Das WEF und seine KritikerInnen

Mitte September trifft sich in Salzburg das World Economic Forum (WEF), ein internationaler Zusammenschluss der 1000 weltweit größten Konzerne. Wie schon im letzten Jahr wird es auch heuer in Salzburg Demonstrationen gegen die Politik des WEF und des internationalen Kapitalismus geben.

 Heinz Schaden, sozialdemokratischer Bürgermeister Salzburgs, warnte bereits "vor der Gefahr, vom Gewalttourismus als nützliche Idioten missbraucht zu werden." Doch die "nützlichen Idioten" demonstrierten für diejenigen, über deren Schicksal verhandelt wurde.

Die Politik des WEF soll an anderer Stelle in dieser Ausgabe behandelt werden (Eine andere Welt ist nötig!), hier wollen wir uns mit einigen Aspekten der Gegendemonstration und der Vorbereitungen dafür auseinandersetzen. Zur Demo rufen eine Reihe von Organisationen auf, in Salzburg zeichnet hauptsächlich das Salzburg Social Forum (SSF) für die Vorbereitungen verantwortlich. Gleichzeitig gibt es in Salzburg und bundesweit Diskussionen über die Art der Aktionen, die in Salzburg stattfinden sollen.

Derzeit kreist die Diskussion vor allem darum, wie sich die DemonstrantInnen zur Frage der Gewalt stellen (mehr zu diesem Thema Staat, Gewalt, Staatsgewalt) und ob es sinnvoll ist, mit dem WEF zu diskutieren. Beides im übrigen Diskussionen, die sich derzeit weltweit in der gesamten Bewegung gegen die kapitalistische Globalisierung stellen.

Die Frage der Gewalt gewinnt besondere Aktualität durch die Repression auf der Salzburger Demo im letzten Jahr. Damals wurde von der Polizei ausschließlich eine Standkundgebung genehmigt. Über dieses Verbot setzten sich die DemonstrantInnen hinweg, die anschließende Demo wurde von einem großen Polizeiaufgebot begleitet, rund 900 DemonstrantInnen, darunter eine Reihe von AktivistInnen der AL, wurden über mehrere Stunden von der Polizei eingekesselt, wobei sich vor allem die Wiener Alarmabteilung, die WEGA, hervortat. Im Anschluss wurden 113 Verfahren gegen DemonstrantInnen eingeleitet, die Verfahren sind am Laufen. Gleichzeitig wurde Salzburg bereits Tage vor der Demo in eine Polizeifestung verwandelt, überall in der Stadt wurden ohne ersichtlichen Grund Ausweise kontrolliert.

Unterschiedliche Zugänge

Dass die "global leaders" kein Fest der Einsamkeit feiern werden, ist bereits klar. Doch unter den organisierenden Gruppen gibt es unterschiedliche Zugänge. Das SSF hat einen Aufruf veröffentlicht, dem in weiten Teilen zugestimmt werden kann.

Doch der Punkt "Für einen gewaltfreien Protest" macht für viele die Zustimmung unmöglich. Konkret heißt es: "Für unseren Protest gegen den WEF-Gipfel in Salzburg lehnen wir jede Form von Gewalt ab. (…) Wir rufen die TeilnehmerInnen der Demonstration und anderer Veranstaltungen zu gewaltfreiem Handeln auf." Wir halten diesen Punkt für untragbar. Auch wir sind nicht an einer Konfrontation mit der Polizei interessiert, halten sie sogar für kontraproduktiv. Wir halten diesen Punkt also nicht deshalb für untragbar, weil wir vor hätten, Salzburg in Schutt und Asche zu legen, sondern weil wir glauben, dass dieser Aufruf die Gefahr in sich birgt, die DemonstrantInnen in "gut" und "böse" zu spalten.

Der beste Schutz wird jedenfalls in einer wohlorganisierten Demo mit einem gemeinsamen OrdnerInnendienst und einer gemeinsamen Demoleitung bestehen, die die Verteidigung der Demo organisieren können. Und diese Verteidigung gegen jede Form von Übergriffen halten wir für legitim.

Eine zweite wichtige Differenz zu vielen Gruppen, etwa Attac, ist die Frage, ob mit dem WEF diskutiert werden soll. Doch die WEF-Spitzen werden uns nicht überzeugen, wir werden sie nicht überzeugen, der einzige Sinn besteht darin, "Dialogbereitschaft" zu zeigen. Wir lehnen das ab, wir wollen den KapitalistInnen keine Legitimität verleihen, indem wir mit ihnen (worüber eigentlich?) diskutieren. Attac sieht das anders, bereits im letzten Jahr fanden Diskussionen mit dem WEF statt. Doch damit wird Attac zum Feigenblatt des WEF, das sie vorzeigen können, um die "bösen Radikalen" zu diffamieren.

Ungeachtet dieser unterschiedlichen Einschätzung halten wir Salzburg für einen wesentlichen Mobilisierungs-Punkt in diesem Jahr. Das World Economic Forum und seine Mitglieder stehen stellvertretend für alles, was fortschrittliche Menschen ablehnen.

In Salzburg und Davos (wo die jährlichen Haupttreffen des World Economic Forum stattfinden) kommen viele der wichtigsten VertreterInnen des internationalen Kapitalismus zusammen, um miteinander Strategien zu planen, Ideen auszutauschen und die weitere Ausbeutung der Welt zu planen. In Salzburg demonstrieren wir gegen Sozialabbau und Ausbeutung, gegen die drohenden Kriege, gegen Umweltverschmutzung, aber auch gegen den Rechtsextremismus, der in immer mehr europäischen Ländern regierungsfähig wird. Vor allem aber demonstrieren wir gegen das System, das dahintersteht: den Kapitalismus.