Von 01. – 03. Juli 2001 findet in Salzburg ein Treffen des World Economic Forum (WEF) statt. Wie auch in den Jahren davor trifft sich dort die Central and Eastern Economic Summit (eine „Regionalgruppe“ des WEF). An diesem Treffen nehmen unter anderem Audi, Coca-Cola, Compaq, Volkswagen, Cisco teil, aber auch die Bank Austria und die Wirtschaftskammer Österreich dürfen nicht fehlen.
Das WEF ist ein Zusammenschluß der 1000 weltgrößten Konzerne, auf den regelmäßigen Treffen werden informell und gemeinsam mit führenden PolitikerInnen (für Salzburg sind etwa der russische Premier Putin, der deutsche Kanzler Schröder und Englands Tony Blair eingeladen) wirtschaftliche Strategien erarbeitet. Gemeinsam mit anderen Institutionen, etwa der Welthan-delsorganisation WTO, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank ist das WEF Ausdruck einer wirtschaftlichen Entwicklung, der sogenannten Globalisierung, gegen die sich eine breite Gegenbewegung formiert hat.
Weltweite Proteste
Beginnend mit den Protesten gegen den WTO-Gipfel in Seattle und dessen erfolgreiche Verhinderung durch rund 50.000 DemonstrantInnen, über Großdemonstrationen in Melbourne, Washington, Prag und Nizza, bis hin zum jüngsten Erfolg, der Absage des Weltbank-Gipfels in Barcelona am 25. Juni aus Angst vor Protesten reicht dabei die Palette.Gerade Österreich ist bis jetzt von solchen Demonstrationen verschont geblieben. Um diesen Umstand zu ändern, mobilisieren eine ganze Reihe von politischen Organisationen, darunter auch die AL-Antifaschistische Linke, gegen die WEF-Konferenz.
Am 1. Juli wird in Salzburg eine internationale Großdemonstration stattfinden, auf der wir gegen die Wirtschaftselite, gegen die Konzerne, gegen die „hohen“ Politiker-Innen und gegen ihre gemeinsamen Aus-beutungskonzepte protestieren werden. Gleichzeitig setzen wir dem internationalen Kapital und seinen Institutionen unsere sozialistische Alternative, die Globa-lisierung von unten, also die Internationalisierung der Proteste und der Bewegung gegen den Kapitalismus entgegen.
Das Phänomen Globalisierung
Ein Gespenst geht um in der Welt, das Gespenst der Globalisie-rung. Wir werden im Folgenden versuchen, das tatsächlich Neue an der Globalisierung von dem zu trennen, was keineswegs neu, sondern der gute, alte Kapitalismus ist.
Durch internationale Telekommunikationssysteme wird es immer leichter, verschiedenste Aktivitäten in unterschiedlichsten Gebieten zu koordinieren. Unterstützt durch die vielfältigen und schnellen Transportmöglichkeiten können Waren in sogenannten „3. Welt Ländern“ billig produziert und in den Industrieländern (teuer) verkauft werden.
Auslagerung
Aber auch innerhalb Europas funktioniert diese Form des Warenverkehrs. Die Milch österreichischer Kühe wird nach Schweden transportiert, um daraus Joghurt zu machen, das Joghurt wird dann in den Niederlanden verpackt und schlussendlich wieder in Österreich (oder auch sonst wo) verkauft. Aber nicht nur Waren, auch die Produktion kann immer leichter verlagert werden.
Wenn irgendwo noch billiger, mit noch weniger Arbeitskämpfen, etc. produziert werden kann, wird die Fabrik einfach dort hingestellt. So wird etwa der überwiegende Teil unserer Kleidung in Billiglohnländern, etwa China, unter katastrophalen (Arbeits-)Bedingungen produziert.
Aber sogar Dienstleistungen werden immer öfter „ausgelagert“. So wird dann die Buchhaltung österreichischer Konzerne, z.B. der AUA, in Indien gemacht oder Call-Center, bei denen ÖsterreicherInnen anrufen, stehen in Dublin. Im Prozess der Globalisier-ung steht die Gewinnmaximierung immer mehr im Vordergrund, soziale, ökologische und politische Aspekte werden in den Hintergrund gedrängt – doch das ist nichts neues, sondern ein Grundprinzip des Kapitalismus. Der technologische Fortschritt, gekoppelt mit einer globalen Vernetzung, vereinfacht aber die Verlagerung der Produktion und verstärkt damit diese Tendenz. Wirtschaftlich bedeutet Globalisierung al-so die Stärkung des Kapitals, der Finanzen und der Dienstleistungen, was gleichzeitig als eine Expansion und Konzentration des Kapitals verstanden werden kann.
In der heutigen Situation müssen Kapita-listInnen intern Kosten senken, also Arbeitsplätze „wegrationalisieren“ und neue, bessere Arbeitsmethoden entwickeln, um höhere Profite zu erzielen, da sie sich in einem beständigen Wettbewerb mit ihrer Konkurrenz befinden. Wer nicht mitspielt, wird durch die Flucht der AktionärInnen bestraft. Dabei werden die ArbeiterInnen und die Natur nur in Bezug auf deren Aus-beutbarkeit beachtet. Doch die Globali-sierung vereinfacht nicht unsere alltägliche Arbeit, hebt nicht den Lebensstandard der Bevölkerung und schafft nicht die Beseitigung von Grenzen.
Der Profit geht an die Reichen!
Von dieser Globalisierung profitieren vor allem die multinationalen Konzerne, dem Rest der Bevölkerung geht es mehr oder weniger schlecht. Selbstverständlich gibt es aber auch hier große Unterschiede. Der (trotz allem) privilegierten Minderheit in Europa, den USA und Japan stehen große Teile der Weltbevölkerung gegenüber, die fürs nackte Überleben arbeiten. Doch auch in diesen Kerngebieten des Kapitalismus steigt die Armut immer dramatischer. Die EU-Länder sind in den letzten zwanzig Jahren um 50 bis 70 Prozent reicher geworden. Trotzdem gibt es jetzt in der EU 20 Millionen Arbeitslose, 50 Millionen „Arme“ und fünf Millionen Obdachlose.
Globalisierung von unten!
Wir setzen der Globalisierung unser Ge-genkonzept entgegen, die internationale Ausweitung und den internationalen Zusammenschluß der antikapitalistischen Bewegung. Gegen Produktionsverlagerungen durch multinationale Konzerne muß es international organisierte Streikaktionen geben. Ein gutes Beispiel ist das belgische Vilvoorde. Als die dortige Renault-Niederlassung 1997 geschlossen werden sollte, wurde nicht nur in Vilvoorde gestreikt, sondern auch im spanischen Valladolid, wohin das Werk verlagert werden sollte. Die spanischen KollegInnen verstanden sehr gut, dass der kurzfristige Gewinn von Arbeitsplätzen nicht höher zu bewerten ist, als die langfristige Sicherung von Standorten. Und sie haben damit die einzig richtige Antwort gegeben. (mln, red)
Was ist das WEF?
Das WEF (World Economic Forum) entstand 1971 als „European Management Symposium“ und wurde 1987 umbenannt, um den internationalen Charakter der Organisation zu betonen. Das wichtigste Ziel des WEF ist laut einer Eigendarstellung eine „globale Gemeinschaft zu bilden, eine weltweite Vernetzung zwischen den Entscheidungsträgern aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Medien“. Neben dem jährlichen Treffen im schweizerischen Davos werden deshalb immer wieder regionale Konferenzen organisiert, um detailliert auf „die Problemstellungen der Regionen eingehen zu können“ und dabei die „internationale Geschäftswelt“ mit den „politischen Führern“ einiger Länder in Kontakt zu bringen (WEF-Homepage).
Vorgaben werden erarbeitet und Absprachen politischer und wirtschaftlicher Art (Großdeals in Milliardenhöhe) getroffen, die mit Hilfe internationaler Institutionen umgesetzt werden, die in keinster Weise demokratisch legitimiert sind. Dafür treffen sich jährlich rund 250 Staatsvertre-terInnen, zirka 300 WissenschaftlerInnen und um die 1000 UnternehmensführerInnen in Davos. Lediglich sechs VertreterInnen von NGOs, vom WEF sorgsam ausgewählt, wurden nach Davos eingeladen, um den Eindruck eines Dialogs aufrecht zu halten.
Als Sponsoren treten unter anderem sowohl einige der weltweit größten transnationalen Unternehmen, z.B. IBM, BP Amoco, Coca Cola, Nestlé oder die Deutsche Bank, als auch der Magnakonzern des alt-bekannten Austrokanadiers Stronach, Raiffeisen Zentralbank Österreich AG (RZB) und die Svarowski Gruppe auf. Bei diesem Gipfel gibt das WEF dann ein „Arbeitsprogramm“ heraus, das „neue Tendenzen“, „Probleme“ und andere „Veränderungen“ der „globalen Agenda“ beinhaltet.
Gleichzeitig gibt das WEF mit dem Lausanner Managementinstitut (IMD) einen „World Competitiveness Report“ heraus, in dem die verschiedenen Länder, seit 1994 OECD- und Entwicklungsländer gemeinsam, aufgrund ihrer Wettbewerbsfähigkeit eingestuft werden. Dabei wird Wettbewerbsfähigkeit als „institutioneller und politischer Rahmen zur Förderung eines anhaltend raschen Wirtschaftswachstums, und zwar vorausblickend über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren“ definiert.
Ein Sozialstaat wäre demnach ein wirtschaftliche Bremse und niedrige Steuersätze wären eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine wettbewerbsfähige Volkswirtschaft. Die vom WEF entwickelten Weltwirtschaftskonzepte beruhen auf Niedrigstlohnarbeit, sind (in)direkt für Kriege, Vertreibung und Hunger verantwortlich und führen zu einer systematischen Verarmung weiter Bevölkerungsschichten.