Student/inn/ensowjet oder Salzamt: Zum Charakter der ߖH

"Die Österreichische Hochschülerschaft ist zur Führung des Bundeswappens … berechtigt."(HSG 1998, §4, Abs. 4). Diese Berechtigung zur Führung des gefiederten Wappentiers spricht Bände über den Charakter der ÖH: staatstragend und flügellahm.

Ein Kind des Austrofaschismus

Die Vorläuferorganisation der ÖH, die sogenannte "Öster-reichische Sachwalterschaft", wurde 1934 von den Austro-faschisten mit dem klaren Ziel gegründet, die Student/inn/en unter die ideologische Kontrolle zu bringen. In der Ersten Republik waren die Hochschulen nämlich – sowohl seitens der Professoren als auch seitens der Student/inn/en – stark deutschnational und (später) nationalsozialistisch geprägt, die konservativen und katholischen Kräfte waren in der Minderheit während die Organisationen der beiden Arbeiter/innen/parteien SPÖ und KPÖ nur eine untergeordnete Rolle spielten. Ziel der Schaffung der Sachwalterschaft war es, die diversen offiziellen, unter der Kuratel der Rektoren stehenden, universitären Student/inn/enorganisa-tionen aus dem inneruniversitären Bereich durch eine gleichgeschaltete, dem Unterrichtsministerium unterstehende, Einheitsorganisation zu ersetzen. Damit sollten die Nazis auf universitärem Boden zurückgedrängt werden, was allerdings nur teilweise gelang. Die Struktur war streng hierarchisch nach dem Führer-prinzip geordnet, die verschiedenen Amtsträger wurden nicht gewählt sondern vom Ministerium oder von höheren Instanzen der Sachwalterschaft bestellt. Auch jetzt noch gebräuchliche Begriffe wie das schon den Odem des Korporatismus atmende "Fachschaft" wurden damals erfunden.

Alter Wein in neuen Schläuchen

1945 wurde die 1938 schon 2 Tage nach der Machtübernahme der Nazis aufgelöste Sachwalterschaft, nun unter dem Namen "Östereichische Hochschülerschaft", wieder eingeführt. Einzige prinzipielle Neuerung war, dass die Funktionäre nun von allen Student/inn/en – per legem zwangsweise Mitglieder der ÖH – gewählt werden konnten. Am hierarchischen Aufbau und an der Unterstellung unter das Ministerium änderte sich nichts. Teilweise auf erheblichen Druck der durch die 68er Bewegung radikalisierten Basis mussten die Herrschenden Zugeständnisse machen. Die Änderungen die bei der Reform von 1975, eingeführt wurden, erweiterten zwar die Rechte der ÖH (Drittel- bzw. Viertelparität in diversen Gremien) und demokratisierten teilweise Ihren Aufbau (Einführung von Studienrichtungs- bzw. Institutsvertreter/inn/en, die nach Persönlichkeitswahlrecht gewählt werden) – grundsätzlich änderte sich ihr Charakter nicht.

Zum Charakter der ÖH

Die ÖH ist und bleibt das, als was sie von den Austrofaschisten geschaffen wurde – eine standesbornierte Vertretung, die als klas-senübergreifende Organisation letztlich nur die Interessen der herrschenden Klasse, der Bourgeoisie, vertritt. Die ÖH ist keine Kampforganisation, keine Student/inn/engewerkschaft – im Gegenteil, sie ähnelt wesentlich mehr einer "Studentenkammer" die mit den Arbeiterkammern vergleichbar ist (zu den Arbeiter-kammern siehe: MARXISMUS Sondernummer 4, Die österreichischen Arbeiterkammern – fortschrittliche Organisa-tionen?). Sie soll – so legt es das Hochschülerschaftsgesetz fest – hauptsächlich dem/r Unterrichtsminister/in Ezzes geben, mit konstruktiven Vorschlägen das Ministerium unterstützen, wobei sie selbst nur eine beschränkte Autonomie unter der Ägide des Ministeriums, dem sie unterstellt ist, genießt.

Die Probe aufs Exempel

Als Illustration mögen die großen Student/inn/enmobilisierungen von 1987, 1996 und 2000 herhalten (siehe auch die AGM-Flugschriften dazu auf www.agmarxismus.net). Trotz teilweise erheblicher Kampfbereitschaft der Basis war es die ÖH- Führung genauso wie einzelne linke Student/inn/enfraktionen, die statt zu mobilisieren, demobilisierten. Wo die radikale Linke Streiks und demokratisch von der Basis gewählte (und jederzeit abwählbare) Komitees durchzusetzen versuchte, setzten sie immer ihre Obstruktions- und Demobilisierungspolitik entgegen: Keine direkt gewählten Komitees, es gebe ja eh die ÖH (oder in der "linken" Variante: die Basis würde schon wissen was sie tut und brauche keine Vertreter/innen); Keine Streiks, man brauche medienwirksame "kreative" Aktionen, Spaßguerilla (wobei ignoriert wurde, wie bürgerliche Medien funktionieren); Eine Beschränkung des Kampfes auf die Universität (man dürfe ja nicht mit allgemeinpolitischen Forderungen den Erfolg des Kampfes gefährden); Man müsse mit dem Ministerium verhandeln, dann würde schon was herauskommen (wobei nicht einmal die Anliegen der Student/inn/en sondern letztlich nur die eigenen Privilegien verhandelt wurden).

Für eine kämpferische Student/inn/engewerkschaft!

Da die ÖH offensichtlich kein Instrument zur Abwehr von Bildungs- und Sozialabbau ist, treten wir perspektivisch für die Schaffung einer kämpferischen Student/inn/engewerkschaft und eine Auflösung der ÖH ein. Trotzdem kann auch eine Kandidatur bei Hochschülerschaftswahlen unter bestimmten Umständen Sinn machen. Da Wahlen – selbst die ÖH-Wahlen mit einer schlappen Wahlbeteiligung von unter 30% – Phasen erhöhter politischer Aufmerksamkeit sind, kann es durchaus Sinn machen, diese zu Propagandazwecken nützten und auch über den prinzipiellen Charakter der ÖH, unabhängig der austauschbaren Expo-nent/inn/en, aufzuklären und für die Bildung einer kämpferischen Student/inn/engewerkschaft zu agitieren. Es geht darum dass sich die Student/inn/en als zukünftige Lohnabhängige selbständig organisieren und letztlich an der Seite der Arbeiter/innen für einen revolutionären Sturz des Kapitalismus und für die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaft kämpfen.