahnen zu lenken. Diese Gesetze bringen zwar kleine (und oft für die unmittelbar Betroffenen sehr wesentliche) Verbesserungen, stellen aber die ungleichen Geschlechterverhältnisse an sich nicht in Frage und lenken von den wahren Verschlechterungen ab. Diese werden so unter dem staatlichen Deckmantel der „Gleichstellungspolitik“ verdeckt.

Die Perspektive darf sich nicht auf Verbesserungen im Rahmen des Kapitalismus beschränken, da die KapitalistInnen ein doppeltes Interesse am Weiterbestehen von Frauenunterdrückung und Sexismus haben. Aufgrund der skizzierten Verwobenheit zwischen Kapitalismus und Frauenunterdrückung muss konsequenterweise folgen, dass der Kampf gegen Sexismus und Frauenunterdrückung nur dann Aussicht auf substantiellen Erfolg haben kann, wenn er auch gegen das kapitalistische System gerichtet ist. Diese große Aufgabe kann nur in Verbindung mit Klassenkämpfen der ArbeiterInnen geleistet werden. Konkret mit Streiks, kämpferischen Gewerkschaften und schließlich vor allem mit einer revolutionär-kommunistischen Partei, in der Frauen und Männer Seite an Seite gegen die kapitalistische Ausbeutung und Frauenunterdrückung kämpfen.