Kommunismus und Frauenbefreiung (M 28)

 Die vorliegende Marxismus-Nummer ist der kritischen Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis kommunistischer Frauenpolitik gewidmet. Im Zentrum des überwiegend von Manfred Scharinger verfassten Bandes steht das russische/sowjetische Beispiel. Mit dem ersten ArbeiterInnenstaat wurde immerhin die Voraussetzung geschaffen, auch die sozialistischen Konzeptionen der Frauenbefreiung in die Praxis umzusetzen.

In Teil 1 setzt sich Scharinger mit der Positionsentwicklung in der „Frauenfrage“ im vorrevolutionären Russland auseinander. Er beschäftigt sich mit den frühen Ansätzen von Alexandra Kollontai, Inessa Armand und W.I. Lenin und zeichnet die Entwicklung der ersten sozialistischen Frauenorganisationen nach.
 
Im (deutlich längsten) Teil 2 wird klar, welchen riesigen Sprung vorwärts das revolutionäre Russland und die junge Sowjetunion in Bezug auf die Situation von Frauen gemacht hat; das an sich relativ rückständige Land überholte die ökonomisch fortgeschrittenen westlichen Länder in zahlreichen Aspekten. Scharinger zeigt im folgenden auf, wie sich Bürgerkrieg, Mangel und Bürokratisierung auf die Möglichkeiten zur Forcierung der Frauenbefreiung auswirkten. Er arbeitet dabei aber auch sehr deutlich heraus, dass nicht nur die schwierigen äußeren Umstände schuld am schleppenden Fortgang der Frauenbefreiung waren, sondern auch die beschränkten politischen Ansätze der kommunistischen Partei. Sogar für Kollontai, die führendste Protagonistin der proletarischen Frauenbewegung im revolutionären Russland, war Frauenbefreiung übermäßig auf Mutterschutz orientiert.
 
Im Mittelpunkt von Teil 3 stehen die – überwiegend in Russland und dem deutschsprachigen Raum geführten –  Diskussionen um eine neue Sexualmoral. Scharinger spannt dabei den Bogen der Auseinandersetzung von Ruth Fischer und Otto Rühle über die Kontroverse zwischen Kollontai, Armand und Lenin um „freie Liebe“ bis hin zu A. Salkind, Felix Halle und Wilhelm Reich.
 
In Teil 4 analysiert Scharinger die verheerenden Auswirkungen des stalinistischen Bürokratismus auf die Geschlechterverhältnisse – darunter die Kriminalisierung der Homosexualität, das Verbot der Abtreibung, ein massiv gehypter Mutterkult und die Propagierung der bürgerlichen Kleinfamilie zur Reproduktion von sexistischen Rollenbilder.
 
Teil 5 beleuchtet die internationale Ebene der proletarischen Frauenbewegung und beschäftigt sich mit der Entwicklungsgeschichte des Internationalen Frauensekretariats und seines Verhältnisses zur Kommunistischen Internationale.
 
In Teil 6 untersucht Johannes Wolf die Frauenpolitik der frühen KPD.
Mit Kommunismus und Frauenbefreiung legen wir nun den zweiten Band zum Themenbereich Frauenunterdrückung-Geschlechterverhältnisse vor. Die Arbeit Sozialistischer und marxistischer Feminismus. Positionsentwicklungen in den letzten 35 Jahren haben wir vor einigen Monaten heraus gebracht. Weitere Publikationen zu diesem Themenbereich sind in Arbeit.
 
Maria Pachinger
 

 Marxismus Nr. 28
März 2006, 520 Seiten A5, Euro 18 (plus Porto)
ISBN 3-901831-24-X
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