Die irakische Linke – Aufstieg und Fall der IKP

Die irakische ArbeiterInnenbewegung, die heute vor einem Trümmerhaufen steht, kann auf stolze Traditionen zurückblicken, die bis in die 20er Jahre zurück reichen. Ihre Geschichte ist untrennbar mit der Geschichte der 1934 gegründeten IKP, der Irakischen Kommunistischen Partei, verbunden.

Wie viele sozialistische Parteien im Nahen Osten erlebte auch die IKP ihren Aufschwung ab Anfang der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Vor allem in den sechziger und siebziger Jahren kam es infolge der zunehmenden Industrialisierung in allen erdölproduzierenden Ländern zu einem starken Anwuchs der Bevölkerung (im Irak von 8 auf 22 Millionen!). Dadurch erfolgte auch eine enorme Proletarisierung der Gesellschaft, wie wir sie aus vielen europäischen Ländern des neunzehnten Jahrhunderts kennen.

Nachdem die pro-britische, irakische Monarchie 1958 von einer Reihe panarabischer Offiziere gestürzt wurde, war die IKP bereits zu einer beachtlichen politischen Kraft mit realem Masseneinfluss herangewachsen. Mit ihren 25.000 Mitgliedern und weiteren 84.000 Mitgliedern ihrer Jugendorganisation war die IKP eine der stärksten kommunistischen Parteien im arabischen Raum. Dies veranlasste u.a. die CIA, die Situation im Land als "die gefährlichste in der gegenwärtigen Welt" zu beschreiben.

Etappentheorie

Doch wie viele Moskau-treue Parteien schaufelte sich auch die IKP letztendlich ihr eigenes Grab. Ihr Grabwerkzeug war die sogenannte "Etappentheorie". Nach dieser Theorie ist es möglich, den Sturz des Kapitalismus in zwei strikt von einander getrennten Etappen zu verwirklichen: zuerst eine demokratische, oft auch bekannt als antimonopolistische Demokratie, in der die ArbeiterInnenklasse zwar mehr Rechte erkämpft, der Kapitalismus aber bestehen bleibe. In einer späteren Phase könne er dann überwunden werden.

Ausgestattet mit diesem Werkzeug unterstützte die IKP zuerst die Regierungen von Oberst Abdul Salam Aref und später General Karim el Kassem und schließlich auch das Regime der Baath-Partei Saddam Husseins. Die Partei hatte zwar die Massen hinter sich, wurde aber von den NationalistInnen heftigst bekämpft, und ihre Funktionäre waren ständigem Terror ausgesetzt 1963 fand abermals ein – von baathistischen und anderen nationalistischen Offizieren geführter – Putsch statt. Obwohl die Baath-Partei erst 5 Jahre später endgültig an die Macht kommen sollte, folgten blutige Verfolgungen der Linken.

Die IKP schwankte mehrmals in ihrem Kurs. Während die Basis nicht gewillt war, mit ihren ehemaligen Hauptfeinden zusammenzuarbeiten, unterstützte die Parteiführung (wohl auf Druck der sowjetischen Außenpolitik) immer wieder die nationalistische Regierung. Zudem verlor die Partei allmählich viele ihrer Mitglieder und SympathisantInnen, denn die Baath-Partei übernahm teilweise – zumindestens verbal – kommunistische Programmatik. Mit der Verstaatlichung der Ölindustrie wurde eine traditionelle Forderung der IKP erfüllt.

Niederlage

1979 schlug die Etappen-Theorie dann endgültig fehl. Als sich Saddam Hussein an die Spitze der Baath-Partei setzte, holte er zum letzten Schlag gegen die irakische ArbeiterInnenbewegung aus. Mit Billigung der imperialistischen Staaten konnte er in den folgenden Jahren tausende irakische KommunistInnen ermorden.

Der politische Islam

Dies ist auch der Grund weshalb das Bild, welches die meisten Menschen heute vom Nahen Osten haben, im Wesentlichen von islamistischen Kräften dominiert wird. Denn seit den 50er Jahren unterstützte der Imperialismus reaktionäre Kräfte in ihrem Kampf gegen die Linke. Der politische Islam spielte für lange Zeit eine unbedeutende Rolle im arabischen Raum, doch im Kampf gegen die stalinistische Sowjetunion und andere Hindernisse kam er den imperialistischen Staaten gerade recht. Aber die Monster, die sich CIA und Co. einst herangezüchtet haben, wendeten sich später in zahlreichen Fällen (z.B. Osama Bin Laden) gegen sie. Die IKP wiederum ist mittlerweile ins imperialistische Lager übergelaufen, und sitzt im irakischen Übergangsrat, einer Marionettenregierung der Besatzungsmächte.