Der Marlboro-Mann ist tot. Zur Debatte um das Rauchverbot

In einigen EU-Ländern, so in Irland, ist das Rauchen in öffentlichen Räumen bereits generell untersagt und auch in Österreich gibt es Vorstöße in diese Richtung. Die Debatte um das Rauchverbot bleibt dabei allerdings meist auf der gesundheitspolitischen Ebene stecken – doch eine sinnvolle Positionierung muss weit umfassender sein.

Nikotin ist eine langsam tötende Droge, die RaucherInnen und NichtraucherInnen gleichermaßen schädigt. Diese elementare Wahrheit wird niemand außer einigen bezahlten TabaklobbyistInnen bestreiten. Die Weltgesundheitsorganisation geht pro Jahr von weltweit 3,5 Millionen Todesfällen durch die Folgen von Tabakkonsum aus, nach Studien haben RaucherInnen eine im Durchschnitt um 10 Jahre verkürzte Lebenserwartung. Ein relevanter Teil der RaucherInnen – Forschungen gehen von gut der Hälfte aus – verbindet mit dem Rauchen eher Zwang als Genuss. Und 80 Prozent aller RaucherInnen versuchen zumindest einmal in ihrem Leben, von der Droge loszukommen. Dass sie es dennoch kaum schaffen, ist wenig verwunderlich: nach Meinung des Schweizer Bundesamtes für Gesundheit "ist das Abhängigkeits-potenzial von Nikotin vergleichbar mit dem von Heroin".

Dies alles ist mehr oder weniger bekannt. Doch warum greifen dennoch so viele zum Glimmstängel? Zum einen verspricht Rauchen subjektiv vielen Menschen trotz aller Folgen Genuss. Doch das greift als Antwort wohl zu kurz. Tabakwaren sind einer der weltweit größten Wirtschaftszweige. Die sieben größten Tabakkonzerne machten 2005 einen Umsatz von insgesamt 180 Mrd. Dollar. In Deutschland wurden 2005 24 Mrd. Euro für Tabakwaren ausgegeben. Die Sache ist natürlich auch allzu verlockend. Man nehme eine schwer süchtig machende Droge, stelle sie als Lifestyle-Produkt dar, produziere Werbung, die vor allem auf jugendliche KäuferInnenschichten abzielt – und heraus kommen lebenslang treue KonsumentInnen.

"Be a Testpilot"

Der Werbung kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu: Marlboro- und Camel-Mann zogen jahrelang cool und einträchtig in den Sonnenuntergang (bevor beide an Krebs erkrankten), die Gallaher-Gruppe, der weltweit sechst-größte Tabakkonzern, zu dem auch die privatisierte Austria Tabak gehört, bewirbt seine österreichischen Hauptmarke Memphis mit einem markigen "Be a Testpilot" und ködert so junge Arbeiter. Im Gegensatz dazu werden hippe und alternative Zielgruppen mit Marken wie Gauloises oder Nil bedient. Oft fühlen sich deren KonsumentInnen dabei fernab des Mainstreams, doch tatsächlich sind auch sie einer geschickten Marketing-Strategie auf den Leim gegangen.

Die jetzige Debatte um´s Rauchverbot ist vielschichtig. Offenbar stehen nicht nur gesundheitspolitische, sondern auch wirtschaftliche Gründe im Vordergrund: denn die Schäden durch Tabakkonsum verursachen enorme Kosten im Gesundheitssystem, hinzukommen Frühpensionen durch Invalidität und Arbeitsausfälle aufgrund von Krankheiten. Besonders zynische "GesundheitsökonomInnen" wie der Ex-Sprecher des Liberalen Forums, Christian Köck, argumentieren, dass Menschen, die früher sterben, auch weniger Kosten verursachen und sind so mit dem jetzigen Zustand zufrieden.

Natürlich ist es sinnvoll, wenn in öffentlichen Räumen nicht mehr geraucht werden kann und somit das "Passivrauchen" unterbunden wird. Ähnliches gilt für Lokale – die nikotinabhängigen KonsumentInnen können vor die Türe gehen, dieser kleineren Einschränkung an Bequemlichkeit steht gesündere Luft für BesucherInnen und Beschäftigte entgegen. GegnerInnen argumentieren mit der vielbemühten Freiheit, doch wie frei sind jene, die von der Industrie gezielt abhängig gemacht worden sind, tatsächlich? Wir werden allerdings keinem generellen Verbot das Wort reden. Dies würde auch bloß illegale Vertriebskanäle und deren ProfiteurInnen fördern und das Suchtmittel für die Süchtigen noch teurer machen. Doch stehen wir für ein generelles Nikotin-Werbe- und Zeigeverbot in jedweden Medien und für Aufklärungskampagnen und Entwöhnungsangebote auf Krankenschein.

Es würde in der gesamten Debatte allerdings deutlich zu kurz greifen, die RaucherInnen für ihren Konsum und ihre Abhängigkeit verantwortlich zu machen. Denn eine seriöse Annäherung kann es nur geben, wenn gleichzeitig die Tabakkonzerne und deren Interessen miteinbezogen werden. Diese sollen zur Verantwortung gezogen werden für das gesundheitliche Elend, dass sie über die Weltbevölkerung gebracht haben und ihre Profite abgeschöpft und zum Wohl der Bevölkerung anstatt zu jenem der AktionärInnen verwendet werden. Doch Vorsicht: Tabakkonzerne sind nicht besonders böse. Sie investieren schlicht dort, wo es am meisten Profit bringt. Der ganz normale Kapitalismus eben – und der gehört schon längst überwunden …