Saudi Arabien: Tanz der Mafia (französisches Betriebsflugblatt)

Der Journalist Jamal Khashoggi ist am 2. Oktober verschwunden, als er das saudische Konsulat in Istanbul besuchte. Seitdem inszenieren die Chefs der westlichen Regierungen schrittweise eine Empörung, die allerdings nur Heuchelei ist. Und mit den Informationen, welche die türkische Regierung tropfenweise liefert, erweisen sich die Bedenken der westlichen PatInnen als pure, ekelhafte Komödie.

Erster Akt, Szene 1

Jamal Khashoggi arbeitete als Journalist für die Washington Post. Obwohl die Zeitung schon am 5. Oktober wegen dem Verschwinden des Journalisten Alarm schlägt, verhalten sich die westlichen Staatschefs zuerst still, vorsichtig abwartend.

Im Westen sitzt die Clique der imperialistischen Oberhäupter um den Tisch und wartet die Reaktion des Chefs ab. Woher soll der Wind wehen? Während der ersten Tage schweigt Trump. Also schweigen alle pflichtgemäß mit.

Bis jetzt wurde der saudi-arabische Kronprinz, Mohammed Bin Salman von allen als der ideale Partner dargestellt wurde. Als er im Juni 2017 nach einem kurzen Kampf um Einfluss als „reformwilliger“ Prinz an die Macht kam, hatte er angeblich die Befugnisse der saudi-arabischen Religionspolizei beschränkt, die Eröffnung von Kinos genehmigt, Frauen das Autofahren oder den Besuch von Stadien erlaubt. Zugleich aber lieβ er AktivistInnen – Männer und Frauen – verhaften, die für die Frauenrechte kämpften. Israa al-Ghomgham ist eine Gegnerin des Regimes, die im Jahre 2011 an Demonstrationen teilnahm. 2015 wurde sie verhaftet. Nächste Woche bringt man sie vor Gericht. Sie läuft Gefahr, öffentlich hingerichtet zu werden, wie fünf andere Menschen auch.

Ein so guter Kunde

Trotzdem gibt es immer wieder Zeitungsartikel voller Lob, die den guten Kunden der Waffenhändler rühmen. In den letzten fünfzehn Jahren haben die europäischen Waffenfirmen 57 Milliarden Euro Kriegsmaterial oder Geräte für Repressionen an Saudi-Arabien verkauft. Mit rund 12 Milliarden Euro Waffenausgaben zwischen 2007 und 2016 ist es der zweitbeste Kunde Frankreichs. Die Panzer Leclerc, die Kanonen von Caesar, die Kampfflugzeuge Mirage 2000: Das ist die unvollständige Liste der französischen Waffen, die seit 2015 gegen die jemenitische Bevölkerung eingesetzt werden. Dieser Krieg wird von einer Bande Staaten geführt, Saudi-Arabien an der Spitze. Nach Schätzungen der UNO forderte er bereits mindestens 10.000 Todesopfer und drei Millionen Vertriebene.

Zwei Wochen Heucheleien

Zuerst mahnte Trump zur Vorsicht. Es galt abzuwarten und die Nachricht so lange tot zu schweigen, bis sie aus der Welt verschwand. Trump gab die Marschrichtung an. Die Underdogs parierten, allen voran Macron, der im Frühling meinte, er betrachte Saudi-Arabien „nicht als einen Kunden, sondern als einen Verbündeten“. Er beschränkte sich bloß darauf, die Verletzung der „Meinungsfreiheit“ zu verurteilen. Aber der Skandal ließ sich nicht mehr vertuschen. Obwohl die türkischen Behörden JournalistInnen mit aller Härte unterdrücken und KurdInnen niedermetzeln, liefern sie tropfenweise die krudesten Details über die Ermordung des Journalisten.

In die Enge getrieben haben die saudischen Behörden schließlich letzten Freitag den Tod des Journalisten zugegeben. Und Trump versprach, „sehr ernste Konsequenzen“, wobei er Riad zusätzlich Zeit ließ, „sich zu erklären“. Konsequenzen? Welche Konsequenzen? Die international führenden Staatschefs haben – wie mutig! – bloß den Entschluss gefasst, dem Wirtschaftsforum Ende Oktober in Riad fernzubleiben. Keine Schnittchen also dieses Jahr!

Trump unterstreicht zynisch die Rolle von Saudi-Arabien als Polizist in der Region, aber auch die Waffenlieferungsverträge (450 Milliarden Dollar!) mit dem arabischen Königreich und ihre vorteilhaften Auswirkungen auf die US-Wirtschaft. Er sagt mit aller Deutlichkeit, was viele europäische Regierungschefs und Industriebarone denken. Wenn die saudische Führung mit ihrem Geld nicht spart und das Erdöl reichlich fließen lässt, ist ihr eine schöne Zukunft sicher – trotz ihrer Verbrechen.

Bei diesem Artikel handelt es sich um die Übersetzung eines Textes unserer französischen GenossInnen in L’Étincelle.