In diesen Tagen verschicken die 20 österreichischen Krankenkassen an alle Versicherten über 14 Jahre in Österreich, die im Vorjahr irgendwelche Leistungen von der Krankenkasse erhalten haben, Informationsbriefe. Aufgelistet sind darin die Preise all dieser Leistungen, also Medikamente, ärztliche Behandlungen, Heilbehelfe, Kuraufenthalte oder Krankentransporte (nur Spitalsaufenthalte sind ausgespart).
Die Idee hinter der Aktion ist klar: den PatientInnen soll Angst gemacht werden, es soll gezeigt werden, wie teuer ihre Behandlungen sind – gerade bei älteren Menschen, die natürlich mehr medizinische Betreuung brauchen (und damit höhere Kosten "verursachen"), könnte das dazu führen, das sie künftig weniger medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen. Und was sonst als die Reduktion der Kosten könnte auch der Sinn der Übung sein? Dies an sich wäre ja sinnvoll, doch wird hier eindeutig bei den falschen angesetzt.
Es ist offensichtlich, dass die Kosten im Gesundheitswesen steigen. Verursacht wird das durch die hohen Medikamentenkosten, durch die Verschreibungspraxis der Ärzte (die daran verdienen, wenn sie mehr Medikamente verschreiben), aber auch durch das Älterwerden der Bevölkerung.
Für die ersten beiden Gründe sind wohl nicht die PatientInnen verantwortlich, sondern die Pharmakonzerne. Vielleicht sollten die Krankenkassen besser einen Brief an die großen Pharmamultis verschicken? Sie könnten gleich beim Konzern von Wirtschaftsminister Bartenstein, einem der reichsten Männer Österreichs, anfangen.
Die längere Lebenserwartung hingegen kann den PatientInnen sehr wohl angelastet werden. Doch was tun? Selbstmord? So zynisch das klingen mag, die Gedanken mancher Berater der Regierung gehen indirekt in diese Richtung. So schlug der Gesundheitsökonom und ehemalige Sprecher des Liberalen Forums von Heide Schmidt ernsthaft vor, doch bei den Gesundenuntersuchungen einzusparen. Sein Argument: wenn die Menschen früher zur Untersuchung gehen, werden mehr Krankheiten erkannt, die Menschen können gerettet werden um dann neuerlich zu erkranken. Es wäre also weit ökonomischer, die Menschen gleich beim ersten Mal sterben zu lassen. Das war dann Gesundheitsminister Rauch-Kallat – die von Köck beraten wird – in der öffentlichen Wahrnehmung doch zu peinlich, sie beeilte sich, sich von Köck zu distanzieren. Doch wir können hier ahnen, wie zynisch die Regierenden denken.
Peinlich allerdings, dass die Krankenkassen nicht einmal ihre eigene Panikmache pannenlos über die Bühne bringen. Eine Patientin fand in ihrem Schreiben eine Auflistung von 13,363,70 Euro für ihre Zahnbehandlung, tatsächlich hatte sie aber von der Krankenkasse 2041,35 Euro erhalten. Sie ist nicht der einzige Fall, es wird mit zehntausenden Einsprüchen gerechnet. Schuld sei ein "Programmierfehler", wird bei der Krankenkasse erklärt.
Das Ausheben der Dateien, das Verschicken von Briefen an rund 6,1 Menschen, die Druckkosten, das Porto, … verschlingen insgesamt rund 6 Millionen Euro (das waren 82,5 Millionen Schilling). Geld, das im Gesundheitswesen sicher gut gebraucht werden könnte.
Uns fallen, ohne nachzudenken, eine ganze Reihe von Einsparungsmöglichkeiten in Gesundheitssystem ein: Der Druck muss bei den Pharmakonzernen ansetzen, die mit ihren irrwitzigen Preisen Milliardengewinne scheffeln, anstatt die Misere auf die PatientInnen abzuwälzen.
Wir stehen weiter zu einem kostenlosen, öffentlichen Gesundheitssystem für alle in Österreich lebenden Menschen, in der jeder Mensch, unabhängig vom Einkommen die bestmögliche medizinische Versorgung erhält.