Vom Sterben einer Partei

Keine Partei war in ihrer Entwicklung so schnelllebig wie die Grünen. Ihr (vorläufiges) Ende scheint kurz bevor zu stehen, da es als wahrscheinlich anzusehen gilt, dass die WählerInnen ihnen bei den Wahlen zum deutschen Bundestag im kommenden Herbst nicht mehr ihr Vertrauen schenken werden. Seitdem das „Bündnis 90/die Grünen“ zusammen mit der SPD 1998 in Deutschland die Regierungsverantwortung übernommen haben, sank ihre Gunst bei den WählerInnen immer mehr. Dachte man ‘98 und ‘99 noch, dass die Grünen im Schatten der SozialdemokratInnen nicht ihre eigene Politik verwirklichen können, so musste man dieses Jahr feststellen, dass dem nicht so ist. Der von ihnen verzapfte Mist entspricht tatsächlich auch den politischen Vorstellungen der bedeutendsten FunktionärInnen dieser Partei.

Gründung 1980

Die Grünen entstanden in Deutschland zwischen den Jahren 1977 und 1980 – in diesem Zeitraum bildeten sich zahlreiche grüne und bunte Listen auf kommunaler und regionaler Ebene, um als BürgerInnenin-itiativen gegen Atomkraft, NATO und/oder FaschistInnen vorzugehen.

Im Januar 1980 vereinigen sich die vielen ökologischen Bewegungen zur Partei „Die Grünen“. Doch bei den Bundestagswahlen im Oktober 1980 erreichen die Grünen nur 1,5 Prozent an Stimmen. Ab 1982 sieht der SPD-Chef Willi Brandt in den Grünen einen neuen möglichen Koalitionspartner. Kurz darauf beschließen die Grünen das Rotationsprinzip für Bundestagsabgeordnete – diese sollen nach zwei Jahren (die Hälfte einer Legislaturperiode) “wechseln” (ihr Bundestagsmandat aufgeben) und von ihren Diäten nicht mehr als den durchschnittlichen FacharbeiterInnenlohn behalten (der Rest geht an die Partei und parteiinterne Stiftungen).

Bei den darauffolgenden Bundestagswahlen 1983 erhalten die Grünen 5,6 Prozent der Stimmen – unter anderem wird Otto Schily, heute sozialdemokratischer Innenminister, Fraktionssprecher, und Joschka Fischer, heute Außenminister, parlamentarischer Geschäftsführer. Zu dieser Zeit wollen die Grünen auf Bundesebene mit der SPD noch keine Koalition führen. Die Abgeordnete Petra Kelly weigert sich als erste, ihr Bundestagsmandat zum Zwecke der Rotation zu verlassen – weitere sollten folgen, woraufhin die 4-Jahres-Rotation beschlossen wurde. Doch noch stellen die Grünen fest, dass „das Streben nach Macht um nahezu jeden Preis […] für die auf grundlegende Veränderung der Gesellschaft zielende Politik der Grünen nicht akzeptabel ist.”

Realos & Fundis

Im Jahr 1986 treffen sich erstmals die sogenannten “Realos” innerhalb der Grünen separat von der gesamten Partei – die “Realos” zeichnen sich dadurch aus, dass sie von momentan nicht umsetzbaren Punkten im Parteiprogramm Abschied nehmen und sich nur auf die (wenigen) möglichen konzentrieren. Ebenso treffen sich auch die „Linken in den Grünen“ separat – die sogenannten „Fundis”. In den folgenden Jahren bilden sich innerhalb der Partei verschiedenste Fraktionen.

Bei den Bundestagswahlen 1987 schaffen es die Grünen, insgesamt 8,3 Prozent der Stimmen auf sich zu vereinigen. Zwei Jahre später tritt Otto Schily, der für eine Annäherung an die SPD eintrat, aus der Partei aus und der SPD bei. Die grüne Sprecherin Verena Krieger behauptet kurz darauf, dass “die Grünen langweilig wie ein Kaninchenzüchterverein seien und zu sehr auf Regierungssessel geiern.”

Nach der Wiedervereinigung schließen sich die Grünen mit der ostdeutschen Partei Bündnis‘90 zusammen und sehen sich fortan als ökologische Reformpartei, die eine Strategie radikaler Reformen verfolgt, die von der Veränderbarkeit der Gesellschaft ausgeht. Während des Militäreinsatzes in Bosnien-Herzegowina (1993) stellen sie auf einem Parteitag die Forderung auf, dass „die internationale Durchsetzung von Menschenrechten sich keiner militärischen Mittel bedienen darf!” Auch noch 1995 spricht sich die Bundesversammlung der Grünen dafür aus, Kampfeinsätze zur Friedenserzwingung abzulehnen sowie die Wehrpflicht abzuschaffen.

Nach der Bundestagswahl 1998 bilden die Grünen mit der SPD eine Regierungskoalition – als Resultat auf ihre Politik verlieren die Grünen seitdem bei jeder Wahl massiv an Stimmen. Der von ihnen geführte Atomkonsens garantiert der deutschen Stromwirtschaft noch jahrzehntelange Erträge aus den die Menschheit bedrohenden Atomkraftwerken und hat nichts mit der jahrelang von den Grünen geforderten sofortigen Abschaltung zu tun. Die Militäreinsätze im Kosovo, in Mazedonien und jetzt in Afghanistan widersprechen den vor nur sieben Jahren gefassten Beschlüssen.

Viele Mitglieder sind ausgetreten – denn wer sich für Schmalspurökologie interessiert, kann auch die SPD oder inzwischen sogar die CDU wählen. Und wer an eine bessere Gesellschaft in einem besseren System glaubt, hat auch erkannt, dass das mit den Grünen nicht zu leisten ist.