Fairtrade: “Ich kauf´ mir Gerechtigkeit”

“Fairtrade”-Produkte gibt’s mittlerweile fast schon in jedem Supermarkt und die Produktpalette wird immer breiter. Im vergangenen Jahr konnte in Österreich deren Handelsumsatz auf über 42 Mio. Euro gesteigert werden. Dies entspricht einem Wachstum von mehr als 63% gegenüber dem Vorjahr. Es scheint also, als ob die “bewussten” und “verantwortungsvollen” KonsumentInnen ihrem Ziel einer gerechteren Welt schon wesentlich näher gekommen wären…

Das Konzept ist klar: die KonsumentInnen in der privilegierten “westlichen Welt” sollen sich über ihre Verantwortung im Klaren werden und bewusst Produkte kaufen, die “fair” gehandelt sind. So soll der weltweiten Ungleichverteilung des Reichtums entgegengewirkt und den ProduzentInnen in den “Entwicklungsländern” die Möglichkeit gegeben werden, eine gesicherte und stabile Existenz aufzubauen. Es geht nicht um Almosen für die Armen, sondern darum, diesen Ländern eine “freie” Entwicklung zu ermöglichen, ohne dem Profit-Diktat des Weltmarkts unterworfen zu sein. Auch wenn die Ziele, die mit dieser Politik verfolgt werden, unterstützens- und erstrebenswert sind, sind diese Mittel zur Erreichung des Ziels völlig unzureichend und ungeeignet.

Unsere Kritik

Die Möglichkeit zum konsequenten Erwerb der notwendigerweise teureren Fairtrade-Produkten ist auf relativ einkommensstarke Schichten beschränkt – und dies noch umso mehr, wenn stagnierende/fallende Reallöhne, Zunahme von Armut und generell steigende Lebensmittelpreise beachtet werden. So ist es auch kein Zufall, dass trotz starker Steigerung der Anteil von “fair” gehandelten Lebensmitteln noch immer im Bereich von 0,3% liegt.

Unsere Kritik geht jedoch über diesen Punkt hinaus: Die Schuld für die Ungerechtigkeit des Handels liegt nicht in der „Unverantwortlichkeit“ von „westlichen“ KonsumentInnen. Die tatsächliche Schuld liegt in der Art und Weise, wie die kapitalistische Produktionsweise grundsätzlich funktioniert. Die Produktionsmittel (Fabriken, Rohstoffe…) sind im Privatbesitz einer kleinen Klasse von KapitalistInnen. Diese stehen in Konkurrenz zueinander und sind, um Bestehen zu können, dazu gezwungen, ständig nach Profitsteigerung zu streben und damit ihr Kapital zu erhöhen. Sie haben also gar keine andere Wahl als möglichst viel Profit zu machen. Diese Profite entstehen jedoch nicht durch besonders geschickten oder eben ungerechten Handel, sondern durch die Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse. Damit ist keine moralische Kritik (etwa an besonders schlechten Arbeitsbedingungen gemeint), sondern die private Aneignung der gesellschaftlich hergestellten Produkte durch die KapitalistInnen. Der Grund für Ungerechtigkeit und Ausbeutung und die ungleiche Verteilung des Reichtums liegt also nicht auf der Ebene der Konsumtion, sondern der Produktion und Verteilung.

Marktlogik

Das Konzept von “Fairtrade” verbleibt daher letztlich in der kapitalistischen Marktlogik. “Fair” gehandelte Produkte werden meist nicht aus humanistischen Gründen angeboten, sondern weil damit gut Profite gemacht werden können. (Positive Beispiele, wie die Produkte mancher Kooperativen, sind die Ausnahme). Obwohl die Kaffeehauskette Starbucks rund 60% ihrer Kaffeebohnen “verantwortungsvoll” einkauft, rangiert ihr Chef auf Platz 840 der Superreichen der Welt. Und um des Profits Willen wurden die Versuche von Starbucks-Angestellten in den USA, eine Gewerkschaft zu gründen und für bessere Arbeitsbedingungen einzutreten, bekämpft. Daraus ist klar ersichtlich, dass die Profitlogik die KapitalistInnen nicht nur zu einer Überausbeutung der “Dritten Welt”, sondern auch zur Ausbeutung der Arbeitskräfte in den “Industrieländern” zwingt.

Die Lösung muss daher letztlich auch auf der Produktions-Ebene gesucht werden. Nur in einer Gesellschaft, in der die Produktionsmittel nicht mehr in der Hand einer kleinen Klasse von KapitalistInnen liegt, sondern die Produktion von der ganzen Gesellschaft kontrolliert und organisiert wird, wird es möglich sein, nicht für Profite, sondern wirklich für Bedürfnisse zu produzieren.