Kapitalistisches Elend und sozialistische Antworten

Deutschland, Österreich und die Schweiz gehören zu den reichsten kapitalistischen Staaten auf diesem Planeten. Gleichzeitig leben Millionen von Menschen in diesen Ländern an oder unter der Armutsgrenze. Im Weltmaßstab zeigen sich die Absurditäten und die Unfähigkeit des kapitalistischen Systems, vielen Menschen Wohlstand oder auch nur eine ausreichende Grundversorgung zu bieten besonders deutlich. In unserem Text “Kapitalistisches Elend und sozialistische Antworten” liefern wir eine erste Einführung in die Positionen der RSO zu Nationalismus, Rassismus, Sexismus, Klassengesellschaft, Staat, Imperialismus, Stalinismus sowie sozialistischer Revolution.

Antikapitalismus!

Ob in Österreich, Deutschland, der Schweiz oder in den USA, China oder Südafrika: Gegen die Verschlechterungen der Lebensbedingungen gilt es, Widerstand zu leisten. Um aber effektiv gegen die Angriffe und Verschlechterungen kämpfen zu können, müssen wir zuerst, das System, in dem wir leben, analysieren und verstehen.

Klassengesellschaft

Anders als uns die bürgerliche Propaganda so gern weiß machen möchte, setzt sich unsere Gesellschaft nicht aus freien Individuen zusammen, die sich nach ihrem Willen und ihren Bedürfnissen entsprechend entfalten können. Vielmehr existieren im Kapitalismus grundlegend zwei Klassen, die in einem gegensätzlichen Verhältnis zueinander stehen: Die ArbeiterInnenklasse und die KapitalistInnenklasse. Die KapitalistInnen als BesitzerInnen der Produktionsmittel (Fabriken, Landbesitz, Infrastruktur, …) können nur durch die Ausbeutung der Lohnabhängigen Profite machen. Ausbeutung ist in diesem Sinne nichts Moralisches, sondern eine Lebensnotwendigkeit für die KapitalistInnen, die ihnen von der Konkurrenz vorgeschrieben wird. KeinE KapitalistIn kann sich der Logik des kapitalistischen Systems entziehen.

Das Ausbeutungsverhältnis zwischen KapitalistInnen und ArbeiterInnen ist freilich kein offenes Zwangsverhältnis wie Leibeigenschaft oder Sklaverei. Die ArbeiterInnen haben am Arbeitsmarkt scheinbar freie Wahlmöglichkeit, das Geschick des/der Einzelnen bestimmt angeblich über den sozialen Status – formal haben alle „Bürger“ gleiche Rechte und Möglichkeiten. Verdeckt bleibt dabei, dass der/die ArbeiterIn in Wirklichkeit keine Wahl hat und er/sie dieses Verhältnis eingehen muss, um überleben zu können.

Die ArbeiterInnen nehmen allerdings nicht nur die Rolle der Ausgebeuteten ein. Bedingt durch ihre Stellung im Produktionsprozess sind sie die eigentlichen ProduzentInnen des Reichtums in unserer Gesellschaft. Sie sitzen an den Schalthebeln der Produktion, ohne sie würden Produktion und Verteilung zusammenbrechen. Diese zentrale Rolle macht sie auch zu den möglichen TrägerInnen einer antikapitalistischen Revolution und einer sozialistischen Gesellschaft. Damit die ArbeiterInnenklasse sich dieser Möglichkeit bewusst wird (von der „Klasse an sich“ zur „Klasse für sich“ wird) braucht es nicht nur theoretische Einsichten, sondern auch konkrete Erfahrungen im Klassenkampf.

Die ideologische Propaganda der herrschenden Klasse ist dazu da, um diesen Bewusstwerdungsprozess zu verhindern. Bei vielen Lohnabhängigen fallen diese Bemühungen auf fruchtbaren Boden, sie fühlen sich nicht als ArbeiterInnen – sehen sich als Angestellte oder Selbständige – und  bestreiten oft die Existenz der ArbeiterInnenklasse. Als ArbeiterInnen gelten in dieser Logik nur all jene, die sich bei der Arbeit „die Hände schmutzig machen“, wie IndustriearbeiterInnen, ArbeiterInnen am Bau etc. und diese Gruppe soll angeblich in der „neuen Dienstleistungsökonomie“ und „Wissensgesellschaft“ nur mehr eine Nebenrolle spielen. Dem ist entgegenzuhalten, dass auch „saubere“ Jobs, wie jene von VerkäuferInnen,  SekretärInnen, EDV-SpezialistInnen etc. nichts anderes als Lohnarbeit sind. Dass die ArbeiterInnenklasse uneinheitlich zusammengesetzt ist und einem ständigen Wandel unterliegt, ist auch nichts Neues. Eine solche ständige Veränderung findet seit der Herausbildung des kapitalistischen Produktionssystems statt.

 Kapitalistischer Staat

Das kapitalistische System stellt nicht nur ein ökonomisches Produktionssystem dar, sondern gleichzeitig immer auch eine politische Herrschaftsform. Um die Aufrechterhaltung der kapitalistischen Ausbeutungsverhältnisse zu garantieren,  hat sich die herrschende Klasse einen eigenen Apparat geschaffen: den bürgerlichen Staat. Dieser hat die Voraussetzungen für ein reibungsloses Funktionieren der Ausbeutung zu schaffen. Dazu gehört das Vorhandensein einer entsprechenden Infrastruktur, der nötigen rechtlichen Grundlagen und eines in Ausbildungsstätten (Schulen, Unis) erzogenen Arbeitskräftereservoirs, das genügend qualifiziert und diszipliniert ist.
Hinter dem Deckmantel des scheinbar demokratisch handelnden, für das Allgemeinwohl  sorgenden Staates steckt eine „besondere Formation bewaffneter Menschen“. Im Kern besteht der Staat aus Polizei, Militär und Justiz, im weiteren Sinne aus einer ideologischen Maschinerie, die Medien und Ausbildung kontrolliert. Sobald sich in der Geschichte eine Klassengesellschaft herausgebildet hat, hat es auch eine Art Staatsapparat gegeben. In der modernen kapitalistischen Gesellschaft hat der Staat die Form des Nationalstaats angenommen, weil dieser die optimalen Ausbeutungsbedingungen für den Kapitalismus bietet. Welche konkrete Form der Staat nun aber annimmt, hängt von der konkreten Ausbeutungssituation und der Stärke der ArbeiterInnenklasse ab. Abhängig vom Ausmaß des ökonomischen und politischen Spielraums der herrschenden Klasse stützt sich diese auf die jeweils „passende“ Herrschaftsform, deren Spektrum vom bürgerlich „demokratischen“ Staat, wie wir ihn in Westeuropa heute kennen, bis hin zur faschistischen Diktatur reichen kann.

Imperialismus

Der Expansionsdrang des Kapitalismus führte zur Aneignung und Unterordnung vieler Länder und schließlich zur Aufteilung der Welt unter den fortgeschrittenen Industrienationen. Ein Kennzeichen des imperialistischen Stadiums des Kapitalismus war die Verschmelzung des Industrie- mit dem Bankkapital zum Finanzkapital. Kapitalexporte gewannen auf Kosten von Warenexporten an Bedeutung.  Dass diese Entwicklung alles andere als reibungslos vor sich gegangen ist, ist auf die dem Kapitalismus anhaftenden Widersprüche zurückzuführen. Die KapitalistInnen produzieren nicht nur mehr als sie verkaufen können, sie häufen auch soviel Kapital an, dass sie es nicht mehr profitabel anlegen können. Ein Ausweg, um sinkenden Profitraten und letztlich Wirtschaftskrisen und Kapitalvernichtung entgegen zu wirken, liegt für sie in der Ausbeutung industriell weniger fortgeschrittener Länder. Da der Planet Erde begrenzt ist, führte diese Strategie der Krisenbewältigung zu Konflikten zwischen den imperialistischen Großmächten. Zwei imperialistische Weltkriege im 20. Jahrhundert waren das Ergebnis dessen. Die in den 1990er-Jahren laut gewordene Vorstellung, dass mit dem Zusammenbruch des Stalinismus und der damit unbestrittenen globalen Vormachtstellung der USA das „Ende der Geschichte“ gekommen sei, damit auch eine drastische Reduktion von Kriegen eintreten werde, hat sich selbst für jene, die daran gerne glauben wollten, längst als Unsinn erwiesen.

Seitens der halbkolonialen Länder – die zwar formal unabhängig sind, de facto aber unter der Knute der imperialistischen Länder stehen – gab und gibt es Widerstand, zumeist in Form von nationalen Befreiungskämpfen. Dieser ökonomischen Abhängigkeit zu entgehen ist im Rahmen des Kapitalismus aufgrund des Drucks des internationalen Finanzkapitals bzw. dessen Vertreter Internationaler Währungsfond, Welthandelsorganisation und Weltbank jedoch schwer möglich.

Soziale Unterdrückung – Nationalismus, Rassismus, Sexismus

Nationalismus und Rassismus haben ihre „moderne“ systematische Form erst mit dem Kapitalismus bekommen. Sie spalten ArbeiterInnen in In- und AusländerInnen und bewirken, dass sich ArbeiterInnen mit „ihrem“ Nationalstaat mehr identifizieren als mit ihren Klassenbrüdern und –schwestern aus anderen Ländern.  Für die KapitalistInnenklasse ist diese Spaltung von enormer Bedeutung: Sie schwächt die Kampfkraft der zahlenmäßig so überlegenen ArbeiterInnenklasse. Für die ArbeiterInnen ist sie freilich Gift. Sie können so lange nicht frei werden, so lange sie mithelfen, andere Menschen zu unterdrücken – und das tun sie, wenn sie das rassistische Spiel der Herrschenden mitspielen.

Frauen und Männer werden von klein auf darauf vorbereitet, welche Rolle sie zukünftig in der Gesellschaft zu spielen haben. Sie werden funktionsfähig für eine Gesellschaft gemacht, in der Sexismus und Frauenunterdrückung auf der Tagesordnung stehen. Frauen sollen durch Erziehung und sozialen Druck zur Akzeptanz ihrer eigenen Unterdrückung gebracht werden. Es entsteht der Eindruck, dass Frauen von Natur aus zurückhaltend, harmonisch, gefühlsbetont etc. sind und sich gern den Bedürfnissen der Männer unterordnen. Umgekehrt scheint es in der „männlichen Natur“ zu liegen, aggressiver und bestimmender zu sein, rationaler zu denken etc.
  
Durch die geschlechtliche Arbeitsteilung ist es möglich geworden, Frauen zu unbezahlten Haussklavinnen und überausgebeuteten Lohnarbeiterinnen zu machen. Indem die Mehrheit der Frauen die Hausarbeit außerhalb der kapitalistischen Lohnarbeitsverhältnisse unentgeltlich erledigt, erspart sie den KapitalistInnen einen Haufen Geld. Am „freien Arbeitsmarkt“  dienen Frauen dem Kapital als „industrielle Reservearmee“, die bei Bedarf und als Mittel zum Lohndruck eingesetzt werden kann. Bedeutend ist auch die ideologische Funktion von Sexismus und Frauenunterdrückung: Die Spaltung der ausgebeuteten Klasse nach Geschlechtern schwächt ihre Kampfkraft enorm. Auch die sexuelle Orientierung von Menschen (schwul, lesbisch, bisexuell, transgender) ist ein Element der Spaltung der ArbeiterInnenklasse und Menschen mit einer „abweichenden“ Orientierung sind massiven Diskriminierungen ausgesetzt.
Die Spaltung der Bevölkerung stellt ein Kernelement in der kapitalistischen Herrschaft dar. Indem ArbeiterInnen Rassismus, Sexismus und Homophobie akzeptieren und für ihre eigenen Interessen einsetzen, machen sie sich selbst zu Unterdrückern und verunmöglichen damit auch ihre eigene Befreiung. Der Kampf gegen Rassismus, Nationalismus und Sexismus ist ein zentraler Bestandteil des internationalen Befreiungskampfes der ArbeiterInnenklasse.

Revolution

Das kapitalistische System wird uns weder den Gefallen machen, von selbst zusammenzubrechen, noch wird die herrschende Klasse freiwillig dazu bereit sein, ihre Herrschaft und ihre Reichtümer an die große Mehrheit der Bevölkerung abzugeben. Die herrschende Klasse will nicht nur den Kreislauf des kapitalistischen Konkurrenzsystems und die Ausbeutung nicht durchbrechen – sie kann es auch nicht.

Reformen innerhalb des Systems können dessen zerstörerische Auswirkungen teilweise mildern, die Grundlage für Ausbeutung und Unterdrückung wird dadurch aber nicht angetastet. Um die herrschende Ordnung umwälzen zu können, braucht es eine Revolution, die von der ArbeiterInnenklasse, unterstützt von anderen ausgebeuteten Schichten, getragen wird. Die ArbeiterInnenklasse hat aufgrund ihrer Stellung im Produktionsprozess nicht nur das Interesse, das kapitalistische Ausbeutungsverhältnis zu zerschlagen, sondern auch die Möglichkeit ein alternatives Gesellschaftssystem auf der Grundlage einer gesellschaftlich organisierten Produktion und Verteilung aufzubauen. Unser Ziel ist die revolutionäre Umgestaltung der Gesellschaft. Die herrschende Klasse wird sich aber ihre Macht nicht freiwillig aus der Hand nehmen lassen und nicht zögern, ihre bewaffneten Einheiten gegen die ArbeiterInnen einzusetzen. Eine Revolution wird also nicht gewaltfrei vor sich gehen, sie wird jedoch umso unblutiger sein, je besser die ArbeiterInnenklasse und vor allem die revolutionären Kräfte auf eine gewaltsame Auseinandersetzung mit den Unterdrückungsinstrumenten der herrschenden Klasse vorbereitet sind.

Um diesen Kampf zu gewinnen, braucht die ArbeiterInnenklasse ihre eigenen Organisationsstrukturen:

1. Eine revolutionäre Organisation, die in der Regel schon vor der Revolution bestanden haben wird, die die bewusstesten Teile der Klasse organisiert und die der Revolution eine politische Perspektive geben kann.
 
2. Räte oder ArbeiterInnenkomitees, die nicht eine willkürliche Erfindung von irgendwelchen RevolutionärInnen sind, sondern die in jeder proletarischen Revolution „natürlich“ aus den unmittelbaren Erfordernissen des Klassenkampfs entstehen (wie historisch in der Pariser Commune 1871 und in der Russischen Revolution 1917,  im revolutionären Prozess in Ungarn, Deutschland, Österreich und anderen Ländern 1918, 1968/69 in Frankreich und Italien oder aktueller 2001 in Argentinien und 2006 in Oaxaca/Mexiko), die die Mehrheit der ArbeiterInnenklasse umfassen, die den Kampf auf betrieblicher oder lokaler Ebene organisieren, in denen die ArbeiterInnen demokratisch über die weiteren Kampfmaßnahmen entscheiden und die regional und national (und wo immer möglich international) miteinander verbunden sind.

3. ArbeiterInnenmilizen, die den Räten untergeordnet sind und die sich aus der unmittelbaren Notwendigkeit zur Verteidigung der Demonstrationen und Streiks, der Fabriken und Stadtteile und schließlich der Revolution gegen reaktionäre Übergriffe ergeben.

Die bürokratische Beschaffenheit und der Klassencharakter des kapitalistischen Staatsapparats verunmöglicht dessen Einsatz in einer nachkapitalistischen Gesellschaft. Im Zuge einer sozialistischen Revolution muss dieser daher zerschlagen und durch einen „proletarischen Halbstaat“ ersetzt werden, welcher der ständigen Kontrolle der ArbeiterInnenklasse unterliegt (daher „Halbstaat“). Diese Herrschaft der ArbeiterInnenklasse (einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung gegenüber einer kleinen Minderheit) stellt nur ein Übergangsphänomen dar, das, sobald die Revolution international ausgeweitet und stabilisiert und damit nicht mehr durch die Angriffe der Konterrevolution bedroht ist, seine Existenzberechtigung verliert. In dem Maß, wie der Mangel zurückgedrängt und entsprechend den menschlichen Bedürfnissen produziert werden kann, ist auch keine Herrschaft mehr notwendig.

Stalinismus

Durch die Oktoberrevolution von 1917 entstand unter der Führung der Kommunistischen Partei („Bolschewiki“) rund um W.I.Lenin und Leo Trotzki der noch junge ArbeiterInnenstaat Sowjetunion. Dass dieser in Folge einen De-generationsprozess durchmachen musste, hat nichts damit zu tun, dass die Menschen nicht reif und fähig für die Errichtung einer sozialistischen Gesell-schaft gewesen wären oder überhaupt nicht sein können. Vielmehr müssen die historischen Umstände begriffen werden, denen die frühe Sowjetunion ausgesetzt war. Nach der erfolgreichen Revolution zwang die einst herrschende Klasse in Russland die Sowjetunion in einen dreijährigen blutigen Bürgerkrieg. Gemeinsam mit der internationalen KapitalistInnenklasse versuchte sie die Sowjetunion militärisch und ökonomisch in die Knie zu zwingen. Trotz des übermächtigen Gegners gelang es den Bolschewiki und der von Trotzki geführten Roten Armee aufgrund der Unterstützung durch die ArbeiterInnen und Bauern/Bäuerinnen und nicht zuletzt auch auf Grund einer Solidaritätsbewegung in der internationalen ArbeiterInnenbewegung die Konterrevolution zu besiegen. 

Der militärische Sieg der Bolschewiki war jedoch auf der politischen Ebene von fatalen Entwicklungen begleitet. Der durch den Bürgerkrieg bedingte wirtschaft-liche Notstand und die Kriegswirren erforderten eine zentralisierte autoritäre Leitung, um die Grundversorgung in der Bevölkerung nur irgendwie Aufrecht erhalten zu können. Der „Kriegskommunismus“ war für die Schaffung und Stabilisierung einer umfassenden Rätedemokratie ein enormes Hindernis. Gemeinsam mit der Tatsache, dass die politisch aktivsten ArbeiterInnen in die Rote Armee gingen bzw. im Kampf ihr Leben lassen mussten, begünstigte er die später einsetzende Bürokratisierung der jungen ArbeiterInnenrepublik. Das in der Notsituation ursprünglich als vorübergehende Maßnahme eingesetzte politische Fraktionsverbot trug dazu ebenfalls bei. Die internationale Isolierung durch das Scheitern der Weltrevolution (die ja von Beginn an als Voraussetzung für eine positive Entwicklung der Sowjetunion betrachtet worden war) kombiniert mit der wirtschaftlichen Rückständigkeit führte dazu, dass sich die Bürokratie Mitte der 20er Jahre endgültig durchsetzen konnte.

Der Sozialismus, den wir anstreben, hat nichts mit den stalinistischen Diktaturen in der ehemaligen Sowjetunion, den „Ostblockstaaten“, China, Kuba oder Nord-Korea zu tun. Diese Staaten waren eine total bürokratisierte Herrschaftsform. Auf der ökonomischen Ebene wurden zwar in Kernbereichen die Marktgesetze ausgeschaltet und damit nachkapitalistische Produktionsverhältnisse eingesetzt. Aber diese funktionierten nicht auf Basis einer demokratischen Kontrolle der ArbeiterInnen, sondern auf der Grundlage der Interessen der Bürokratie. Generell gab es einen abgehobenen bürokratischen Staatsapparat, dessen Organe gegenüber der Bevölkerung nicht rechenschaftspflichtig und auch nicht abwählbar waren.

Sozialismus

Unter Sozialismus verstehen wir eine Gesellschaft, in der es keine Klassen gibt, in der sich nicht eine Minderheit der Menschen auf Kosten der Mehrheit bereichern kann. Das bedeutet auch, dass die Produktion auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet ist und nicht wie im Kapitalismus auf Profite. Alle Produkte und das, was jetzt unter „Dienstleistung“ verstanden wird, werden nicht für den freien Markt produziert werden, sondern nach einem demokratischen gesellschaftlichen Plan, werden also ihren Warencharakter verlieren. Das kapitalistische Prinzip der Konkurrenz wird durch das der Solidarität ersetzt, was natürlich massive Auswirkungen auf das Zusammenleben von Menschen haben wird. Indem keine Notwendigkeit mehr besteht, unter Konkurrenzdruck zu handeln, werden soziale Beziehungen weniger aus egoistischen Gründen – weil sie persönlichen Nutzen bringen – eingegangen. Entgegen der bürgerlichen Propaganda, der Sozialismus würde alle Menschen gleich machen wollen und jede Individualität verbieten, kann erst der Sozialismus die Basis für eine wirklich freie Entfaltung der Menschen (die nichts mit Egoismus zu tun hat) schaffen.

Kann ein derartiger Sozialismus überhaupt existieren? Ist das nicht utopisch? Tatsächlich hat der Kapitalismus heute ein derartig hohes Produktivitätsniveau erreicht, dass ohne Weiteres die existentiellen Bedürfnisse der Menschen, und zwar aller Menschen, befriedigt werden könnten. Dass ein großer Teil der Menschen hungert, in Armut lebt etc., liegt nicht daran, dass es zu wenig Lebensmittel oder allgemeinen Reichtum gibt, sondern daran, dass das kapitalistische Produktionssystem schlichtweg nicht darauf ausgerichtet ist, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Dass die ArbeiterInnen enormem Druck, Überbelastung und oft elenden Arbeitsbedingungen ausgesetzt sind, wäre angesichts des hohen Produktivitätsniveaus (dass in kurzer Zeit, sehr viele, und sehr komplexe Dinge produziert werden können) nicht notwendig. Ebenso kann dem Phänomen der Arbeitslosigkeit durch die Aufteilung der Arbeit auf alle Hände die Grundlage entzogen werden. Natürlich wird der Sozialismus nach einer erfolgreichen Revolution nicht von heute auf morgen entstehen. Dafür wird eine lange Übergangsphase der Umstellung und des aktiven politischen Kampfes, begleitet sowohl von Teilsiegen wie von Rückschlägen, notwendig sein. 

Den Kampf aufnehmen!

Von diesen Zielen sind wir heute leider weit entfernt. Marxistische Ideen sind in der Gesellschaft häufig diskreditiert oder an den Rand gedrängt. Viele ArbeiterInnen in den reicheren Ländern haben sich mit dem kapitalistischen System abgefunden und halten nur geringe Verbesserungen ihres individuellen Lebensstandards für möglich. Es hat sich in der Geschichte immer wieder gezeigt, dass die ArbeiterInnenklasse nicht allein durch Aufklärung und Propaganda zum sozialistischen Bewusstsein gelangen wird. Es braucht dazu auch Situationen, in denen die ArbeiterInnenklasse in ihren Kämpfen für Verbesserungen selbst an die Grenzen des Systems stößt und offen für alternative Konzepte ist. Auf diese Situationen müssen wir uns vorbereiten und darauf hinarbeiten.

In der heutigen Situation ist es für uns deshalb vorerst wichtig, eine starke revolutionäre Organisation auf einem starken inhaltlich-politischem Fundament aufzubauen. Nur wenn wir die Geschichte und die Verläufe der Klassenkämpfe verfolgen und richtig analysieren, können wir mit einer richtigen Position in solche intervenieren und versuchen, ihnen eine Perspektive zu geben. Deshalb hat für uns in der aktuellen Periode die Ausbildung, Aneignung, Verbreitung und Weiterentwicklung von marxistischer Theorie eine hohe Priorität. Da, wo es für uns möglich ist, intervenieren wir in die ArbeiterInnenklasse und in Klassenkämpfe und versuchen, uns zu verankern. Die Schwerpunktsetzung hängt dabei immer vom Stadium des Klassenkampfes und des Organisationsaufbaus ab. Wichtig ist für unseren Organisationsaufbau immer eine realistische Einschätzung der Situation und unserer momentanen Möglichkeiten. Wir müssen uns auf langfristige, kontinuierliche Arbeit und Organisierung einstellen und dürfen keine überzogenen Wachstums- und Erfolgserwartungen haben. Nur so können wir Frustrationserfahrungen vorbeugen und den Grundstein für den Aufbau einer starken, schlagkräftigen, revolutionären Organisation legen.

Die RSO ist nicht „die“ revolutionäre Partei. Keine der derzeit vorhandenen Organisationen mit revolutionärem Anspruch kann das für sich behaupten. Eine neue revolutionäre Partei wird aus einem Prozess von Umgruppierungen und Fusionen in Wechselwirkung mit Klassenkämpfen hervorgehen, in denen sich entwickelte Positionen, in der Praxis beweisen müssen. Die RSO wird versuchen mit einer möglichst starken Organisation in diesen Prozess einzutreten, eine positive Rolle zu spielen, eine solche Partei mit aufzubauen und damit dem Kapitalismus eine revolutionäre Alternative entgegenzusetzen. Wenn Du an diesem Projekt interessiert bist, dann tritt mit uns in Kontakt und unterstütze uns im Aufbau einer revolutionären und sozialistischen Organisation!