Sri Lanka: Solidarität mit der tamilischen Minderheit!

In den vergangenen Monaten ist der BürgerInnenkrieg in Sri Lanka erneut eskaliert. Die singhalesisch dominierte Regierung will die RebellInnen der tamilischen Minderheit endgültig aufreiben. Wir führten ein Interview mit einer tamilischen Aktivistin in Wien.     

Einleitung

Die tamilische Minderheit in Sri Lanka wird von den verschiedenen singhalesisch-nationalistischen Regierungen Sri Lankas seit Jahrzehnten unterdrückt, es gibt Todesschwadronen, AktivistInnen „verschwinden“. Bedroht sind auch all jene SinghalesInnen, die sich dieser Unterdrückung entgegenstellen. 2008 wurde der bis dahin andauernde Waffenstillstand zwischen der tamilischen RebellInnenorganisation LTTE und der Regierung von Seiten der srilankesische Regierung beendet, die seither einen offenen Krieg gegen die tamilische Bevölkerung führt.

Die RSO hat sich in Wien auf Einladung durch die tamilische Gemeinde an den Protesten der tamilischen MigrantInnen beteiligt und auch eine gemeinsame Veranstaltung mit SprecherInnen des tamilischen Kulturvereins durchgeführt.

Auf zwei Kundgebungen der tamilischen Gemeinde sprach Michael Mlady für die RSO. Er betonte dabei, dass die tamilische Minderheit das Recht auf Selbstbestimmung und ein Leben in Würde hat. Weiters kritisierte er scharf das Vorgehen der srilankesischen Regierung und ihrer indischen Verbündeten. Er wies aber auch darauf hin, dass die aktuelle Offensive auch die Zustimmung der imperialistischen Mächte USA und EU findet (und in der EU vor allem jene Großbritanniens, die aus Kolonialzeiten stammende Interessen hat in Sri Lanka hat) und somit auch alle Hoffnungen in die UNO verfehlt wären.

Schlussendlich betonte er die starke und stolze internationalistische und trotzkistische Tradition der singhalesischen und tamilischen ArbeiterInnenklasse, der Bauern/Bäuerinnen und FischerInnen und erklärte, dass nicht die SinghalesInnen der Feind der TamilInnen seien sondern die Regierung Sri Lankas und die Regierungen der imperialistischen Mächte.

Das Interview führten wir mit S., einer tamilischen Aktivistin in Österreich. Der srilankesische Staat geht auch im Ausland repressiv gegen die tamilische Minderheit vor, so wurden in Wien KundgebungsteilnehmerInnen intensiv abphotographiert – was wiederum große Schwierigkeiten für in Sri Lanka lebende Verwandte bedeuten kann. Daher wird hier der volle Name der Aktivistin nicht genannt.

 

Wie ist die derzeitige Situation in Sri Lanka?

Die Regierung hatte sich 2002 zu einem Waffenstillstand bereit erklärt, weil die wirtschaftliche Lage und das Militär geschwächt waren. Die tamilischen Rebellen waren vor dem Waffenstillstand im Vormarsch gewesen, die srilankische Regierung hatte also real keine andere Wahl gehabt.  Nach fünf Jahren allerdings gab es wieder die Möglichkeit, offen gegen TamilInnen vorzugehen.

Hundertausende TamilInnen wurden bereits vertrieben, wohin sind sie geflüchtet?

Heute gibt die Regierung an, dass sich derzeit rund 50.000 Personen im von den Rebellen kontrollierten Gebiet aufhalten,  Hilfsorganisationen sprechen von bis zu 150.000 Menschen, die auf einem sehr kleinen Gebiet von rund 20 km² fest sitzen. Genaue Zahlen zu bekommen, ist aber sehr schwierig, die Angaben sind sehr unterschiedlich und widersprüchlich. Jeden Tag sterben hunderte von Menschen, Verletzte werden nicht versorgt und haben keine Chance. Wie sieht die Zukunft dieser Menschen aus? Kinder haben keinen Zugang zu Bildung,… das geht einem schon sehr nahe.

Diejenigen die es schaffen aus dem Kriegsgebiet herauszukommen, werden außerhalb in Camps festgehalten. Es ist geplant, sie für 2-3 Jahre dort zubehalten. Auch dort gibt es keine medizinische Versorgung oder vernüftigere Infrastruktur. Es verschwinden Leute, es kommt zu Vergewaltigungen…

Es ist von Schutzzonen die Rede, was ist darunter zu verstehen?

Die Regierung erklärt bestimmte Teile der Rebellengebiete zu Schutzzonen, das heißt, dass diese Gebiete nicht angegriffen werden. Die TamilInnen werden aufgefordert, dort hin zu gehen. Die restlichen Gebiete werden angegriffen. Auch Spitäler außerhalb der Schutzzonen wurden zu legitimen Zielen erklärt. Nichts desto Trotz werden aber auch die „Schutzzonen“ selbst immer wieder bombardiert und auch in die „befreiten Gebiete“ lässt die Regierung keine Leute rein, keine Hilfsorganisatonen, keine ausländischen Medien. Überhaupt lässt die Regierung keine regierungskritischen Meinungen mehr zu, regelmäßig werden regierungskritische JournalistInnen ausgewiesen.

Die Preise in den Schutzzonen sind unglaublich hoch – bis zu 30 mal so hoch wie vor Beginn des BürgerInnenkriegs. Es gibt kein sauberes Wasser. Es gibt zu wenig Verpflegung. Zwar gibt die Regierung vor, Nahrungsmittel zu liefern, das ist aber viel zu wenig. Das geht soweit, dass mittlerweile TamilInnen in Großbritannien Schiffe organisiert haben, die Nahrungsmittel zuliefern.

Wie handelt die srilankische Regierung?

Es hat geheißen, dass die Regierung, sobald das Militär die so genannten „Rebellenhochburg“ Kilinochi einnimmt, zu Gespräche bereit ist. Das hat es aber immer wieder geheißen. Mittlerweile meinen sie,  dass sie nicht mehr gesprächsbereit sind und die LTTE niederschlagen und eine „politische Lösung“ finden wollen.

Viele Tamilen sympatisieren mittlerweile mit der LTTE und sehen sie als Vertreterin ihrer Rechte an. Es gibt die Meinung, wenn es die LTTE nicht mehr gibt, gibt es keine Garantie mehr für ein menschwenwürdiges Leben in Sri Lanka.

Wie würdest du die Rolle Indiens beschreiben?

Sehr viele der TamilInnen, die in Tamil Nadu leben, einem großen Gebiet mit 65 Millionen Menschen,  solidarisieren sich mit den TamilInnen in Sri Lanka und treten für einen eigenen Staat der TamilInnen ein. Es finden laufend Demos und Aktionen statt, in denen sie die indische Regierung auffordern, die srilankische Regierung nicht länger militärisch zu unterstützten, was diese derzeit tut.

Kann diese Unterstützung auf den großen Anteil der TamilInnen in Indien und eine Angst vor separatistischen Bewegungen zurückgeführt werden?

Auf jeden Fall, schließlich werden die TamilInnen in Indien auch unterdrückt, so gibt es beispielsweise regelmäßig Wasserprobleme zwischen Tamil Nadu und Karnataka.

Die tamilische Kulturgemeinschaft hat sich entschieden gegen den Genozid an der tamilischen Bevölkerung an die Öffentlichkeit zu gehen. Wie kam es dazu?

Österreichweit gibt es ungefähr 300 TamilInnen. Viele von uns waren nicht vernetzt, erst Ende letzten Jahres haben wir uns entschieden, das zu ändern.

Seit die Probleme aufgetaucht sind, wir regelmäßig die Nachrichten verfolgt haben und sehr betroffen waren, waren wir zwar sehr bedrückt, wir waren aber unsicher, ob wir mit so Wenigen auf die Straße gehen sollten. Dann haben wir die internationalen Proteste beobachtet, in Kanada, Großbritannien, Deutschland, Australien, und mitbekommen, dass sich bisher acht Menschen das Leben genommen haben, um auf die Situation aufmerksam zu machen. Es tut weh, wenn man das sieht. Ich kenne Leute in Toronto, die täglich auf Demos sind, es gibt Berichte von Kindern die im Ausland aufgewachsen sind und nach Sri Lanka wollen, um zu helfen.

Als wir das alles gesehen haben, haben wir uns entschlossen, uns anzuschließen, denn es sollte weltweit auf die Zustände in Sri Lanka aufmerksam gemacht werden. Auch die Medien sollten berichtet, sonst gibt es bald keine TamilInnen mehr in Sri Lanka.

Welche Aktionen habt ihr bis jetzt gesetzt?

Wir haben eine Auftaktkundgebung organisiert, eine Petition verfasst, wir haben Pressemitteilungen über die Situation verschickt, eine zweite Kundgebung organisiert. Im April feiern wir Neujahr, da ist eine Ausstellung geplant.

Ihr habt euch an einige linke Organisationen – unter anderem auch an die RSO – gewandt, warum?

Weil ich weiß, dass diese Organisationen solidarisch mit Minderheiten umgehen und ein Krieg unter dem Motto „Krieg dem Terror“ – dieses Motto wurde von Bush eingebracht und wird seither auch von der srilankesischen Regierung übernommen – nicht als gerechtfertigt empfunden werden. Wir wollten Unterstützung und Leute, die mit uns gemeinsam kämpfen und mit uns solidarisch sind.