Streik gegen Sozialabbau! Raus aus der sozialpartnerschaftlichen Sackgasse!

"Streik" – das lange verpönte "S-Wort" ist auch bei uns endlich wieder salonfähig geworden. Die Empörung bei den Arbeiter/inne/n und Angestellten über die brutale Sozialabbauoffensive der Schwarz-Blauen Kapitalist/inn/enregierung ist so groß, dass die über Jahre und Jahrzehnte zahme und auf sozialpartnerschaftlichem Kompromisskurs segelnde Gewerkschaftsbürokratie jetzt endlich reagieren muss.

Meinungsumfragen (deren Stellenwert wir keineswegs überschätzen) zeigen, dass wesentliche Teile der arbeitenden Bevölkerung heute von den Gewerkschaften massiveren und effizienteren Widerstand gegen die Pensionsreform, die Selbstbehalte im Gesundheitsbereich, die steuerliche Auspressung und die anderen antisozialen Attacken von FPÖVP erwarten, einen Widerstand, der von den sogenannten Oppositionsparteien, auch der SPÖ, nicht geleistet wird.

SPÖ: Die Opposition, von der Schüssel träumt

Tatsächlich ist die sozialdemokratische Führung auch angesichts der jüngsten Grausamkeiten im Regierungspakt von ÖVP und FPÖ passiv und zahnlos geblieben. Auch wenn die SPÖ-Politiker/innen immer wieder erklären, dass "der Mensch zählt" “ viel mehr zählt für sie, sich erfolgreich der herrschenden Kapitalist/inn/enklasse anzubiedern, um bei nächstbester Gelegenheit wieder in einer Regierung mitmischen zu können, durchaus auch als Juniorpartner der Schüssel-ÖVP. Daher ist von dieser Seite kein wirkliches Alternativkonzept zu den neoliberalen Angriffen auf die sozialen Errungenschaften der österreichischen Arbeiter/innen zu erwarten. Denn die Finanzierung des Sozialsystems ist nur dann möglich, wenn man bereit ist, die Profite der Unternehmer/innen anzugreifen und die Mittel für das Gesundheitswesen, die Pensionen und das Bildungswesen dort zu holen, wo sie überreichlich vorhanden sind: Bei den Kapitalist/inn/en, ihren Banken und Konzernen.

Die SPÖ-Bürokratie ist maximal bereit, den neoliberalen Konzepten ein "menschliches" Kostüm zu verpassen “ wie ihre Beinahe-Zustimmung zu einem Koalitionspakt mit der ÖVP gezeigt hat, gibt es inhaltlich keine wirklich gravierenden Differenzen zum derzeitigen Regierungskurs.

Gewerkschaften müssen Widerstand organisieren…

Kein Wunder also, dass sich die Arbeiter/innen und Angestellten wieder der grundlegendsten Funktion der Gewerkschaften entsinnen – nämlich dafür zu sorgen, dass sie den bestmöglichen Preis aus dem Verkauf ihrer einzigen Ware, der Arbeitskraft, erzielen und dass sie nicht einer willkürlichen und ungeregelten Ausbeutung ausgesetzt werden dürfen.

Die lange als gegeben angesehene Zwillingsbruderschaft zwischen SPÖ und ÖGB ist in den letzten Jahren einige Male ins Wanken geraten. Nach wie vor sitzen Spitzengewerks-chafter/innen der FSG als SPÖ-Abgeordnete im Nationalrat oder gehören den Parteigremien an “ trotzdem gibt es zumindest Haarrisse in der einst ungetrübten Beziehung zwischen den Repräsentanten von Partei- und Gewerkschaftsapparat.

Dass die Einzelgewerkschaften plötzlich Streik als mögliche Kampfform wiederentdeckt haben, bedeutet keine "innere Erneuerung"; vielmehr ist die Unzufriedenheit in den Betrieben so groß geworden, dass der ÖGB mittels seiner Sensorien “ hauptsächlich den gewerkschaftlich organisierten Betriebsrät/inn/en “ erkennen musste, wie groß die Wut an der Basis inzwischen geworden ist.

…und denken dabei an ihre eigenen Privilegien

Zugleich sind sich die ÖGB-Bürokrat/inn/en sehr wohl bewusst, wie sehr die Regierungspolitik ihre eigenen, in Jahrzehnten der Sozialpartnerschaft ausgehandelten,

Privilegien und Pöstchen gefährdet: Nach der Umfärbung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger fordert die Wirtschaftskammer nun die Umfärbung der

Gebeitskrankenkassen und der Sozialversicherungsträger. Die Hälfte aller Funktionen soll von Repräsentant/inn/en der Unternehmer/innen eingenommen werden, der Rest von den "Arbeitnehmervertreter/inne/n". Rechnerisch ist der Plan klar: Die WKÖ wird von ÖVP und FPÖ dominiert “ deren Vertreter würden in den derzeitigen

Gremien gemeinsam mit den "Arbeitnehmervertreter/innen" von Christgewerkschaften und "Freiheitlichen Arbeitnehmern" eine satte Mehrheit haben und damit die

Sozialversicherungen zum willenlosen Exekutor der Angriffe im Gesundheits- und Sozialbereich machen. Die geplanten Privatisierungsmaßnahmen im ÖIAG-Bereich

würden zu Unternehmenszerschlagungen und damit einer kalten Entmachtung von Zentralbetriebsräten und Gewerkschaften im staatsnahmen Bereich führen – damit

würde eine organisatorische Bastion der österreichischen Gewerkschaftsbewegung schwerstens erschüttert.

Was steckt nun wirklich hinter der "Kampfbereitschaft" des ÖGB?

Zunächst: Eine Arbeiter/innen/klasse, die man Jahrzehnte hindurch mit Illusionen in die Interessensgleichheit zwischen Kapital und Arbeit gefüttert hat, der man eingbläut hat, dass Streiks die Werke des Bösen (sprich: der "Kommunisten") sind; die auf Grund der Entpolitisierung der Gewerkschafts- und SP-Parteistrukturen keinerlei massenhafte Erfahrung in politischer Organisierung und Selbstorganisierung sammeln konnte; eine solche Arbeiter/innen/klasse muss erst wieder zu kämpfen lernen.

Und das wissen die Gewerkschaftsbürokrat/inn/en (die natürlich selbst auch erst wieder lernen müssen, wie man Streiks und Straßenproteste organisiert!) sehr genau: Die Arbeiter/innen lernen schnell, wenn es um ihre ureigensten Interessen geht! Daher auch die Absicht der Bürokrat/inn/en, die jetzigen Proteste von Haus aus unter Kontrolle zu halten, jede Mitsprache der Basis zu verhindern. Wenn etwa die Gewerkschaft der Gemeindebediensteten auf Spitzenebene einen Beschluss für einen zweistündigen Generalstreik am 6. Mai fasst, ist das begrüßenswert; wenn gleichzeitig die handvoll Funktio-när/inn/e/n, die von diesem Beschluss informiert werden, aufgefordert werden, diesen Beschluss geheim zu halten, sagt das sehr viel “ und nichts Gutes! – über das Verhältnis Gewerkschaftsspitze/Basis aus.

Natürlich ist es taktisch richtig, bei Streikvorbereitungen nicht frühzeitig die Karten auf den Tisch zu legen, um den Feind nicht vorzuwarnen und ihm die Möglichkeit zu geben, seine Kräfte zu formieren. Man kann aber einen Streik auch nicht hinter dem Rücken derjenigen, die ihn tragen sollen und müssen “ den Arbeiter/inne/n “ vorbereiten!

Genau in dieser "Streik-auf-Knopfdruck-Mentalität" des ÖGB liegt die größte Gefahr, vor allem, wenn ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch schon wieder neue Verhandlungen mit den "Wirtschaftspartnern" und der Regierung ankündigt. Die politisch bewussten Arbeiter/innen kennen das Spiel zur Genüge: Steigt der Druck an der Basis, wird der ÖGB "aktiv" (siehe ÖGB-Urabstimmung) “ ist der Dampf draußen, nimmt man die Erfolge der Scheinmobilisierung her und verwendet sie als Unterpfand für faule Kompromisse mit den Kapitalist/inn/en.

Das darf diesmal nicht geschehen! Wenn die Regierung mit ihrer Pensions"reform" durchkommt, droht breiten Schichten der arbeitenden Bevölkerung in einigen Jahren

die echte und brutale Verarmung, mit allen Implikationen (bereits jetzt rechnen Experten der Hausbesitzer/innenverbände, dass sich ein Drittel der Bevölkerung ab

2007 die Mieten nicht mehr wird leisten können). Exemplarisch sei auf Großbritannien verwiesen, wo der neoliberale Kurs seit den 80er Jahren zu einem rasanten Anstieg von Obdachlosigkeit geführt und fast 10 Millionen Menschen an die Armutsgrenze gefdrängt hat.

Volle Unterstützung für die ÖGB-Aktionen, aber: Selbstorganisation in den Mittelpunkt stellen!

Auch wenn wir davon ausgehen müssen, dass die Gewerkschaftsbürokratie hinter dem Rauchvorhang ihrer kämpferischen Rhetorik einen neuen Verrat vorbereitet und nur versucht, der Sozialpartnerschaft neues Leben einzuhauchen, müssen wir die gewerkschaftlichen Mobilisierungen tatkräftig unterstützen “ und dabei weiter gehen, als dem Apparat lieb ist!

Nutzen wir die geplanten Betriebsversammlungen, um unserer eigenen Stimme Gehör zu verschaffen!

  • Fordern wir auf den Betriebsversammlungen die Bildung demokratisch gewählter Aktionskomitees in den Betrieben zur Vorbereitung der Streik- und Protestmaßnahmen. Wählen wir in diese Komitees einfache Beschäftigte, nicht nur Gewerkschaftsfunktionär/inn/e/n und Betriebsratsmitglieder. 

  • Fordern wir vom ÖGB, den Einzelgewerkschaften, aber auch unseren Betriebsräten, dass sie nicht nur in Worten zu Aktionen aufrufen, sondern auch wirklich handeln! Schicken wir entsprechende Resolutionen und Unterschriftenlisten an die Gewerkschaftsführungen! Machen wir diese Briefe öffentlich “ als Flugblätter, als Leser/innen/briefe, im Internet, um anderen Kolleg/inn/en Mut zu machen!

  • Für Demokratie im ÖGB! Gegen jede Geheimverhandlung zwischen abgehobenen Funktionär/inn/en und der Regierung! Wenn es unter dem Druck der Proteste zu Verhandlungen kommen sollte, fordern wir, dass Arbeiter/innen, Angestellte, Lehrlinge, aber auch Schüler/innen, Student/inn/en und Pensionist/inn/en an solchen Gesprächen teilnehmen müssen! Wo steht es denn geschrieben, dass immer nur "kleine Komitees" selbst ernannter Vertrer/innen verhandeln dürfen? 

  • Geben wir kommenden Streiks eine klare Richtung: Wir wollen nicht für eine "Nachbesserung" des Sozialabbaus kämpfen, sondern gegen den Sozialabbau selbst! Das kann aber nur eines bedeuten: Streiken wir, bis die schwarz-blaue Kapitalist/inn/enregierung fällt!