Afghanistan heute – Hat sich etwas verändert?

Im Schatten des Irak-Krieges wurde in Afghanistan die größte militärische Operation gegen die Taliban seit dem Überfall der USA durchgeführt. Durch die Analyse der jetzigen Situation im Land fällt es leicht, sich ein Bild davon zu machen, wie der Irak unter US-Herrschaft nach Beendigung der Invasion aussehen wird.

Schon lange vor dem Anschlag am 11. September war der Überfall auf Afghanistan beschlossene Sache. Das damalige Regime stand einem lang ersehntem US-Projekt, dem Bau einer Pipeline quer durch das Land, im Wege. Während des Krieges wurden über 10.000 Tonnen Bomben auf Afghanistan abgeworfen, wobei rund 8.000 Menschen – größtenteils ZivilistInnen – starben und bis heute mindestens 20.000 Menschen an den Folgen der Bombardierungen gestorben sind.

Is this how democracy looks like?

Nach dem Sturz der Taliban fand in Kabul eine Interimspräsidentenwahl statt. Favorit war der Adelige Karsai vom Volk der Paschtunen. Karsai ist einer der mächtigsten und einflussreichsten Männer im Kreis einer traditionellen Versammlung von Stammesführern und politischen lokalen „Warlords“ in Afghanistan. Vor der Wahl wurden etwa 700 seiner Gegner von der Wahl ausgeschlossen, sie durften nicht wählen. Im Gegensatz dazu wurden zahlreiche Symphatisanten Karsais eingeladen. Diese erhofften sich sogenannte Hilfsgelder. Die Wahl ging zu Gunsten Kar-sais aus. Auffallend allerdings, dass dieser schon, bevor die Wahl offiziell zu Ende war, das Ergebnis verkündete. In Kar-sais Lebenslauf sticht heraus, dass er früher nicht nur in der CIA, sondern auch Berater des US-Ölkonzerns UNOCAL war.

Der Rest des Kabinetts Karsais besteht aus Mitgliedern der US-treuen Nordallianz und ehemaligen Kriegsverbrechern. Die Nordallianz besteht teils aus Taliban, die während des Krieges die Seiten gewechselt haben, teils aus konkurrierenden fundamentalistischen Strömungen. Entsprechend gilt die fundamentalistische Gesetzgebung, die Scharia, weiterhin, Steinigungen bei Ehebruch oder das Abhacken von Extremitäten für Diebstahl werden als legal betrachtet.

Seit der Abschaffung des Tali-ban-Regimes hat sich auch sozial nicht viel verändert. Vor dem Krieg litten 40% der afghani-schen Bevölkerung unter Unterernährung, nun beläuft sich dieser Prozentsatz auf erschreckende 91%. Dazu kommt, dass in den letzten Monaten etwa vier Mio. Flüchtlinge nach Afghanistan zurückgekehrt sind. Während des Krieges gaben die USA Unmengen von Dollar aus, nun sehen sie für den Wiederaufbau mickrige 300 Millionen Dollar als zufriedenstellend an. Jedoch wären Milliardenbeträge nötig, um eine funktionierende Infrastruktur zu schaffen und das Land von Minen zu säubern.

Folter…

Nicht nur unter den Auswirkungen des Krieges, sondern auch unter dem Verhalten der US-SoldatInnen müssen Af-ghanInnen leiden. US-Soldat-Innen foltern Kriegsgefangene in einem unaussprechlichen Ausmaß. Ein ehemaliger Soldat, der in Schiberghan stationiert war, erzählt von einem Erlebnis, wobei einem Kriegsgefangenen das Genick gebrochen wurde, einem anderem Säure über Gesicht und Körper geschüttet worden ist.

Der BBC-Journalist Doran filmte die Ermordung von 3000 afghanischen Gefangenen, an der US-Agenten beteiligt waren. Gefangene wurden in Container gedrängt, darin blieben sie, bis sie erstickten, verhungerten oder verdursteten. Die Brutalität der US-Regierung zei-gen auch die unmenschlichen Verhältnisse, unter denen mehrere hundert Taliban auf dem US-Stützpunkt in Guantanamo/Cuba in Käfigen und in totaler Isolation verbringen.

Traum und Wirklichkeit

Vor allem die Frauen sind in Afghanistan betroffen. Die US-Administration wiederholt ihre besondere Verpflichtung gegenüber afghanischer Frauen. In einer Rede Bushs hieß es: „Eine blühende Nation wird die Rechte der Frauen respektieren, weil keine Gesellschaft gedeihen kann, wenn sie der Hälfte ihrer Bürger die Möglichkeiten verweigert.“ Doch wie wichtig Bush Frauenpolitik in seinem eigenen Land ist, ist bekannt.

Nach dem Einmarsch der USA wurde versucht, der Weltöffentlichkeit eine Verbesserung der Frauenrechte vorzuspielen. Hilfreich war dabei die Präsidentschaftskandidatin Massouda Jalal, die als Feigenblatt vorgezeigt, allerdings weder gewählt wurde, noch irgendwelchen Einfluss hat. Trotz der „Befreiung“ herrscht in vielen Köpfen die Idee, dass Frauen nicht alleine ausgehen dürften, nicht einmal um z.B. Einkäufe zu erledigen. Frauen sprechen übrigens davon, dass sich die US-Soldaten ge-nauso verhalten wie die Taliban. Es gibt auch immer noch keine geregelte Möglichkeit, Schulen oder Universitäten zu besuchen. Die meisten Frauen tragen aus Angst noch immer Burkas und sehen sich keines-wegs als befreit.

Die jetzige Situation in Afghanistan zeigt klar, was die Menschen im Irak nach dem Krieg zu erwarten haben: nichts. Die Situation der Menschen hat sich nicht verändert, die alten Eliten sind weiter an der Macht, die USA können endlich die langersehnte Pipeline bauen. Wem das bekannt vorkommt, der/die irrt sich nicht.