Geschichte der RAF

Viele Linke denken oft mit ein wenig Stolz und einem freudigen Lächeln an das Jahr 1968 und die darauf folgenden Jahre zurück. Es war die Zeit der großen StudentInnendemonstrationen und der Friedensbewegung. In dieser Zeit bildete sich aber auch die Rote Armee Fraktion heraus. Von ihr ging später ein Großteil der Gewalt gegen den Staat aus. Mit ihrer Taktik der Stadtguerilla versuchten sie die Revolution herbei zu bomben. Sie wollten die Sprengung alter gesellschaftlicher Ketten, und dem Staat seine „faschistische Fratze herunterreißen“.

Um die Entstehung der RAF zu begreifen muß man auch das Deutschland der Nachkriegsjahre betrachten. Nach Kriegsende regierte in Deutschland eine Regierung, die den Schrecken des Krieges und die Naziverbrechen tot zu schweigen versuchte. Mit dem Verbot der KPD 1956, zeigte dir Regierung sehr deutlich wohin sich das Land entwickeln sollte. Viele Menschen hofften auf die SPD, wurden aber bald enttäuscht. In Folge dessen beschlossen viele sich in kleinen radikalen Gruppen zu organisieren. Aus dieser Tradition heraus entstand auch die RAF.

Deutschland war 1968 von einer Bonzenregierung heimgesucht und viele hatten das Gefühl in einem „faschistoiden Polizeistaat“ zu leben. Es kam zu zahlreichen Demonstration und Straßenschlachten mit der Polizei. Die Gewalt eskalierte 1967, als bei einer Demonstration gegen den Staatsbesuch des Schahs von Persien der Student Benno Ohnesorg erschossen wurde. Der Tod dieses Studenten hatte zur Folge, daß die Demonstrationen nur noch brutaler wurden und sich noch mehr radikale Gruppen formierten, die die Auslöschung des bürgerlichen Staates forderten

Bild tötet

Es begann eine große Hetzkampagne der Presse gegen die Außerparlamentarische Opposition (APO) und die deutsche Linke. Allen voran Axel Springer der Verleger der „Bild“-Zeitung. Sein Verlag stellte Wochentags 30% und Sonntags sogar 90% der Gesamtauflage an Zeitungen. Als Folge dieser Hetztkampagne wurde Rudi Dutschke von einem rechtsextremen Aktivisten angeschossen. Als danach auf einer hörer-Innenversammlung auf der Uni beraten wurde, wie gegen den Springer Verlag vorgegangen werden könne befanden sich auch die Kolumnistintin der linken Zeitschrift ,,konkret“, Ulrike Meinhof unter den Teilneh-merInnen.

Es folgten zahlreiche Demonstrationen. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch Andreas Baader festgenommen. Im Gefängnis erhielt er regelmäßig Besuch von Horst Mahler, der ihn als Anwalt vertrat. Er bekam auch regelmäßigen Besuch von Gudrun Ensslin, die mit ihm politisch zusammenarbeitete. Sie hatte inzwischen begonnen, eine Gefangenenbefreiung zu organisieren. Es gelang, Baader zu befreien. Dieswird als die Geburtsstunde der RAF angesehen.

1970 macht die RAF verschiedene kleine Aktionen. Am 1. Februar 1971 begann die Arbeit der neu gegründeten „Sonderkommision Terrorismus“ unter der Leitung von Alfred Klaus und Verfassungsschützer Michael Grünhagen. Die Jagd auf die Baader-Meinhof-Gruppe entwickelte sich langsam in der gesamten BRD zur Hysterie. Auch die Zeitungen puschten das Thema immer weiter hoch, bis die ,“Welt am Sonntag“ es schließlich auf den Höhepunkt brachte: „Bonner Geheimpolizei jagt Staatsfeind Nr. 1: Die Baader-Bande.“

Die Baader-Bande

Am 15.Juli 1971 startete das Bundeskriminalamt (BKA) mit über 3000 Polizisten eine Großfahndung in ganz Norddeutschland. Bei dieser Aktion erschoß die Polizei drei RAF – Mitglieder und verhaftete fünf Personen. Es folgte eine Reihe von Bombenanschlägen auf verschiedenste Ziele in der BRD. So wurde zum Beispiel ein Anschlag auf den Springer Verlag unternommen, bei dem einige Menschen verletzt wurden. Die RAF hatte den Verlag vorher noch mehrmals gewarnt, doch der Eigentümer sah nicht ein, warum der Verlag geräumt werden sollte. Auch ein Amerikanischer Kasernenblock wurde durch eine Bombe zerstört.

Daraufhin begann die größte Fahndungsaktion in der Geschichte der Bundesrepublik. Alle Polizisten waren direkt dem BKA unterstellt und jeder Hubschrauber, der im Besitz der BRD war, befand sich an diesem Tag in der Luft. Überall wurden Straßensperren errichtet und Fahrzeuge kontrolliert. Das Resultat dieser Aktion war, dass es dem BKA gelang, ein Sprengstofflager der RAF ausfindig zu machen, und dort dann auch wenig später Andreas Baader zu verhaften. Am 7. Juni 1972 wurden dann auch Gudrun Ensslin und eine Woche später Ulrike Meinhof verhaftet.

Staatsterrorismus

Alle Gefangenen der RAF kamen in Isolationshaft und durften untereinander keinen Kontakt haben. In den meisten Zelle wurde auch in der Nacht das Licht nicht gelöscht. Die Folge dieser Folter war, daß RAF – Mitglieder in Hungerstreik traten, um sich gegen diese Umstände zu wehren. Dies blieb allerdings erfolglos.

In Stammheim begann der Prozeß gegen Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Ulrike Meinhof und Jan-Carl Raspe. Der Prozeß war von Anfang an ein unfaires Verfahren. So änderte zum Beispiel der Bundestag vor diesem Prozeß die Strafprozeßordnung und schloß dadurch mehrere Anwälte der RAF-Gefangenen aus dem Prozeßgeschehen aus.

Der Prozeß forderte auch seine Opfer. Ulrike Meinhof wurde am 9. Mai 1976 tot in ihrer Zelle aufgefunden. Bis heute ist nicht sicher, ob der Tod Meinhofs Selbstmord war, oder ob nicht von Seiten des Staates nachgeholfen worden ist. Die restlichen RAF-Gefangenen, deren Anwälte sowie SympathisantInnen sprachen fortan von Mord und Hinrichtung.

Später fand ein Untersuchungsausschuß heraus, daß Pakete mit Stricken und der Aufforderung, sich zu erhängen, durch die Postzensur zu den restlichen Angeklagten gelangten – mit Kenntnis des Senats.

Deutscher Herbst

Am 5.September 1977 startete die zweite Generation der RAF den Versuch, die inhaftierten GenossInnen frei zu pressen. Zu diesem Zweck entführten sie Hans Martin Schleyer, Vorstand von Mercedes Deutschland. Bei der Entführung starben drei Polizisten und der Chauffeur Schleyers.

Als Reaktion auf die Entführung wurde in Stammheim eine Kontaktsperre über die Gefangenen verhängt. Die Bundesregierung rief einen Krisenstab ein, auf dem beschlossen wurde, nicht auf die Forderungen einzugehen, sondern auf eine Verzögerungstaktik zu setzen, bis man den Ort kannte an dem Schleyer gefangengehalten wurde.

Die RAF bekam auch Unterstützung aus dem Ausland. So wurde am 13.Oktober 1977 das Flugzeug „Landshut“ von palästinensischen Freiheitskämpfern entführt. Sie forderten die Freilassung der RAF Gefangenen sowie die Freilassung zweier Palästinenser. Der Staat wollte allerdings in keinster Weise nachgeben, und so kam es dazu, daß der Pilot der Maschine erschossen wurde. Daraufhin stürmte ein Sonderkommando der Polizei, die GSG9, die Maschine und eröffnete das Feuer auf die Geiselnehmer. Es überlebte nur einer von ihnen.

Tod in Stammheim

Am nächsten Morgen konnte mensch in den Zeitungen lesen: "Als die Gefangenen im Stammheimer Gefängnis davon hörten begingen sie Selbstmord. Andreas Baader und Jan-Carl Raspe erschossen sich in ihren Zellen, Gudrun Ensslin erhängte sich". – Auch hier ist zu bezweifeln , ob es sich wirklich um Selbstmorde handelte. Als die Entführer Schleyers vom Tot der GenosseInnen hörten, erschossen sie ihn. Von da an gab es kaum noch Aktionen der RAF, außer solche, bei denen nicht sicher ist, ob sie überhaupt von der RAF gemacht wurden. 1998 legte die RAF mit einem Schreiben an eine Nachrichtenstation offiziell die Waffen nieder.

Zur der Vorgehensweise der RAF kann mensch im Grunde nur sagen, daß sie eine völlig falsche Einschätzung der politischen Lage hatte. Die RAF hatte mit ihrem Konzept der Stadtguerilla für Deutschland unrecht. Sie glaubten, daß es möglich sei, durch mehrere bewegliche Gruppen, die Anschläge verüben, die ArbeiterInnen der Stadt wachrütteln zu können. Mit dieser Taktik erreichten sie aber nur, daß die Repression des Staates noch größer wurde. Sie versuchten durch ihren Kampf die Auseinandersetzungen in die Höhe zu treiben bis schließlich die Bevölkerung zu ihnen überläuft. Die ganze Gewalt führte allerdings nur dazu, daß die Menschen verschreckt waren und auf die Propaganda des Staates hereinfielen. Das hatte zur Folge, daß sie sich auf Seiten des Staates stellten.

Hier kann mensch ebenfalls erkennen, daß der Terror von einzelnen nichts gegen einen großen, harten Bonzenstaat ausrichten kann. Ein anderes trauriges Faktum ist, daß die RAF zum Schluß eigentlich nur als „Gefangenen – Befreiungs – Bewegung“ existierte.

Es darf aber niemals zu vergessen werden, was der Staat in dieser Zeit angerichtet hat: Durch die Polizei kam es zu über 100 Morden an völlig unschuldigen Personen. In den Gefängnissen stand Folter an der Tagesordnung.

Auch heute sitzen noch dutzende politische Gefangene in deutschen Gefängnissen. Unsere Forderung muss lauten: Freiheit für alle linken, politiscchen Gefangenen!

 

Von Irmgard Möller (RAF) über die Gefühle in Isolationshaft

„Das Gefühl es explodiert einem der Kopf.
Das Gefühl die Schädeldecke müsste eigentlich zerreißen, abplatzen
. Das Gefühl es würde einem das Rückenmark ins Gehirn gepresst.
Das Gefühl die Zelle fährt. Man wacht auf macht die Augen auf:
die Zelle fährt Nachmittags wenn die Sonne reinscheint bleibt sie plötzlich stehen. Man kann das Gefühl des Fahrens nicht absetzen.
Rasende Aggressivität für die es kein Ventil gibt. Das ist das Schlimmste. Klares Bewusstsein, dass man keine Überlebenschance hat.
Völliges Scheitern das zu vermitteln. Besuche hinterlassen nichts.
Eine halbe Stunde danach kann man nur noch mechanisch rekonstruieren, ob der Besuch heute oder vorige Woche war.
Einmal in der Woche baden dagegen bedeutet: einen Moment auftauen, erholen – hält auch für ein paar Stunden an – Das Gefühl, Zeit und Raum sind ineinander verschachtelt…“