Die Pariser Kommune

Die Pariser Kommune war der erste Versuch der ArbeiterInnenklasse die politische und wirtschaftliche Macht zu erringen. Obwohl er gescheitert ist, konnten wir aus den 72 Tagen der Pariser Kommune einiges lernen.

Am 19. Juli 1870 begann der Krieg zwischen dem Norddeutschen Bund unter der militärischen Führung Preußens und somit Bismarcks, und Frankreich. Am 2. September 1870 kam es dann bei Sedan zu einer Kapitulation der französischen Truppen, woraufhin die Pariser ArbeiterInnen zwei Tage später die Republik ausriefen und die Regierung Napoleon III. stürzten. An der Spitze der neuen Regierung, die sich die Regierung der nationalen Verteidigung nannte, stand Louis Adolphe Thiers. Die deutschen Truppen drangen weiter nach Frankreich ein und belagerten dann Paris.

Während des Krieges stellten die Pariser ArbeiterInnen ihre eigenen Streitkräfte in Form der Nationalgarde, die bald eine Gesamtzahl von 350.000 Bewaffneten erreichte. Doch die Nationalgarde bestand nicht nur aus ArbeiterInnen. Sie wurde in alte Bataillone, in denen die gehobene Mittelklasse diente, und neue Bataillone, die sich vorwiegend aus ArbeiterInnen zusammensetzten, unterschieden. Die „Alten“ bekamen von der Regierung Gewehre, die ArbeiterInnen entweder gar keine oder alte Waffen.

Waffen für die ArbeiterInnen

Doch ohne die ArbeiterInnen war ein Sieg über die Preußen unmöglich. Vergeblich forderte die Pariser Bevölkerung die Bewaffnung der Nationalgarde. Doch die Regierung der nationalen Verteidigung erklärte sich nicht dazu bereit, Waffen an die ArbeiterInnen zur Verteidigung von Paris, das mittlerweile von den Preußen belagert wurde, zu geben, aus Angst die Arbeiter-Innen wenden sich gegen sie selbst.

Die Wahl der Nationalversammlung

Am 28. Januar 1871 kam es dann für die Dauer von 21 Tagen zu einem Waffenstillstand, der es der Regierung der nationalen Verteidigung ermöglichen sollte, eine Nationalversammlung zu wählen. Diese Wahl fand unter großem Druck, am 8. Februar statt. In den von den Preußen besetzten Departements wurde jede Wahlkundgebung untersagt und in den anderen Gebieten nutzten die Monarchisten die Unwissenheit und Verwirrung der Menschen aus, indem sie ihnen Hoffnung auf Frieden und Befreiung machten.

Nachdem die Nationalgarde durch ihre ersten Taten, wie z.B. Zustimmung zur Inkraftsetzung eines Vorfriedens, glänzte, kam es am 15. Februar zu einer Versammlung der Nationalgarde, die beschloss, dass alle Bataillone der Nationalgarde einem Zentralkomitee unterstehen sollten, welches dann neun Tage später gewählt wurde.

Der Waffenstillstand wurde verlängert, am 1. März sollten 30.000 preußische Soldaten die Champs Elysées besetzen. Genau in jenen Stadtteilen ließ Thiers Geschütze der Nationalgarde zurück, die an die Besetzer gefallen wären, hätte die Nationalgarde sie nicht in Sicherheit gebracht, und so verlief die kurzfristige Besetzung ohne größere Zwischenfälle.

Am 11. März beschloss die Nationalversammlung die Wechsel, die in Anbetracht des Krieges verlängert worden waren, verfallen zu lassen, sowie die Einstellung der Besoldung der Nationalgarde. Als sie dann am 18. März auch noch die Geschütze der Nationalgarde haben wollte, um die Nationalgarde zu entwaffnen, kam es zu einer Menschenansammlung. Den Regierungstruppen wurde befohlen, auf die Bevölkerung zu schießen, doch statt dessen erschossen sie ihren General Lecomte, verbündeten sie sich mit den Menschen und verteidigten die Geschütze.

Flucht nach Versailles

Gleich nachdem Thiers von dem mißglückten Versuch der Einnahme der Geschütze der Nationalgarde erfuhr, verließ er mit seinem Kabinett und den übriggebliebenen Truppen Paris und flüchtete nach Versailles. Zu gleicher Zeit hielt das Zentralkomitee der Nationalgarde einige Sitzungen ab, und beschloss die Besetzung der strategisch wichtigen Punkte der Stadt, sowie der öffentlichen Gebäude. Nach wenigen Stunden wurde die rote Fahne auf dem Pariser Rathaus gehisst.

Gleich am nächsten Tag kam es zur einer Sitzung des Zentralkomitees, welches die Kommunalwahlen für den 22. März 1871 ansetzte, die dann aber auf den 26. März verschoben wurden. In seinem ersten Dekret verkündete das Zentralkomitee mit sofortiger Wirkung die Verschiebung, des Verfalltermins, der Rückzahlung, der Kriegsanleihen an die Bevölkerung und den Kündigungsstopp für HausbesitzerInnen.

Die Konterrevolution

Auf die ersten Aktionen der konterrevolutionären Kräfte reagierte das Zentralkomitee kaum. Doch als sich am 22. März 1871 etwa 1000 Reaktionäre in Paris versammelten, und diese auch noch zwei Wachen der Nationalgarde erschlugen, ließen sich Kämpfe nicht mehr vermeiden. Kämpfe die teilweise in einem blutigen Gemetzel endeten.

Die Wahl der Pariser Kommune verlief aber ohne gröbere Zwischenfälle, was nicht zuletzt auf die Positionierung von 30 Nationalgardisten vor jedem Wahllokal zurückzuführen war. Auch die Wahlbeteiligung war relativ hoch – von 485.569 eingetragenen Wählern, beteiligten sich 229.167 – wenn mensch bedenkt, wieviele Bürger-Innen Paris verlassen hatten.

Am 28. März wurde dann die Liste der Ratsmitglieder der Pariser Kommune bekanntgegeben, und das Zentralkomitee legte seine Vollmachten nieder und konzentrierte sich wieder auf die Reorganisation der Nationalgarde. Von 91 gewählten Räten traten nur 83 das Amt an und weitere 22 wechselten innerhalb der nächsten Tage auf die Seite Thiers.

Während sich die Pariser Kommune mit der Schaffung neuer sozialer Strukturen (siehe Kasten „Die Dekrete der Pariser Kommune“) auseinandersetze, hatte Thiers in Versailles Zeit, seine Truppen zu verstärken.

Unterstützt wurde er dabei von den Preußen, die Angst hatten, dass die Arbeiter-Innen Preußens auf ähnliche Gedanken kommen könnten. So konnte Thiers seine Truppen auf 170.000 Mann erhöhen, obwohl in den Waffenstillstandsbedingungen festgesetzt worden war, dass nicht mehr als 40.00 Mann in der Umgebung von Paris stationiert sein dürfen. Den Truppen von Versailles, die einer Berufsarmee glichen, standen 194.291 Nationalgardisten gegenüber, von denen nur 80.442 aktiv wirkten.

Die Nationalgarde hatte zwar ein beträchtliches Waffenlager aufzuweisen, konnte es aber nicht effektiv einsetzen, da alles zu unorganisiert war. Dies zeigte sich unter anderem am 3. April, einen Tag nachdem Versailler Truppen in Folge eines Überraschungsangriffes auf Paris eine Festung einnahmen, als sie beim Versuch eines Gegenangriffes ihre eigenen Truppen attackierte. In der Woche darauf schüchterte Thiers die Pariser Bevölkerung durch Exekution von Kriegsgefangenen ein. Die Pariser Kommune verabschiedete daraufhin ein Dekret, dass die Hinrichtung von der dreifachen Anzahl an Geiseln pro Exekution eines Kriegsgefangenen beinhaltet.

Die Bombardierung von Paris

Am 11. April 1871 begann die Hauptoffensive der Versailler Truppen, die mehr und mehr alle strategisch wichtigen Punkte um Paris besetzt hatten und es schließlich einkesselten. In ihrer Not wandte sich die Pariser Kommune an die Provinzen, um die militärische Macht Versailles von Paris abzuwenden, doch nur Marseille konnte sich 12 Tage lang halten. Währenddessen wurde Paris weiter bombardiert. In dem Zeitraum vom 4. April bis 21. Mai trafen viermal mehr Granaten Paris, als während der vier Monate langen Belagerung von Paris durch die Preußen.

Straße um Straße drangen die Versailler weiter nach Paris vor. Doch nur durch den Verrat eines Finanzbeamten namens Ducatel, der den Belagerern eine ungesicherte Stelle zeigte, gelang es den Versailler Truppen in die Stadt einzudringen – die Blutwoche begann. Ein Bezirk nach dem anderen wurde von den Versailler Truppen eingenommen, die gnadenlos ihre Gegner hinrichteten, sowohl Kriegsgefangene als auch ZivilistenInnen.

Das Ende der Kommune

Am Morgen des 28. Mai besetzten die Versailler das Rathaus des 20. Bezirks, nur noch an einigen Barrikaden im 11. Bezirk wurde gekämpft und bis 11 Uhr war alles vorbei. In dieser Woche wurden 30.000 Menschen ermordet, 40.000 gefangengenommen oder zu Zwangsarbeit verurteilt. Das ist weit mehr als das Doppelte der Zahl derer, die während der ganzen Französischen Revolution ums Leben gekommen sind.

Rückblickend kann gesagt werden, dass einige Fehler begangen wurden. So hatte die Pariser Kommune kein Geld, weil sie die Französische Bank nicht übernahm. Auch hat sie die konterrevolutionären Meldungen der bürgerlichen Presse anfänglich ignoriert. Einer der größten Fehler war jedoch, Versailles, wo sich die Regierung Thiers befand, nicht anzugreifen und einzunehmen.

Die einzige Korrektur, die Marx und Engels am kommunistischen Manifest vorzunehmen für notwendig erachteten, machten sie auf Grund der revolutionären Erfahrungen der Pariser Kommunarden.

Bei der deutschen Auflage des Kommunistischen Manifests, datiert vom 24. Juni 1872, stellen die beiden fest, dass dadurch der Beweis geliefert wurde, dass die ArbeiterInnenklasse nicht die fertige Staatsmaschinerie einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke verwenden kann. Stattdessen muss der bürgerliche Staatsapparat zerschlagen und eine eigene Struktur aufgebaut werden.

Zu den theoretischen Folgerungen aus den Pariser Kommune, die hier nur kurz angerissen sind, verweisen wir auf unseren Artikel „Revolutionstheorie in der ArbeiterInnenbewegung der letzten 150 Jahre“, den wir in Kürze hier zugänglich machen werden.

Die Dekrete der Pariser Kommune

# Zerschlagung des alten Staatsapparates
# Wählbarkeit und Absetzbarkeit aller Abgeordneten und Staatsfunktionäre
# Beseitigung der Trennung von Legeslative und Exekutive
# Ersetzung des stehenden Heeres durch die allgemeine Volksbewaffnung
# Trennung von Kirche und Staat – so wurden zB alle religiösen Symbole aus Schulen entfernt
# Beschlagnahmung aller leerstehender Wohnungen als Unterkünfte für BewohnerInnen der bombardierten Viertel
# Abschaffung der am Arbeitsplatz verhängten Geldstrafen
# Verbot der Nachtarbeit der Bäcker
# Übernahme geschlossenener Fabriken durch Arbeitergesellschaften
# Festlegung einer Höchstsumme für Beamtengehälter