Nach 11 Tagen in einem Bergwerk haben Anfang Dezember etwa 500 mazedonische Bergleute ihren erschöpfenden Hungerstreiks in einem Bergwerk beendet, nachdem die Verantwortlichen die Zahlung der noch ausstehenden Löhne zugesagt hatten. Die Arbeiter der staatlichen SASA-Mine in Ost-Mazedonien führten den Hungerstreik, um gegen die ursprüngliche Weigerung des Managements zu protestieren, die seit Sommer (!) ausstehenden Löhne zu bezahlen.
Der Gewerkschaftsführer, Dimce Stojmenovski, berichtete, dass die Regierung ihre Schulden gegenüber den Bergleuten – etwa 300 USD pro Monat – begleichen würde, indem ca. 5.000 Tonnen in der Mine produziertes Blei und Zinnerz verkauft würden. "Unser Hungerstreik ist für heute vorüber, aber wir erwarten von der Regierung, eine langfristige Lösung für dieses Bergwerk zu finden," sagte Stojanovski.
Die Regierung sagte kürzlich vor dem Hintergrund einer landesweiten ökonomischen Krise, sie würde das beinahe bankrotte Bergwerk in Makedonska Kamenica, etwa 100 Kilometer östlich der Hauptstadt Skopje privatisieren.
Die Bergleute, die sich selbst in den dunklen, feuchten Schächten 2.400 Meter unter der Erdoberfläche verbarrikadiert und eine Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser zurückgewiesen hatten, beschuldigten die Regierung der absichtlichen Herabsetzung des Wertes der Mine, damit ihre Vertrauten sie billig erwerben könnten. Die offenbar lediglich kurzfristige Lösung beinhaltet auch den Verkauf von Erz an eine in Bau befindliche Fabrik in Zentralmazedonien für eine unbekannte Summe.
Mazedonien, ein kleines Land mit 2 Millionen Einwohnern, ist gerade im Begriff, sich von einem bitteren ethnischen Konflikt zu erholen, der letztes Jahr zwischen albanischen Rebellen und Regierungstruppen wütete. Das Durchschnittseinkommen im Lande beträgt etwa 140 USD pro Monat, und die Arbeitslosigkeit wuchert. Die Regierung hat viele vom früheren Jugoslawien geerbte staatseigene Betriebe privatisiert. Streiks, vor allem in den Bereichen Textil, Druck und in Handelsbetrieben, sind nicht selten.
Der Lohnkonflikt der Bergarbeiter zeigt schlaglichtartig die großen ökonomischen und sozialen Probleme in der Früheren Jugoslawischen Republik Mazedonien (FYROM). Der Streik der Kumpel in Makedonska Kamenica ist dabei kein Einzelfall: In den letzten Tagen traten etwa die Eisenbahnarbeiter in einen allgemeinen Streik, um die Auszahlung der Gehälter für Oktober und November zu erzwingen. Straßen wurden blockiert, der Eisenbahntransport eingestellt. Soweit uns bekannt, wird der Streik bis jetzt lückenlos befolgt.
Der Sieg der Bergleute der SASA-Mine ist wohl ein bloß zeitweiliger. Denn die Interessen des Staates gehen dahin, sich möglichst rasch der seit Jahren vernachlässigten und nach kapitalistischen Kriterien zur Zeit nicht profitabel zu betreibenden Bergwerke und Industrien zu entledigen.
Die Wirtschaftslage in Mazedonien, der südlichsten Teilrepublik des ehemaligen Jugoslawien, ist dramatisch: Nach offiziellen Angaben liegt die Arbeitslosigkeit bei 32,5%, besonders hoch ist die Jugendarbeitslosigkeit: Etwa 70% der 15- bis 24-jährigen sind ohne Beschäftigung. Und die Hoffnung auf eine Erholung der Wirtschaft nach dem Ende des Kosovokriegs war eine nur
trügerische: Kurzfristig konnten mazedonische Unternehmen in großem Umfang Waren und Dienstleistungen sowohl an internationale (Hilfs-) Organisationen als auch an kosovarische Abnehmer liefern und von der Anwesenheit der international community profitieren. Doch diese Scheinblüte geht dem Ende zu – immer mehr internationale Hilfsorganisationen verlassen wieder die Krisenzone am südlichen Balkan, wenn sie nicht überhaupt dazu übergegangen sind, sich die gesamte Infrastruktur aus den eigenen Ländern mitzubringen.
Eines wird auch so immer klarer: Die strukturellen Probleme lassen sich – vor allem in einem rückständigen, kleinen Land wie Mazedonien – nicht mit den Mitteln des kapitalistischen Marktes lösen: Die Folge dieser Illusion ist eine weitgehende Verarmung der Bevölkerung, die Konzentration des Reichtums in den Händen einiger weniger Krisengewinnler und die Ausbreitung mafiotischer Strukturen. Auf der Strecke bleiben die Arbeitenden und die Arbeitslosen.
Einmal mehr zeigt diese Entwicklung, dass die einzige Möglichkeit, die Krise in Mazedonien, aber auch in Kosova, Albanien, Serbien etc. in einem fortschrittlichen Sinne zu lösen, die Perspektive einer sozialistischen Föderation der Staaten am Balkan wäre. Dann, und nur dann, könnte die Spirale von ökonomischer Unterentwicklung, sozialer Perspektivlosigkeit und nationalem Hass durchbrochen werden. Dann könnten aber auch Arbeiteraktionen wie die geschilderte in eine revolutionäre Perspektive eingebunden werden.