Che Guevara – Entzauberung eines Mythos

Kaum ein anderer „Linker“ schafft es derartig, in der Linken für Diskussionen zu sorgen wie Ernesto „Che“ Guevara. Für die einen ist er so etwas wie der Schutzheilige der Linken und der Revolution, für die anderen ein Stalinist, der mit dem wahren Sozialismus nichts zu tun hatte. Doch wer war Che wirklich?

Che Guevara wurde 1928 als Sohn bürgerlicher Eltern in Argentinien geboren. Schon früh begann er, gegen die sozialen Missstände unter dem von ihm verhassten Juan Domingo Peron zu kämpfen. 1953 beendete er sein Medizinstudium und ging nach Bolivien um dem Militärdienst in Argentinien zu entgehen.

Er begann sich nun langsam für Politik zu interessieren. Er bereiste weiterhin viele arme Länder Südamerikas. Später meinte er dann: „..als ich noch Medizin studierte, zählten die meisten Auffassungen, die ich heute (1960) als Revolutionär habe, noch nicht zu meinen Idealen. Ich wollte damals einfach nur Erfolg haben.“ In Bolivien wollte er eine Arztpraxis eröffnen, und seine PatientIn-nen kostenlos behandeln.

Guevaras Politisierung

Doch er erlebte in Bolivien auch viele Scheinrevolutionen, in denen ein Diktator vom nächsten abgelöst wurde. In dieser Zeit wurde ihm bewusst, dass Lateinamerika in der Hand des amerikanischen Kapitals lag. 1954 wurde er in Mexiko City sesshaft, wo er den Kubaner Fidel Castro kennenlernte. Kuba war zu dieser Zeit Hinterhof und Bordell der USA, die die politischen Geschicke der Insel bestimmte.

Seit 1940 herrschte Fulgencio Batista, 1942 trat die KP in völligem Unverständnis seiner politischen Positionen seiner Regierung bei. Nach einem Wahlsieg der nationalistischen PRC 1944 musste Batista vorerst sein Amt als Präsident abgeben. Die Politik änderte sich allerdings in der neuen Machtperiode kaum. Nachdem Batista auch die nächsten Wahlen verlor, entschloss er sich 1952, zu putschen und den Präsidentenpalast zu besetzen. Die Verfassung wurde außer Kraft gesetzt, Batista versprach auch, ein Grundgesetz zu schaffen. Parteien und sogar Gewerkschaften stellten sich hinter Batista und seine Regierung, die StudentInnenbewegung verstummte während der gesamten Zeit allerdings nicht. Ein Mitglied dieser StudentInnenbewegung war Fidel Castro. Er schaffte es, mit seinem Bruder Raúl, Abel und Haydée Santamaría eine Anti-Batista Gruppe zu gründen. Diese Gruppe klagte Batista wegen Verfassungsbruch an und plante die bewaffnete Revolution.

Aufstand

Am 24. Juli 1953 trafen 162 Revolutionäre in der Nähe von Santiago de Cuba auf der Hühnerfarm „El Siboney“ ein. Nachdem des Ziel feststand, nämlich die Moncada-Kaserne einzunehmen und dann Santiago zu befreien, verließen einige Revolutionäre die Bewegung. Trotzdem startete Castro am 26. Juli 1953 sein Vorhaben in aller Frühe – und scheiterte mit seinem Plan. Castro wurde, wie viele andere der Überlebenden, verhaftet und zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. 1954 festigte und legitimierte Batista seine Diktatur durch manipulierte Wahlen. Im Mai 1955 wurden Castro und seine Anhänger freigelassen, sie mußten allerdings nach Mexiko ins Exil. Dort gründeten Castro und seine Anhänger die „Movimiento 26 de Julio“ (Bewegung 26. Juli) und bereiten eine neue Revolution vor.

Revolution gelungen …

Am 24.November 1956 stachen Castro, Guevara und 80 weitere Mitstreiter mit der „Granma“ in See. Castro plante in der Nähe des Ortes Niquero zu landen. Die Revolutionäre wurden schon während ihrer Reise entdeckt, sehr früh aus der Luft angegriffen und kurze Zeit später auch von Bodentruppen unter Beschuss genommen. Die Truppe um Castro musste schon in den ersten Tagen grosse Verluste einstecken. Die Überlebenden der ersten Angriffe sammelten sich in Sierra Maestra und waren immer noch siegesgewiss.

In den nächsten Monaten gewann Castros Truppe immer mehr Zuspruch aus dem bäuerlichen Milieu. Es folgten harte Monate, in denen jedoch kleinere Siege errungen werden konnten. Die Revolutionäre be-kamen immer mehr Zulauf. Eine Stadt nach der anderen konnte eingenommen werden. Mit dem Einmarsch in Santa Clara war Kubas Schicksal dann endgültig besiegelt. In der Nacht vom 31. Dezember 1958 auf den 1. Januar 1959 erklärte Batista seinen Rücktritt und floh in die Dominikanische Republik. Am 2. Januar 1959 zog Castro unter dem Jubel der Massen in Santiago de Cuba ein, währenddessen Che schon in Havanna einmarschierte.

Castro hielt vor dem Volk Santiagos eine enthusiastische Rede: „Wir sind in Santiago angekommen. Hart und lang war der Weg, aber wir sind hier. Dieses Mal wird die Revolution nicht scheitern, sondern ihr Ziel erreichen.“ Die Revolution hatte gesiegt. Durch einen Generalstreik wurde Havanna sehr schnell eingenommen und Kuba sollte in eine neue Zeit aufbrechen. Castro traf am 8. Januar in Havanna ein und wurde von den Menschen gefeiert.

In Kuba hatte die Revolution gesiegt und Castros und Gue-varas Guerillastrategie sich militärisch als durchaus erfolgreich erwiesen, als Guevara allerdings später versuchte, sie in andere Länder zu exportieren, scheiterte dies und er bezahlte einen dieser Versuche mit seinem Leben. Ein grosses Problem dieser Strategie ist, dass sie vor allem die städtischen Massen zu stillen TeilhaberIn-nen des militärischen Vormarsches werden lässt, ohne dass die städtische Bevölkerung selbst Teil der politischen Aktion werden kann.

… Sozialismus tot

Anfangs versuchte Castro sein Glück mit einer Anbiederung an die USA, erst als diese ihr Desinteresse bekundeten, wandte er sich der UdSSR zu. Demensprechend sprach Cas-tro anfangs davon, dass in Ku-ba eine „grüne“, keine „rote“ Revolution stattgefunden hätte. Guevara hingegen wollte sehr schnell eine Anbindung an den sowjetischen Stalinismus. Er stimmte damit passiv der Ermordung von Millionen von Menschen zu. Auch in Kuba wurden TrotzkistInnen und andere andersdenkende Linke ins Gefängnis gesteckt, ermordet oder verschwanden auf geheimnisvolle Weise. In dieser Zeit setzte sich Guevara teilweise für inhaftierte TrotzkistInnen ein, einen grundlegenden Bruch mit dem dahinterliegenden System vollzog er aber nicht. Mit der beginnenden „Entstalinisierung“ in der UdSSR, nach der Machtübernahme Breschnews 1960, zeigte Che Guevara sein wahres Gesicht in dem er sich von der UdSSR ab- und China, wo er den vollendeten Sozialismus sah, zuwandte. Nun, wir alle kennen die Auffassung Maos von Sozialismus.

Auch zum Thema Gleichberechtigung hatte Che seine ganz eigene Auffassung. So erklärte er, dass Frauen in der Guerilla eine wichtige Rolle spielen könnten, da sie durch das Kochen oder das Nähen von Uniformen wichtige Funktionen hätten. Den gleichberechtigten Kampf der Frauen mit der Waffe hielt Guevara für nicht erforderlich.

Che wurde zunächst als Chef der kubanischen Staatsbank eingesetzt, am 23.2.1961 wurde er zum Industrieminister ernannt. Kuba wollte den USA zeigen, das das Land in der Lage sei, unabhängig zu sein. Daraufhin versuchte die US-Regierung eine Konterrevolution einzuleiten, die allerdings erfolgreich an der Schweinebucht (Playa a Giròn) niedergeschlagen wurde.

Ches Ende

Nach seiner berühmten Rede vor der UNO trat Guevara von allen politischen Ämtern zurück, verzichtete auf die kubanische Staatsbürgerschaft und verschwand für mehrere Monate spurlos. Er schrieb drei Abschiedsbriefe, einen an Fidel, einen an seine Eltern und einen an seine Kinder. Die CIA nutzte das Verhalten von Che aus und wollte den Eindruck machen, das Fidel und Che sich wegen ihrer unterschiedlichen Meinungen getrennt haben (Fidel: pro-sowjetische Einstellung; Che: pro-chinesische Einstellung). Che wollte jedoch mit der Waffe in der Hand kämpfen, anstatt Reden zu halten. Im Juni 1965 versuchte er die Revolution in den Kongo zu exportieren, scheiterte dabei aber.

1966 kehrte er nach Kuba zurück, um dort die bolivianische Revolution vorzubereiten. Am 3.11.1966 erreichte er Bolivien in La Paz. Dabei begleiteten ihn 43 Mitstreiter. Che weigerte sich, den Oberbefehl an die KP Boliviens abzugeben, denn er ließ nur sich als militärischen Oberbefehlshaber zu. Am 23.3.1967 stießen er und seine Revolutionäre erstmals mit den bolivianischen Truppen (die die Unterstützung der USA genossen) zusammen. Am 8.Oktober wurde Che nach stundenlangen Kämpfen in der Schlucht Quelbarda del Juro verletzt gefangen genommen. Am 9.Oktober 1967 gegen 12.00 Uhr wurde Ernesto „Che“ Guevara in einer Schule von einem bolivianischen Soldaten, Mario Tèran, ermordet.