Sozialdemokratie enttäuscht Erwartungen – ArbeiterInnen nehmen die Sache selbst in die Hand

Trotz des Wahlsieges der SozialdemokratInnen um ihren Spitzenkandidaten Zapatero bei den Parlamentswahlen im März dieses Jahres spitzen sich die Arbeitskämpfe in Spanien weiter zu, wie an zwei Beispielen sichtbar wird…

Streikende FabrikarbeiterInnen im Baskenland

Seit Oktober 2003 streikt ein Großteil der Belegschaft von Cabalitto, der spanischen Tochter des deutschen Schleifmaschinenproduzenten Pferd-Rüggeberg. Nach den Betriebsferien, die Anfang September 2004 endeten, wurde der Kampf von den ArbeiterInnen in der Stadt Vitoria (Baskenland) wieder aufgenommen. Ihre einzige Forderung ist es, direkt mit den deutschen Chefs über die Wiedereinstellung aller zuletzt gekündigten KollegInnen zu verhandeln, die tarifvertraglichen Fragen scheinen bereits weitgehend gelöst worden zu sein. Die 115 Streikenden der Fabrik sind seit dem Ende der Betriebsferien nun 24 Stunden am Tag anwesend. Die Firmenführung setzt trotz erheblicher Auswirkungen auf die Produktion nicht auf Entspannung der Lage. Erst vor wenigen Wochen wurde die Firma Perf-Rüggeberg zu einer Geldstrafe wegen Streikbehinderung verurteilt worden, da dem Betriebsrat der Zugang zur Fabrik verwehrt wurde.

Das Werk in Vitoria ist eines der bedeutendsten für die Herstellung von Schleifmaschinen. Erst kurz vor Streikbeginn eröffnete die Firma ihre sechste Fabrik, um der gestiegenen Nachfrage stand halten zu können. Doch nun steht der Betrieb im Baskenland seit einem Jahr de facto still. Der Schleifmaschinenhersteller muss bei der Konkurrenz einkaufen, kommt der Nachfrage aber trotzdem nicht nach.

Der Versuch der Firmenleitung, den Streik einfach ausbluten zu lassen, ging deutlich in die Hose und das, obwohl die ArbeiterInnen kein Geld aus der Streikkasse der Gewerkschaften bekommen (können). So müssen sie von den Spenden anderer ArbeiterInnen, die in den Betrieben, Kneipen und Wirtshäusern von Vitoria gesammelt werden, oder von Einnahmen aus Solidaritätsveranstaltungen, überleben. Derzeit wird von verschiedenen spanischen BetriebsrätInnen eine große Versteigerung zu Gunsten der Streikenden vorbereitet, für die u.a. baskische Sportstars Trikots und andere persönliche Dinge zur Verfügung gestellt haben.

In Spanien besitzen nur die kleine Gewerkschaft USO und die große baskische Gewerkschaft ELA Streikfonds, diese sind aber nach unzähligen Klassenkämpfen in der nahen Vergangenheit geleert.

Auch konnte der Arbeitskampf der Belegschaft nicht durch andere Versuche der Firmenleitung niedergeschlagen werden. Weder durch die Drohung der Verlagerung der Produktion nach Polen, noch durch den Versuch der Spaltung der ArbeiterInnen. Die sozialdemokratische Gewerkschaft UGT hatte im Juli ein Abkommen am Betriebsrat vorbei mit der Firmenleitung ausverhandelt. Dieses wurde aber von den Streikenden abgelehnt, da es die Wiedereinstellung der gekündigten KollegInnen nicht beinhaltete. Als Konsequenz dieser Verhandlungen hinter dem Rücken der Betroffenen nahmen aber die 14 Mitglieder der UGT in der Fabrik wieder ihre Arbeit auf.

Der Betriebsrat will den Kampf bis zum Ende weiterführen und weiterhin die Fabrik kontrollieren, um zu verhindern, dass fremdes Personal eingestellt werden kann.

Protestierende WerftarbeiterInnen in ganz Spanien

Am Dienstag, dem 14. September 2004, streikten rund 11.000 der 40.000 spanischen WerftarbeiterInnen an den 11 Standorten der noch im Staatsbesitz befindlichen Izar-Gruppe. Sie wollten damit abermals ihren Protest gegen die Pläne der Regierung, die Werften zu privatisieren, kund tun. Vor allem in den spanischen Städten Cadiz und Sevilla kommt es immer wieder zu Konfrontationen mit der Polizei. Seit dem Streik am Dienstag werden dort nun auch wieder Straßen und Schienen blockiert.

Damit weisen die Streikenden auch den sozialdemokratischen Ministerpräsident Zapatero zurück. Dieser erklärte vergangenen Sonntag bei einer Rede in Bilbao, dass er die Werften retten wolle. Die Beschäftigten glauben ihm dies offensichtlich nicht. Diese Meinung ist nicht unbegründet, denn zusammen mit Gewerkschaften und "WirtschaftsexpertInnen" hat die Regierung einen Industrieplan für die Werften ausgearbeitet. Sowohl dieser als auch jener Plan der "Staatlichen Gesellschaft zur Beteiligung in der Industrie" (Sepi) sehen eine Zerschlagung und Privatisierung der Izar-Gruppe vor. Lediglich der militärische Teil der Izar-Gruppe soll in staatlicher Hand bleiben.

Die Werften bekommen seit Jahren keine Aufträge und könnten, aufgrund der billigen Konkurrenz aus Asien, nicht ohne dem Staat überleben. Wie wichtig die Werften jedoch für die Küstenregionen sind zeigt etwa, dass allein in Galizien mindestens 10.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen und in vielen der betroffenen Küstenstädte im Norden und Süden des Landes bereits jetzt die Arbeitslosigkeit die 25% Marke überschritten hat.

Beide Streiks sind symptomatisch für die Entwicklung in Spanien. Mit dem Wahlsieg der sozialdemokratischen PSOE verknüpften sich Erwartungen, dass nun eine andere Politik als unter der konservativen PP (Volkspartei) umgesetzt würde. Die Sozialdemokratie ist dazu nicht bereit, nun nehmen die ArbeiterInnen ihr Schicksal selbst in die Hand. Österreichs ArbeiterInnen sollten sich daran nach einem möglichen Wahlerfolg der SPÖ nach den nächsten Nationalratswahlen ein Beispiel nehmen …